OLG Frankfurt am Main: Unterhaltsgrundsätze (Stand: 01.01.2009)
Präambel
Die von den Richtern der Familiensenate des für ganz Hessen zuständigen OLG Frankfurt am Main erarbeiteten Grundsätze beruhen auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und sollen im Interesse der Einheitlichkeit und Überschaubarkeit Orientierungslinien für die Praxis geben. Sie orientieren sich an der bundeseinheitlichen Leitlinienstruktur und lehnen sich, soweit inhaltlich übereinstimmend, an den Wortlaut der Süddeutschen Leitlinien an.
Sie binden den Richter nicht; dieser wird in eigener Verantwortung die angemessenen Lösungen des Einzelfalls finden müssen.
Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Grundsätze ersetzt.
Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen
1. Geldeinnahmen
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2. Sozialleistungen
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3. Kindergeld wird nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet (vgl. Nr. 14). |
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4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. |
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5. Wohnwert Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandshaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt. Auszugehen ist vom vollen Mietwert (objektiver Wohnwert). Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre (subjektiver Wohnwert). Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt (vgl. für den Trennungsunterhalt: BGH, FamRZ 1998, 899 f., FamRZ 2000, 351 f., FamRZ 2008, 963 ff., für den Nachehelichenunterhalt: BGH, FamRZ 2000, 950 f., FamRZ 2005, 1817 ff., 1820, beim Elternunterhalt: BGH, FamRZ 2003, 1179 f.). Als Untergrenze für den subjektiven Wohnwert ist der Kaltmietanteil im kleinen Selbstbehalt anzusetzen. Bei höherem Einkommen ist der Wohnwert angemessen zu erhöhen. |
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6. Haushaltsführung Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen (BGH, FamRZ 1987, 1011 = NJW-RR 1987, 1282; BGH, FamRZ 1989, 487 = NJW-RR 1989, 1083; BGH, FamRZ 1995, 344); bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 380 €. |
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7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. |
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8. Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht. |
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9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein (fiktives Einkommen). Zum Umfang der Obliegenheit im Einzelnen BVerfG, FamRZ 2007, 273 f. |
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10. Bereinigung des Einkommens
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Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt) Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle ohne Bedarfskontrollbeträge (Anhang 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.
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12. Minderjährige Kinder
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13. Volljährige Kinder
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14. Verrechnung des Kindergeldes Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen. Bei volljährigen Kindern vgl. auch BGH, FamRZ 2006, 99 f. (Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach § 1612b Abs. 5 BGB a.F. in Altfällen, d.h. für die bis zum 31.12.2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche, siehe die Verrechnungstabelle Anhang 2 zu den Unterhaltsgrundsätzen i.d.F. vom 01.07.2005). |
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf Der Unterhaltsanspruch eines bedürftigen Ehegatten (§§ 1361, 1569 ff. BGB) besteht in dem Unterschiedsbetrag zwischen seinem eheangemessenen Bedarf und seinen tatsächlich erzielten oder zurechenbaren Einkünften im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.
