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BGH - Entscheidung vom 23.06.2021

IV ZR 250/20

Normen:
VVG § 203 Abs. 2 S. 1
VVG § 203 Abs. 5

Fundstellen:
VersR 2021, 1083

BGH, Urteil vom 23.06.2021 - Aktenzeichen IV ZR 250/20

DRsp Nr. 2021/11135

Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung; Nennung der Rechnungsgrundlage in der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung

1. Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Allein die Erwähnung gestiegener Gesundheitskosten genügt dem nicht.2. Nachgeholte Angabenzu den Gründen der Prämienanpassungenkönnen nur zu einer Heilung ex nunc führen; der Versicherer kann den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämienanpassung nicht in seiner Mitteilung unabhängig von den gesetzlichen Voraussetzungen selbst bestimmen.3. Hinsichtlich ohne wirksame Anpassungserklärung gezahlter Prämien kommt ein Wegfall der Bereicherung durch die Bildung von Rückstellungen nicht in Betracht, soweit der Bereicherte seine eigene Verfügung über den empfangenen Vermögensvorteil wieder rückgängig machen kann.4. Neben dem Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen aus den Prämienanteilen besteht kein Anspruch auf Prozess- oder Verzugszinsen.5. § 291 BG als Anspruchsgrundlage für Prozesszinsen greift bei einer Klage, die auf die Feststellung einer Verbindlichkeit gerichtet ist, nicht ein.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. September 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als

die Beklagte zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.245,75 € für den 6. Februar 2019 verurteilt und

die Pflicht der Beklagten zur Herausgabe der Nutzungen, die sie vom 2. Oktober 2018 bis zum 31. Dezember 2018 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die unwirksamen Beitragserhöhungen in dem Tarif zum 1. April 2016 um monatlich 62,63 € und zum 1. April 2017 um monatlich 50,62 € jeweils in der Zeit vom 1. April 2016 bis zum 28. Februar 2018 zur Versicherung K. gezahlt hat,

sowie zur Verzinsung der herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz festgestellt worden ist.

Die Berufung des Klägers wird auch insoweit zurückgewiesen.

Von den Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 17 % und die Beklagte 83 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Revisionsstreitwert wird auf 3.129,81 € festgesetzt.

Normenkette:

VVG § 203 Abs. 2 S. 1; VVG § 203 Abs. 5 ;

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des Klägers.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten in der Krankheitskostenversicherung den Tarif . Die Beklagte informierte ihn mit Schreiben vom Februar 2016, dem der Nachtrag zum Versicherungsschein und - nach dem Vortrag der Beklagten - weitere Anlagen beilagen, über eine Beitragserhöhung zum 1. April 2016 um 62,63 € monatlich sowie mit Schreiben vom Februar 2017 nebst Nachtrag zum Versicherungsschein sowie - laut Vortrag der Beklagten - weiteren Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. April 2017 um 50,62 € monatlich.

Im Schreiben vom Februar 2016 heißt es auszugsweise:

"Warum ändert sich Ihr Beitrag?

Der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten. Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln sich stets weiter. Diese haben ihren Preis. Doch sie helfen Ihnen, schneller gesund zu werden. Und mehr Lebensqualität zu genießen.

Weitere Gründe für die Beitragsanpassung entnehmen Sie bitte der Beilage 'Medizinischer Fortschritt - Ein Praxisbeispiel der [Versicherer]'.

[...]"

Das Schreiben vom Februar 2017 war insoweit im Kern inhaltsgleich. In der laut Vortrag der Beklagten beigefügten Beilage zum Schreiben vom Februar 2016, die im Wesentlichen mit der Beilage zum Schreiben vom Februar 2017 übereinstimmt, heißt es auszugsweise:

"Wie kommt es zu Beitragsanpassungen?

