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BGH - Entscheidung vom 21.07.2021

IV ZR 191/20

Normen:
VVG § 203 Abs. 2 S. 1
VVG § 203 Abs. 5

Fundstellen:
NJW-RR 2021, 1260

BGH, Urteil vom 21.07.2021 - Aktenzeichen IV ZR 191/20

DRsp Nr. 2021/12057

Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung; Nennung der Rechtsgrundlage in der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung

1. Erfolgt eine Mitteilung der Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung, wird diese aber später nachgeholt, wird erst durch die Nachholung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt.2. Unabhängig davon, ob ein Versicherungsnehmer die streitgegenständlichen Prämienanpassungen auch in materieller Hinsicht angreift, steht § 242 BGB einer Wahrnehmung seiner Informationsrechte und des daraus folgenden Rückzahlungsanspruchs nicht entgegen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. Juli 2020 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.245,38 € für den 6. Mai 2019 verurteilt und die Pflicht der Beklagten zur Verzinsung der herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den 6. Mai 2019 sowie zur Verzinsung der ab dem 30. November 2018 gezogenen Nutzungen festgestellt worden ist. Die Berufung des Klägers wird insoweit zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Revisionsstreitwert wird auf bis 9.000 € festgesetzt.

Normenkette:

VVG § 203 Abs. 2 S. 1; VVG § 203 Abs. 5 ;

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des Klägers.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten in der Krankheitskostenversicherung die Tarife … und K. sowie in der Krankentagegeldversicherung den Tarif T. . Die Beklagte informierte ihn mit Schreiben vom November 2011 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. Januar 2012 im Tarif … um 26,71 € monatlich und im Tarif T. um 7,98 € monatlich, mit Schreiben vom Februar 2013 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung im Tarif T. zum 1. April 2013 um 4,13 € monatlich, mit Schreiben vom Februar 2016 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. April 2016 im Tarif … um 55,16 € monatlich und im Tarif T. um 12,68 € monatlich sowie mit Schreiben vom Februar 2017 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. April 2017 im Tarif … um 35,96 € monatlich und im Tarif K. um 11,34 € monatlich.

Im Schreiben vom November 2011 heißt es auszugsweise:

"[…] Und durch den Schutz ihrer [Versicherer] profitieren Sie von einer sehr guten Gesundheitsversorgung und von umfangreichen Gesundheitsservices.

Als Ihr zuverlässiger Partner bieten wir Ihnen das alles auch künftig. Dafür müssen Beitragseinnahmen und Ausgaben für Gesundheitsleistungen an die Versicherten im Gleichgewicht sein. Das haben wir auch in diesem Jahr untersucht und dabei festgestellt, dass in einigen Tarifen die Beiträge deutlich erhöht werden müssen. […]

Beitragsanpassungen stellen sicher, dass wir die vereinbarten hochwertigen Versicherungsleistungen dauerhaft für Sie erstatten können. […]"

Im Schreiben vom Februar 2013 heißt es auszugsweise:

"[…] wir informieren Sie heute darüber, dass wir in diesem Jahr Ihre Beiträge erhöhen müssen. Die wesentlichen Gründe hierfür sind der medizinische Fortschritt und die damit verbundenen verbesserten Behandlungsverfahren. […]

Trotz dieser Maßnahmen ist diese Beitragsanpassung unvermeidlich. […]"

Das Schreiben vom Februar 2016 lautet auszugsweise:

"Warum ändert sich Ihr Beitrag?Der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten. Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln sich stets weiter. Diese haben ihren Preis. Doch sie helfen Ihnen, schneller gesund zu werden. Und mehr Lebensqualität zu genießen.

Leider müssen wir dieses Jahr auch die Beiträge für einige Krankentagegeld-Tarife anheben. Grund ist die Zunahme langwieriger Krankheitsfälle […]. Dadurch steigen die Ausgaben für Versicherungen, die einen Verdienstausfall abdecken.

