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BGH - Entscheidung vom 10.03.2021

IV ZR 353/19

Normen:
VVG § 203 Abs. 2 S. 1
VVG § 203 Abs. 5
BGB § 242
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1

Fundstellen:
NJW 2021, 2588
NJW-RR 2021, 541
VersR 2021, 564

BGH, Urteil vom 10.03.2021 - Aktenzeichen IV ZR 353/19

DRsp Nr. 2021/4832

Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung hinsichtlich Wirksamkeit; Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe für eine Prämienanpassung; Rückzahlung geleisteter Erhöhungsbeträge

1. Im Hinblick auf die Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG ist es erforderlich, in der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung die Rechnungsgrundlage zu nennen, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dem ist nicht genügt, soweit - wie hier - die "Informationen zur Beitragsanpassung" in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Prämienüberprüfung beschreiben, ohne das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitzuteilen und der Versicherungsnehmer daraus nicht den Schluss ziehenmuss, dass die beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen einer Prämienerhöhung in diesem Fall eingetreten sind.2. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt. Der Versicherer kann den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämienanpassung nicht in seiner Mitteilung unabhängig von diesen gesetzlichen Voraussetzungen selbst bestimmen.3. § 242 BGB steht unabhängig davon, ob ein Versicherungsnehmer die streitgegenständlichen Prämienanpassungen auch in materieller Hinsicht angreift, einer Wahrnehmung seiner Informationsrechte und des daraus folgenden Rückzahlungsanspruchs nicht entgegen.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten und unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Dezember 2019 teilweise aufgehoben, das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. August 2018 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.

Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Krankenversicherung, Versicherungsschein Nr.: ... , in den nachfolgenden Zeiträumen nicht wirksam geworden sind:

a)

in der Krankheitskostenversicherung im Tarif ... die Erhöhungen zum 1. Januar 2014 bis zum 30. November 2017 um 51,38 € und zum 1. Januar 2015 bis zum 30. November 2017 um weitere 27,70 €,

b)

in der Krankheitskostenversicherung zahnärztliche Heilbehandlung im Tarif ... zum 1. Januar 2014 bis zum 30. November 2017 um 15,28 €.

2.

Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages aus den folgenden Erhöhungen des Monatsbeitrags verpflichtet ist:

a)

in der Krankheitskostenversicherung im Tarif ... aus der Erhöhung um 51,38 € zum 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2016 und um weitere 27,70 € zum 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2016,

b)

in der Krankheitskostenversicherung zahnärztliche Heilbehandlung im Tarif ... aus der Erhöhung um 15,28 € zum 1. Januar 2014 bis zum 30. November 2017.

3.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.232,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten übe r dem Basiszinssatz aus 3.064,56 € seit dem 21. Dezember 2016 und aus weiteren 168,08 € seit dem 15. Juni 2018 zu zahlen.

4.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 20. Dezember 2016 aus den in den Jahren 2014 bis einschließlich 2016 sowie bis zum 14. Juni 2018 aus den im Jahr 2017 auf die unter Ziffer 2. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteilen gezogen hat.

5.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger zu 74 % und die Beklagte zu 26 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 21 % und die Beklagte zu 79 %.

Der Streitwert des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird in Abänderung der Streitwertfestsetzungen der Vorinstanzen auf 12.225,92 € festgesetzt.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4.102,52 € festgesetzt.

Normenkette:

VVG § 203 Abs. 2 S. 1; VVG § 203 Abs. 5 ; BGB § 242 ; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1;

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des Klägers.

Der seit dem 1. Oktober 1999 bei der Beklagten versicherte Kläger unterhält dort in der Krankheitskostenversicherung derzeit unter anderem den Tarif ... und eine Zusatzversicherung für zahnärztliche Heilbehandlung im Tarif ... .

Die Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom November 2013 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. Januar 2014 im Tarif ... um 51,38 € monatlich und im Tarif ... um 15,28 € monatlich. Für den Tarif ... teilte sie außerdem mit Schreiben vom November 2014 nebst Anlagen eine Beitragserhöhung um 27,70 € zum 1. Januar 2015 mit.

Im Schreiben vom November 2013 fand sich ein fett gedruckter Hinweis auf nähere Erläuterungen in der Anlage "Informationen zur Beitragsanpassung zum 01.01.2014". In dieser Anlage hieß es zur Frage "Was sind die Gründe für die Beitragsanpassung?" auszugsweise:

"Mit Ihrer privaten Kranken-/Pflegeversicherung sichern Sie sich lebenslang eine optimale Versorgung. In der privaten Krankenversicherung (PKV) stehen Ihnen alle Möglichkeiten der modernen Medizin offen - und das ein Leben lang! Denn die einmal vertraglich vereinbarten Leistungen sind lebenslang garantiert. Ihr privater Krankenversicherungsschutz berücksichtigt darüber hinaus den medizinischen Fortschritt bei Diagnostik, Therapiemethoden und Medikamenten. Mit dem medizinischen Fortschritt wächst also der Umfang Ihres Versicherungsschutzes.