[...] Wenn die tatsächlichen Leistungen aber mehr als 10 % von den kalkulierten abweichen, muss der Versicherer die Beiträge in der Regel anpassen. Das gilt auch, wenn die Sterbewahrscheinlichkeiten mehr als 5 % von den kalkulierten abweichen. [...]"

Der Kläger hält die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig. Mit Schreiben vom 12. Februar 2018 forderte er die Beklagte zur Rückzahlung der von April 2016 bis einschließlich Februar 2018 geleisteten Erhöhungsbeträge von insgesamt 1.884,06 € bis zum 23. Februar 2018 auf. M it Anwaltsschreiben vom 17. September 2018 forderte er erneut diese Zahlung bis zum 1. Oktober 2018.

Mit seiner Klage hat der Kläger neben der Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten die Rückzahlung der auf die Erhöhungen entfallenden Prämienanteile in Höhe von 3.129,81 € nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte die daraus bis zum 31. Dezember 2018 gezogenen Nutzungen herauszugeben und ab Rechtshängigkeit zu verzinsen habe sowie die Beitragserhöhungen unwirksam seien und er nicht zur Tragung der Erhöhungsbeträge bis zum Dezember 2018 verpflichtet sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil unter Abweisung der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen und des Nichtbestehens der Pflicht zur Zahlung der jeweiligen Erhöhungsbeträge dahingehend abgeändert, dass die Beklagte bis auf eine Staffelung des Zinsbeginns aus der Hauptforderung im Übrigen antragsgemäß verurteilt worden ist.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts genügten die Begründungsschreiben nebst Anlagen nicht den zu stellenden Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG . Es sei erforderlich, in der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung die Rechnungsgrundlage zu nennen, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst habe. In den beiden Mitteilungsschreiben sei schon nicht angegeben, welche der beiden Rechnungsgrundlagen sich verändert habe. Außerdem fehle die Angabe, dass bei der konkreten Prämienerhöhung der geltende Schwellenwert entweder gemäß Gesetz oder Tarifbedingungen über- oder unterschritten worden sei. Eine Heilung der formell unwirksamen Begründungen aufgrund der ergänzenden Ausführungen der Beklagten in der dem Kläger im März 2019 zugestellten Klageerwiderung komme nicht in Betracht, da der Kläger nur die Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen zeitlich begrenzt bis einschließlich Dezember 2018 geltend mache.

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der von April 2016 bis Dezember 2018 gezahlten Erhöhungsbeträge von insgesamt 3.129,81 € zu. Entgegen der Ansicht der Beklagten müsse sich der Kläger nicht etwaige Vorteile aus den geleisteten erhöhten Prämienbeiträgen anrechnen lassen. Eine etwaige Unwirksamkeit einer Prämienerhöhung habe keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit und den Fortbestand des Krankenversicherungsschutzes. Auch die Hilfsaufrechnung, mit der sie vermeintliche Vermögensvorteile des Klägers geltend gemacht habe, scheitere; die nicht anwendbaren Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelangten andernfalls auf diesem Wege zur Anwendung. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf Entreicherung berufen. Sie habe nicht konkret dargetan, dass es ihr bei einer gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit der erhöhten Prämien nicht möglich wäre, die zur Bildung von Sparprämien und gesetzlichen Beitragszuschlägen verwendeten erhöhten Prämienanteile wieder zurückzubuchen.

Der Anspruch auf Verzugszinsen in erkanntem Umfang folge aus einem Teilbetrag von 1.884,06 € aus § 286 Abs. 1 , § 288 Abs. 1 BGB , nachdem die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte mit vorgerichtlichem Schreiben vom 17. September 2018 zur Rückzahlung dieser Erhöhungsbeträge erfolglos aufgefordert habe. Hinsichtlich des weiteren Betrages von 1.245,75 € stehe ihm nur ein Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit zu. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen aus den von ihm gezahlten erhöhten Prämienanteilen aufgrund der nicht wirksam begründeten Prämienerhöhungen im Zeitraum von April 2016 bis einschließlich Dezember 2018. Dem Kläger stehe auch ein Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 255,85 € zu.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung ganz überwiegend stand.