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16. Bedürftigkeit Eigene (erzielte oder zurechenbare) Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist. |
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17. Erwerbsobliegenheit
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Weitere Unterhaltsansprüche
18. Ansprüche aus § 1615l Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Erleidet dieser einen konkreten Verdienstausfall, ist er auch für den Unterhalt zu Grunde zu legen. Der Mindestbedarf entspricht in der Regel dem notwendigen Selbstbehalt (900 €). Bezüglich der Erwerbsobliegenheit und Dauer des Anspruchs gilt Nr. 17.1 entsprechend. |
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19. Elternunterhalt Der Bedarf bemisst sich nach der eigenen Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils, wobei nachteilige Veränderungen der Lebensverhältnisse wie sie regelmäßig mit dem Eintritt in den Ruhestand einhergehen, zu berücksichtigen sind. Auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ist die Untergrenze des Bedarfs so zu bemessen, dass das Existenzminimum sichergestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.2003, FamRZ 2003, 860 ff.). Bei einem Heimaufenthalt wird der Bedarf durch die dadurch anfallenden Kosten einschließlich der für die privaten Bedürfnisse gewährten Leistungen nach dem SGB XII bestimmt (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1370 ff.). |
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20. Lebenspartnerschaft Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG. |
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt
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22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
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23. Mangelfall
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Sonstiges
24. Rundung Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro zu runden. |
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25. Ost-West-Fälle Bei sog. Ost-West-Fällen richtet sich der Bedarf das Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbehaltsätzen. |
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26. Übergangsregelung Für bis zum 31.12.2007 fällig gewordene Unterhaltsansprüche gilt das bisherige Recht. |
Anhang
I. Düsseldorfer Tabelle
Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen |
Prozentsatz |
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0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
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Alle Beträge in Euro |
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1. |
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bis |
1.500 |
281 |
322 |
377 |
432 |
100 |
2. |
1.501 |
– |
1.900 |
296 |
339 |
396 |
454 |
105 |
3. |
1.901 |
– |
2.300 |
310 |
355 |
415 |
476 |
110 |
4. |
2.301 |
– |
2.700 |
324 |
371 |
434 |
497 |
115 |
5. |
2.701 |
– |
3.100 |
338 |
387 |
453 |
519 |
120 |
6. |
3.101 |
– |
3.500 |
360 |
413 |
483 |
553 |
128 |
7. |
3.501 |
– |
3.900 |
383 |
438 |
513 |
588 |
136 |
8. |
3.901 |
– |
4.300 |
405 |
464 |
543 |
623 |
144 |
9. |
4.301 |
– |
4.700 |
428 |
490 |
574 |
657 |
152 |
10. |
4.701 |
– |
5.100 |
450 |
516 |
604 |
692 |
160 |
|
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über |
5.101 |
nach den Umständen des Falles |
II. Umrechnung dynamischer Titel über Kindesunterhalt in Mindestunterhalt gemäß § 36 Abs. 3 EGZPO (nicht belegt)
III. Rechenbeispiele
Absoluter Mangelfall
Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.500 €. Unterhaltsberechtigt sind ein 18jähriges Kind K1, das bei der Mutter lebt und auf das Gymnasium geht, und die beiden minderjährigen Kinder K2 (14 Jahre) und K3 (10 Jahre), die von der Mutter betreut werden. Das Kindergeld von 498 € (164 € + 164 € + 170 €) wird an die Mutter ausbezahlt, deren sonstiges Einkommen unter 900 € liegt.
Unterhaltsberechtigt gemäß Nr. 23.1:
Mangels Leistungsfähigkeit der Mutter alleinige Barunterhaltspflicht von M für alle Kinder.
Mindesbedarf K1: 432 € (Düsseldorfer Tabelle Gruppe 1, 4. Altersstufe) – 164 € Kindergeld => offener Bedarf = Einsatzbetrag 268 €
Mindesunterhalt K2: 377 € – 82 € hälftiges Kindergeld => offener Bedarf = Einsatzbetrag 295 €
Mindesunterhalt K3: 322 € – 85 € hälftiges Kindergeld => offener Bedarf = Einsatzbetrag 237 €
Summe der Einsatzbeträge: 268 € + 295 € + 237 € = 800 €
Verteilungsmasse:
1.500 € – 900 € = 600 €
Prozentuale Kürzung:
600/800 x 100 = 75.00 %
Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche:
K1: 268 € x 75,00 % = 201 €; zum Leben verfügbar also 201 € + 164 € = 365 €;
K2: 295 € x 75,00 % = 222 €; zum Leben verfügbar also 222 € + 82 € = 304 €;
K3: 237 € x 75,00 % = 178 €; zum Leben verfügbar also 178 € + 85 € = 263 €.
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