Weitere Gründe für die Beitragsanpassung entnehmen Sie bitte der Beilage 'Medizinischer Fortschritt - Ein Praxisbeispiel der [Versicherer]'.

[…]"

Das Schreiben vom Februar 2017 lautet auszugsweise:

"Warum ändert sich Ihr Beitrag?

Der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten. Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln sich immer weiter. Diese haben ihren Preis. Doch sie helfen Ihnen, schneller gesund zu werden. […]

Die Inanspruchnahme von Kurleistungen ist stark angestiegen. Darum steigen die Beiträge für Tarife für Rehabilitationsmaßnahmen.

Weitere Gründe für die Beitragsanpassung entnehmen Sie bitte der Beilage 'Ein Praxisbeispiel der [Versicherer]'.

[…]"

Der Kläger hält die Beitragserhöhungen für unrechtmä ßig. Mit Anwaltsschreiben vom 29. November 2018 forderte er von der Beklagten die Rückzahlung der seiner Ansicht nach zu viel gezahlten Prämien einschließlich der daraus gezogenen Nutzungen.

Soweit für die Revision noch von Interesse hat der Kläger mit seiner Klage zunächst die Rückzahlung der auf die Erhöhungen entfallenden Prämienanteile in Höhe von 8.407,71 € nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte die daraus bis zum 29. November 2018 gezogenen Nutzungen herauszugeben und ab dem 10. Dezember 2018 zu verzinsen habe und dass die Beitragserhöhungen zum 1. Januar 2012, 1. April 2013, 1. April 2016 und 1. April 2017 unwirksam seien und er nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet sei. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2019 hat der Kläger den zuletzt genannten Feststellungsantrag für erledigt erklärt; die Beklagte hat sich dem nicht angeschlossen. Der Kläger hat daraufhin die Feststellung beantragt, dass dieser Feststellungsantrag ursprünglich zulässig und begründet war.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger zuletzt den Zahlungsantrag auf 7.611,57 € reduziert und die Feststellung der Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen ohne zeitliche Grenze sowie deren Verzinsung ab Rechtshängigkeit beantragt . Außerdem hat er, wie dargelegt, die Feststellung der Erledigung beantragt. Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zu r Zahlung von 5.245,38 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen und das Nichtbestehen einer Pflicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages sind für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2019 festgestellt worden. Außerdem ist festgestellt worden, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Erhöhungen ab dem 1. Juli 2019 erledigt ist. Schließlich hat das Oberlandesgericht noch festgestellt, dass die Beklagte zur Herausgabe der vom 1. Januar 2016 bis zum 30. April 2019 aus den Erhöhungsbeträgen gezogenen Nutzungen verpflichtet ist und diese ab dem 6. Mai 2019 zu verzinsen hat.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Feststellungsantrag so auszulegen, dass der Kläger nach der einseitigen Erledigungserklärung die Feststellung begehrt, dass die Prämienerhöhungen bis zum Zeitpunkt der Heilung unwirksam gewesen seien. Die Beitragserhöhungen seien bis zum 30. Juni 2019 unwirksam gewesen und erst durch die Zustellung der Klageerwiderung am 28. Mai 2019 geheilt und zum 1. Juli 2019 wirksam geworden. Vorliegend genügten die Begründungsschreiben nebst Anlagen nicht den zu stellenden Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG . Es sei erforderlich, in der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung die Rechnungsgrundlage zu nennen, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst habe. Aus den Schreiben aus November 2011 und Februar 2013 ergebe sich schon nicht im Ansatz, welche der beiden in § 203 Abs. 2 VVG genannten Rechnungsgrundlagen sich verändert habe. Ebenso wenig werde dargestellt, welche konkreten Tarife von diesen Veränderungen betroffen seien und ob es eine Veränderung der in § 203 VVG genannten Berechnungsgrundlagen gegeben habe, die auch die im Gesetz angegebene Quote übersteige oder ob wegen einer Überschreitung des Schwellenwertes von 5 % eine Beitragsanpassung nach § 8b AVB vorgenommen worden sei. In den jüngeren Änderungsschreiben aus Februar 2016 und 2017 werde zwar mitgeteilt, dass wichtigster Grund für die Änderung des Beitrags die gestiegenen Gesundheitskosten seien. Es fehle indes die Angabe, dass die Veränderung den gesetzlich festgelegten Schwellenwert von 10 % überschritten habe oder ob wegen einer Überschreitung des Schwellenwertes von 5 % eine Beitragsanpassung nach § 8b AVB vorgenommen worden sei. Konkrete Angaben zu den Rechnungsgrundlagen und deren Veränderung fänden sich auch in den beifügten Beilagen nicht. Bei der Tarifanpassung in dem Tarif K. zum 1. April 2017 sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte dort eine Prämienerhöhung trotz sinkender Leistungsausgaben vorgenommen habe. Nach Auffassung des Senats sei ein gesonderter Hinweis des Versicherers jedenfalls dann geboten, wenn sich aus den allgemeinen Informationen des Mitteilungsschreibens für den Empfänger der unzutreffende Eindruck ergebe, dass die Erhöhung der Prämien auf gestiegenen Lei stungsausgaben beruhe. Diesen Anforderungen werde das Anpassungsschreiben aus Februar 2017 nicht gerecht. Die zunächst unzureichenden Begründungen seien aber mit Zustellung der Klageerwiderung am 28. Mai 2019 geheilt und die Prämienerhöhungen zum 1. Juli 2019 wirksam geworden.