1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt wird (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 21 ff.; vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66).

2. Das Berufungsgericht hat den erforderlichen Inhalt der nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden maßgeblichen Gründe zutreffend bestimmt. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 16. Dezember 2020 ( IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 ) entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 26).

Wie der Senat in dem genannten Urteil weiter ausgeführt hat und woran er auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens festhält , steht der Anwendung von § 203 Abs. 5 VVG auch für den Zeitraum vor jener Entscheidung nicht entgegen, dass der Begriff der "maßgeblichen Gründe" der Auslegung bedurfte (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 37).

3. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die von der Beklagten mitgeteilten Gründe für die Prämienerhöhungen diese Voraussetzungen einer nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Mitteilung nicht erfüllen. Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Revisionsrechtlich relevante Fehler sind hier nicht zu erkennen.

Nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung des Berufungsgerichts konnte ein Versicherungsnehmer den Mitteilungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat. Eine Angabe dazu, welche der beiden Rechnungsgrundlagen sich verändert habe, und den Hinweis, dass bei der konkreten Prämienerhöhung ein in Gesetz oder Tarifbedingungen festgelegter Schwellenwert über- oder unterschritten worden sei, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei in den Begründungsschreiben oder den laut Beklagtenvortrag beigefügten Informationsunterlagen nicht finden können. Das Berufungsgericht entnimmt diesen Schreiben nur die Erwähnung gestiegener Gesundheitskosten. Das bewertet es ohne Rechtsfehler dahingehend, daraus ergebe sich nicht, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der Leistungsausgaben gibt, dessen Überschreitung die hier in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat.

4. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in der Klageerwiderung nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassungen nur zu einer Heilung ex nunc hätten führen können. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt (Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 42; vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66). Entgegen der Ansicht der Revision kann der Versicherer den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämienanpassung nicht in seiner Mitteilung unabhängig von diesen gesetzlichen Voraussetzungen selbst bestimmen.

5. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Erhöhungsbeträge, die er ohne wirksame Prämienanpassungserklärung gezahlt hat, der Höhe nach uneingeschränkt umfasst.

Die Beklagte kann sich nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.

Es fehlt an einem dauerhaften Vermögensverlust, soweit die Beklagte die erhöhten Prämienzahlungen nach ihrem Vortrag zur Bildung von Rückstellungen verwendet haben will. Zahlungen des Versicherungsnehmers, die ohne wirksame Prämienerhöhung erfolgten, sind nicht nach den für Prämien geltenden Vorschriften zu verwenden (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 51).

Falls die Beklagte aus den Zahlungen des Klägers ohne gesetzliche Grundlage Rückstellungen gebildet haben sollte, kommt es - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - für die Entreicherung auf die Möglichkeiten einer Rückbuchung oder späteren Verrechnung gegenüber dem Kläger an. Eine Bereicherung ist nicht weggefallen, soweit der Bereicherte seine eigene Verfügung über den empfangenen Vermögensvo rteil wieder rückgängig machen kann (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 52). Dazu hat die für den Wegfall der Bereicherung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts Konkretes vorgetragen. Auch das Revisionsvorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

6. Das Berufungsgericht hat dem Kläger ganz überwiegend zu Recht Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen aus den zurückzuzahlenden Erhöhungsbeträgen zugesprochen. Entgegen seiner Auffassung besteht die Zinszahlungspflicht aus §§ 291 , 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB allerdings erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag (vgl. Senatsurteil vom 25. September 2 019 - IV ZR 99/18, VersR 2019, 1479 Rn. 35 m.w.N.).

7. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger auch die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten als Verzugsschadensersatz zugesprochen.

8. Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Pflicht zur Herausgabe von Nutzungen aus den Prämienanteilen insgesamt - und damit auch hinsichtlich der Beitragserhöhung zum 1. April 2017 - für die seit 1. April 2016 gezahlten Beiträge festgestellt hat. Da sich diese Herausgabepflicht nur auf die gezogenen Nutzungen bezieht, betrifft sie auch nur die tatsächlich gezahlten Prämienanteile als Grundlage der Nutzungen, so dass sie für die Prämienerhöhung vom 1. April 2017, auf die vor diesem Datum keine Prämienanteile gezahlt wurden, für diese Zeit auch keinen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen begründet.

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen insoweit angenommen, als sie in demselben Zeitraum, für den das Berufungsgericht dem Kläger auch Zinsen aus den zurückzuzahlenden Prämienanteilen zugesprochen hat, gezogen wurden.

Der Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen ist vielmehr auf die Zeit vor Eintritt der Verzinsungspflicht für die Hauptforderung beschränkt. Prozess- und Verzugszinsen sollen den Nachteil ausgleichen, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geld betrag zu nutzen (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 58). Dieser Nachteil wird durch einen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen vollkommen ausgeglichen. Daher besteht neben dem Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen kein Anspruch auf Prozess- oder Verzugszinsen (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO m.w.N.). Eine Pflicht der Beklagten zur Herausgabe gezogener Nutzungen ist daher nur zeitlich beschränkt festzustellen: Für die bis einschließlich Februar 2018 gezahlten Erhöhungsbeträge, deren Verzinsung der Kläger ab dem 2. Oktober 2018 berechtigt beantragt hat, sind nur die vor diesem Verzinsungsbeginn gezogenen Nutzungen herauszugeben. Für die vom 1. März bis 31. Dezember 2018 gezahlten Erhöhungsbeträge konnte der Kläger dagegen Zinsen erst ab dem 7. Februar 2019 verlangen, so dass die vom Berufungsgericht festgestellte Pflicht zur Herausgabe der bis zum 31. Dezember 2018 gezogenen Nutzungen insoweit nicht beschränkt wird.

9. Ebenfalls zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen Zinsanspruch bezüglich der gezogenen Nutzungen, für die eine Herausgabepflicht der Beklagten festgestellt worden ist, angenommen. § 291 BGB als Anspruchsgrundlage für Prozesszinsen greift bei einer Klage, die auf die Feststellung einer Verbindlichkeit gerichtet ist, nicht ein (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 59). Auch ein Verzugszinsanspruch aufgrund einer Mahnung des Klägers oder einer Erfüllungsverweigerung der Beklagten kommt bereits deswegen nicht in Betracht, weil weder festgestellt noch behauptet ist, dass der Kläger vorgerichtlich die Herausgabe der Nutzungen verlangt hätte.

10. Die Entscheidung über die Kosten erster und zweiter Instanz ist - auch ohne Revisionsrüge von Amts wegen (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1980 - VIII ZR 208/79, juris Rn. 22 [insoweit in NJW 1981, 1453 nicht abgedruckt]) - dahingehend abzuändern, dass der Kläger 17 % der Kosten trägt. Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts berücksichtigt nicht das Unterliegen des Klägers mit seinem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen und der Nichtverpflichtung zur Zahlung der Erhöhungsbeträge bis zum Dezember 2018. Da dieser Feststellungsantrag neben dem Zahlungsantrag den Streitwert nicht erhöht, ist für die Kostenentscheidung ein fiktiver Streitwert zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2017 - V ZB 63/16, WuM 2018, 60 Rn. 20) und der Feststellungsantrag dabei mit 20 % des Zahlungsantrags zu bewerten. Der Kläger unterliegt daher mit 625,96 € eines fiktiven Streitwerts von 3.755,77 €, d.h. 17 %.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 , § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 23. Juni 2021

Vorinstanz: LG Köln, vom 07.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 23 O 466/18
Vorinstanz: OLG Köln, vom 01.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 186/19
Fundstellen
VersR 2021, 1083