Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Celle (Stand: 01.07.2005)
Die von den Familiensenaten zusammengestellten Leitlinien dienen dem Ziel, die Rechtsprechung der Senate möglichst weitgehend zu vereinheitlichen. Sie werden der Entwicklung des Unterhaltsrechts angepasst und lassen bewusst Raum für weitere Überlegungen und Konkretisierungen. Eine bindende Wirkung kommt ihnen nicht zu.
Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.
Unterhaltsrechtliches Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.
Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen
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2. Sozialleistungen
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3. Kindergeld Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet (vgl. Ziff. 14). |
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4. Geldwerte Zuwendungen Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. |
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5. Wohnwert Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, notwendige Instandhaltungskosten (BGH, FamRZ 2000, 351, 354) und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt. Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt. |
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6. Haushaltsführung Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so kann hierfür ein Einkommen angesetzt werden (BGH, FamRZ 2001, 1693). |
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7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. |
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8. Freiwillige Zuwendungen Dritter Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht. |
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9. Fiktives Einkommen Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein. |
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10. Bereinigung des Einkommens
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Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt) Der Barunterhaltsbedarf minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (vgl. Anlage 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.
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12. Minderjährige Kinder
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13. Volljährige Kinder
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14. Verrechnung des Kindergeldes Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen. Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach § 1612b Abs. 5 BGB siehe Verrechnungstabelle Anhang 2. |
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
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16. Bedürftigkeit Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist (vgl. Rechenbeispiel Anlage 3 Ziff. 3.1). |
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17. Erwerbsobliegenheit
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21. Selbstbehalt des Pflichtigen
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22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
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23. Mangelfall
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Sonstiges
24. Rundung Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden. |
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25. Ost-West-Fälle Bei sog. Ost-West-Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbehaltssätzen. |
Anhang
1. Düsseldorfer Tabelle
Anrechenbares Einkommen des Unterhaltspflichtigen in € |
0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
Vomhundertsatz |
Bedarfskontrollbetrag |
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1. |
bis 1.300 |
204 |
247 |
291 |
335 |
100 |
770/890 |
2. |
1.300–1.500 |
219 |
265 |
312 |
359 |
107 |
950 |
3. |
1.500–1.700 |
233 |
282 |
332 |
382 |
114 |
1.000 |
4. |
1.700–1.900 |
247 |
299 |
353 |
406 |
121 |
1.050 |
5. |
1.900–2.100 |
262 |
317 |
373 |
429 |
128 |
1.100 |
6. |
2.100–2.300 |
276 |
334 |
393 |
453 |
135 |
1.150 |
7. |
2.300–2.500 |
290 |
351 |
414 |
476 |
142 |
1.200 |
8. |
2.500–2.800 |
306 |
371 |
437 |
503 |
150 |
1.250 |
9. |
2.800–3.200 |
327 |
396 |
466 |
536 |
160 |
1.350 |
10. |
3.200–3.600 |
347 |
420 |
495 |
570 |
170 |
1.450 |
11. |
3.600–4.000 |
368 |
445 |
524 |
603 |
180 |
1.550 |
12. |
4.000–4.400 |
388 |
470 |
553 |
637 |
190 |
1.650 |
13. |
4.400–4.800 |
408 |
494 |
582 |
670 |
200 |
1.750 |
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über 4.800 |
nach den Umständen des Falles |
2. Kindergeldverrechnungstabelle
Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 1. bis 3. Kind von je 77 €
Einkommensgruppe |
0–5 Jahre |
6–11 Jahre |
12–17 Jahre |
---|---|---|---|
1 = 100 % |
204 – 9 = 199 |
247 – 0 = 247 |
291 – 0 = 291 |
2 = 107 % |
219 – 20 = 199 |
265 – 8 = 257 |
312 – 0 = 312 |
3 = 114 % |
233 – 34 = 199 |
282 – 25 = 257 |
332 – 16 = 316 |
4 = 121 % |
247 – 48 = 199 |
299 – 42 = 257 |
353 – 37 = 316 |
5 = 128 % |
262 – 63 = 199 |
317 – 60 = 257 |
373 – 57 = 316 |
6 = 135 % |
276 – 77 = 199 |
334 – 77 = 257 |
393 – 77 = 316 |
Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 4. Kind von 89,50 €
Einkommensgruppe |
0-5 Jahre |
6-11 Jahre |
12-17 Jahre |
1 = 100 % |
204 – 17,50 = 186,50 |
247 – 2,50 = 244,50 |
291 – 0 = 291 |
2 = 107 % |
219 – 32,50 = 186,50 |
265 – 20,50 = 244,50 |
312 – 8,50 = 303,50 |
3 = 114 % |
233 – 46,50 = 186,50 |
282 – 37,50 = 244,50 |
332 – 28,50 = 303,50 |
4 = 121 % |
247 – 60,50 = 186,50 |
299 – 54,50 = 244,50 |
353 – 49,50 = 303,50 |
5 = 128 % |
262 – 75,50 = 186,50 |
317 – 72,50 = 244,50 |
373 – 69,50 = 303,50 |
6 = 135 % |
276 – 89,50 = 186,50 |
334 – 89,50 = 244,50 |
393 – 89,50 = 303,50 |
3. Rechenbeispiel
3.1 Additionsmethode
Der Pflichtige M hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 2.000 € sowie Zinseinkünfte in Höhe von 300 €. Seine Ehefrau F hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 1.000 €. Sämtliche Einkünfte sind prägend. Anspruch der F ?
Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen :
1/2 ( 6/7 x 2.000 € + 300 € + 6/7 x 1.000 € ) = 1.436 €
Höhe des Anspruchs ( = ungedeckter Bedarf ) :
1.436 € ./. 6/7 x 1.000 € = 579 €
3.2 Mangelfall
Der Pflichtige M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.650 €. Unterhaltsberechtigt sind seine nicht erwerbstätige Ehefrau F und die beiden minderjährigen Kinder K1 (4 Jahre) und K2 (7 Jahre), die von F betreut werden. Das Kindergeld von 308 € wird an F ausbezahlt.
3.2.1. Unterhaltsberechnung ohne Anwendung der Bedarfskontrollbeträge:
K1: 233 €, nach Kindergeldverrechnung 199 €;
K2: 282 €, nach Kindergeldverrechnung 257 €;
F: (1.650 € – 233 € – 282 €) x 3/7 = 486 €
Leistungsfähigkeit M 1.650 € – 199 € – 257 € – 486 € = 708 €, d.h. Mangelfall
3.2.2. Unterhaltsberechnung mit Anwendung der Bedarfskontrollbeträge:
K1: 204 €, nach Kindergeldverrechnung 199 €;
K2: 247 €, keine Kindergeldverrechnung;
F: (1.650 € – 204 € – 247 €) x 3/7 = 514 €;
Leistungsfähigkeit M 1.650 € – 199 € – 247 € –514 € = 690 €, d.h. Mangelfall
3.3 Mangelfallberechnung (in beiden Varianten):
Einsatzbeträge:
K1 276 €; K2 334 €; F 770 €
Verteilungsmasse:
1.650 € - 890 € = 760 €
Summe der Einsatzbeträge:
276 € + 334 € + 770 € = 1.380 €
Vomhundertsatz:
760 € : 1.380 € x 100 = 55,07 %
Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche:
K1: 276 € x 55,07 % = 152 €;
K2: 334 € x 55,07 % = 184 €;
F: 770 € x 55,07 % = 424 €.
Der Kindesunterhalt entspricht 74,3 % des Regelbetrages (= 55,07 % x 1,35).
Keine Kindergeldverrechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB und keine Ergebniskorrektur.
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