Der Kläger könne die Rückzahlung geleisteter Erhöhungsbeträge in Höhe von 5.245,38 € verlangen. Entgegen der Ansicht der Beklagten müsse sich der Kläger nicht etwaige Vorteile aus den geleisteten erhöhten Prämienbeiträgen anrechnen lassen. Eine etwaige Unwirksamkeit einer Prämienerhöhung habe keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit und den Fortbestand des Krankenversicherungsschutzes. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf Entreicherung berufen. Sie habe nicht konkret dargetan, dass es ihr bei einer gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit der erhöhten Prämien nicht möglich wäre, die zur Bildung von Sparprämien und gesetzlichen Beitragszuschlägen verwendeten erhöht en Prämienanteile wieder zurückzubuchen.

Der Zinsanspruch folge aus §§ 291 , 288 Abs. 1 BGB . Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen aus den von ihm gezahlten erhöhten Prämienanteilen aufgrund der nicht wirksam begründeten Prämienerhöhungen vom 1. Januar 2016 bis einsch ließlich April 2019.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung - bis auf einen Teil der zuerkannten Zinsen - stand.

1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsantrags erst ab dem 1. Juli 2019 für erledigt erklärt hat und für den davorliegenden Zeitraum den ursprünglichen Feststellungsantrag unverändert weiterverfolgt . Entgegen der Ansicht der Revision verstößt daher weder der Urteilstenor in diesem Punkt gegen § 308 Abs. 1 ZPO noch ist das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Feststellungsantrag entfallen.

Die Auslegung der einseitigen Erledigungserklärung durch das Berufungsgericht hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Für diese Auslegung ist nicht allein der Wortlaut der Erklärung maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2016 - IV ZR 527/15, VersR 2017, 216 Rn. 16; BGH, Urteile vom 7. April 2016 - IX ZR 216/14, WM 2016, 982 Rn. 11; vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, VersR 2009, 121 Rn. 11 m.w.N.; st. Rspr.).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs entsprach es dem Interesse des Klägers, die Erledigungserklärung auf den Zeitraum ab Wirksamwerden der Prämienanpassungen zu beschränken. Sein Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienanpassungen e ntfiel durch eine nachgeholte Mitteilung der maßgeblichen Gründe nicht für die Vergangenheit. Auch sein Wille war erkennbar darauf gerichtet, bis zu diesem Zeitpunkt an seinem ursprünglichen Antrag festzuhalten und nur für die Zukunft die Erledigung zu erklären. Dies zeigt bereits die Formulierung seines geänderten Klageantrags, der sich nicht auf die Feststellung der Erledigung der Hauptsache beschränkte, sondern die Feststellung der Zulässigkeit und Begründetheit des ursprünglichen Antrags in Verbindung mit dem Ausspruch der Unwirksamkeit der Prämienanpassungen und seiner Nichtzahlungspflicht umfasste.

2. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht zu Recht von der Zulässigkeit der Klage auch für den auf die Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen gerichteten Feststellungsantrag ausgegangen.

Ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis liegt vor, soweit der Kläger die Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen festgestellt wissen möchte. Allein mit dem vom Kläger erstrebten Leis tungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge wäre nicht rechtskräftig festgestellt, dass er zukünftig nicht zur Zahlung des sich aus den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen ergebenden Erhöhungsbetrages verpflichtet ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 17).

Soweit die Revision rügt, das Feststellungsinteresse sei dadurch entfallen, dass das Berufungsgericht eine Heilung der früheren Begründungsmängel angenommen habe, kommt es darauf nicht an (vgl. Senatsurteil vom 14. April 2021 - IV ZR 36/20, juris Rn. 28).

3. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt wird (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 21 ff.; vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66).

4. Das Berufungsgericht hat den erforderlichen Inhalt der nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden maßgeblichen Gründe zutreffend bestimmt. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 16. Dezember 2020 ( IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 ) entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 26).

Wie der Senat in dem genannten Urteil weiter ausgeführt hat, steht der Anwendung von § 203 Abs. 5 VVG auch für den Zeitraum vor jener Entscheidung nicht entgegen, dass der Begriff der "maßgeblichen G ründe" der Auslegung bedurfte (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 37).

5. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die von der Beklagten mitgeteilten Gründe für die Prämienerhöhungen diese Voraussetzungen einer nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Mitteilung nicht erfüllen. Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Revisionsrechtlich relevante Fehler sind hier nicht zu erkennen.

Nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung des Berufungsgerichts konnte ein Versicherungsnehmer den Mitteilungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat. Die Schreiben vom November 2011 und Februar 2013 enthalten keinen Hinweis auf die Veränderung einer der beiden Rechnungsgrundlagen. Aber auch für die Schreiben vom Februar 2016 und 2017 ist die Annahme des Berufungsgerichts, es fehle an einem eindeutigen Hinweis darauf, welche geänderte Rechnungsgrundlage für die konkrete Prämienerhöhung maßgeblich gewesen sei, im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht entnimmt diesen Schreiben nur die Erwähnung gestiegener Gesundheitskosten. Das bewertet es rechtsfehlerfrei dahingehend, daraus ergebe sich nicht, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der Leistungsausgaben gibt, dessen Überschreitung die hier in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat. Für dieses Ergebnis kam es nicht darauf an, dass das Berufungsgericht - insoweit abweichend von den zuvor zutreffend bestimmten Anforderungen an die Begründung einer Prämienanpassung - darüber hinaus auch das Fehlen der Angabe beanstandet hat, ob der gesetzliche oder ein in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegter Schwellenwert überschritten wurde.

Schon wegen dieses Mangels der Mitteilungen konnten die Prämienerhöhungen noch keine Wirkung entfalten. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob - was die Revision in Frage stellt - weitere Beanstandungen des Berufungsgerichts hinsichtlich des Fehlens eines besonderen Hinweises auf eine Prämienerhöhung im Tarif K. trotz sinkender Leistungsausgaben und der Angabe der betroffenen Tarife berechtigt sind. Eine zu diesem letzten Gesichtspunkt von der Revision gerügte Gehörsverletzung wäre danach jedenfalls nicht entscheidungserheblich gewesen.

6. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in der Klageerwiderung nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassungen nur zu einer Heilung ex nunc führen, so dass die Prämienerhöhungen gemäß § 203 Abs. 5 VVG erst ab dem zweiten auf die Zustellung der Klageerwiderung am 28. Mai 2019 folgenden Monat, d.h. ab Juli 2019, wirksam wurden. Auf den Antrag des Klägers war daher die Erledigung des begründeten Antrags auf Feststellung der bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen festzustellen. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt (Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 42; vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66). Entgegen der Ansicht der Revision kann der Versicherer den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämienanpassung nicht in seiner Mitteilung unabhängig von diesen gesetzlichen Voraussetzungen selbst bestimmen .

7. Zu Unrecht nimmt die Revision an, dass in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs durch den Kläger eine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung liege. Wie der Senat bereits entschieden hat, steht unabhängig davon, ob ein Versicherungsnehmer die streitgegenständlichen Prämienanpassungen auch in materieller Hinsicht angreift, § 242 BGB einer Wahrnehmung seiner Informationsrechte und des daraus folgenden Rückzahlungsanspruchs nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 44).

8. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Erhöhungsbeträge, die er ohne wirksame Prämienanpassungserklärung gezahlt hat, der Höhe nach uneingeschränkt umfasst.

Die Beklagte kann sich nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Es fehlt an einem dauerhaften Vermögensverlust, soweit die Beklagte die erhöhten Prämienzahlungen nach ihrem Vortrag zur Bildung von Rückstellungen verwendet haben will. Zahlungen des Versicherungsnehmers, die ohne wirksame Prämienerhöhung erfolgten, sind nicht nach den für Prämien geltenden Vorschriften zu verwenden (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 51).

Falls die Beklagte aus den Zahlungen des Klägers ohne gesetzliche Grundlage Rückstellungen gebildet haben sollte, kommt es - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - für die Entreicherung auf die Möglichkeiten einer Rückbuchung oder späteren Verrechnung gegenüber dem Kläger an. Eine Bereicherung ist nicht weggefallen, soweit der Bereicherte seine eigene Verfügung über den empfangenen Vermögensvorteil wieder rückgängig machen kann (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 52). Dazu hat die für den Wegfall der Bereicherung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts Konkretes vorgetragen.

9. Entgegen der Ansicht der Revision kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, den Bereicherungsanspruch bereits teilweise durch Beitragsrückerstattungen erfüllt zu haben. Soweit sie vorgetragen hat, seit 2013 Beitragsrückerstattungen geleistet zu haben, wären diese zunächst mit den älteren Forderungen des Klägers aufgrund der von Januar 2012 bis Ende 2015 gezahlten Erhöhungsbeträge zu verrechnen gewesen (§ 366 Abs. 2 BGB ), die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei Klageerhebung verjährt waren und den Betrag der Beitr agsrückerstattungen überstiegen.

10. Das Berufungsgericht hat dem Kläger ganz überwiegend zu Recht Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen aus den zurückzuzahlenden Erhöhungsbeträgen von insgesamt 5.245,38 € zugesprochen. Entgegen seiner Auffassung besteht die Zinszahlungspflicht aus §§ 291 , 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB allerdings erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag ( vgl. Senatsurteil vom 25. September 2019 - IV ZR 99/18, VersR 2019, 1479 Rn. 35 m.w.N.).

Auch den Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Entgegen der Ansicht der Revision ist auch die Feststellung eines Verzugszinsanspruchs insoweit nicht zu beanstanden, als der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorgerichtlich mit Schreiben vom 29. November 2018 unter Fristsetzung die Rückzahlung der Erhöhungsbeträge einschließlich der daraus gezogenen Nutzungen verlangt hat. Für die nach diesem Zeitpunkt gezogenen Nutzungen hat das Berufungsgericht die Zinsen dage gen zu Unrecht zugesprochen, da es insoweit sowohl an einer Mahnung als auch an einer Leistungsklage hinsichtlich der Nutzungen fehlt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 , § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 21. Juli 2021

Vorinstanz: LG Köln, vom 11.09.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 23 O 60/19
Vorinstanz: OLG Köln, vom 07.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 227/19
Fundstellen
NJW-RR 2021, 1260