Damit wir unser Leistungsversprechen dauerhaft einhalten können, müssen wir wie alle privaten Krankenversicherer einmal jährlich alle Beiträge überprüfen. Dies erfolgt in der Kranken-, Krankentagegeld- und Pflegeergänzungsversicherung für jeden einzelnen Tarif, getrennt nach Alter und Geschlecht.

Bei der Überprüfung vergleichen wir die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen. Weichen die Zahlen um den in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Prozentsatz nach oben oder unten voneinander ab, müssen die Beiträge angepasst werden. Hierzu sind wir gesetzlich verpflichtet.

Neben den Leistungsausgaben beeinflussen weitere Faktoren den Beitrag:

Steigende Lebenserwartung

...

Kapitalmarktsituation

...

Entwicklung des Versichertenbestandes ..."

Die Anlage zum Schreiben vom November 2014 war insoweit im Kern inhaltsgleich. Weiter hieß es dort:

"War Ihr Tarif bereits im letzten Jahr von einer Beitragsanpassung betroffen? Dann wurden die Auswirkungen des in den letzten Jahren veränderten Kündigungsverhaltens bereits bei der Beitragsneuberechnung zum 01.01.2014 berücksichtigt - der Einfluss in diesem Jahr ist nur gering. Die Beitragsanpassung ist dann überwiegend in den veränderten Leistungsausgaben begründet."

Weitere Beitragserhöhungen im Tarif ... erfolgten zum 1. Januar 2017 und 1. Januar 2018.

Der Kläger hält die Beitragserhöhungen für unrechtmä ßig. Mit Anwaltsschreiben vom 8. Dezember 2016 und 20. Dezember 2016 forderte er von der Beklagten die Rückzahlung der seiner Ansicht nach zu viel gezahlten Prämien.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung der auf die Erhöhungen entfallenden Prämienanteile in Höhe von 5.735,80 € nebst Zinsen, sowie die Feststellung begehrt, dass die Beitragserhöhungen zum 1. Januar 2014, 1. Januar 2015, 1. Januar 2017 und 1. Januar 2018 unwirksam seien und er nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet sei. Weiterhin hat er die Feststellung verlangt, dass die Beklagte zur Herausgabe der Nutzungen, die sie aus seinen Zahlungen auf die se Beitragserhöhungen gezogen hat, verpflichtet ist und diese Nutzungen, soweit sie die Beiträge für die Versicherungsjahre 2014, 2015 und 2016 betreffen, ab dem 21. Dezember 2016 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu verzinsen hat. Außerdem hat er die Beklagte auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen aus den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 4.102,52 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen und das Nichtbestehen einer Pflicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages sind nur für den Zeitraum bis zum 30. November 2017 sowie die Pflicht zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen aus den auf die Beitragserh öhungen in diesem Umfang gezahlten Prämienanteilen festgestellt worden. Die Pflicht zur Verzinsung der aus den Prämienanteilen für 2014, 2015 und 2016 gezogenen Nutzungen hat das Oberlandesgericht ab dem 21. Dezember 2016, für darüber hinausgehende Nutzungen ab dem 14. Juni 2018 festgestellt. Die weitergehende Klage ist abgewiesen worden.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur zum Teil Erfolg.

I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind die Prämienerhöhungen für die Jahre 2014 und 2015 bis zum 30. November 2017 nicht wirksam geworden und der Kläger ist nicht verpflichtet, die jeweiligen Erhöhungsbeträge zu tragen. Vorliegend genügten die von der Beklagten vorgelegten Begründungsschreiben nebst Anlagen nicht den zu stellenden Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG . Es sei erforderlich, in der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung die Rechnungsgrundlage zu nennen, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst habe. Der Versicherungsnehmer könne den dortigen Ausführungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen über dem geltenden Faktor die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst habe. Die zunächst unzureichenden Begründungen seien aber mit Zustellung der Klageerwiderung am 26. Oktober 2017 geheilt und die Prämienerhöhungen zum 1. Dezember 2017 wirksam geworden.

Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Erhöhungsbeträge in Höhe von 4.102,52 €. Entgegen der Ansicht der Beklagten müsse sich der Kläger nicht etwaige Vorteile aus den geleisteten erhöhten Prämienbeiträgen anrechnen lassen. Eine etwaige Unw irksamkeit einer Prämienerhöhung habe keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit und den Fortbestand des Krankenversicherungsschutzes. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf Entreicherung berufen. Sie habe nicht konkret dargetan, dass es ihr bei einer gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit der erhöhten Prämien nicht möglich wäre, die zur Bildung von Sparprämien und gesetzlichen Beitragszuschlägen verwendeten erhöhten Prämienanteile wieder zurück zu buchen.

Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen aus den von ihm gezahlten erhöhten Prämienanteilen aufgrund der nicht wirksam begründeten Prämienerhöhungen. Der Zinsanspruch folge aus §§ 286 , 288 und 291 BGB .

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung überwiegend stand.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Klage auch für den auf die Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen gerichteten Feststellungsantrag angenommen.

Ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis liegt vor, soweit der Kläger die Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen im Tarif ... zum 1. Januar 2014 und zum 1. Januar 2015 sowie im Tarif ... zum 1. Januar 2014 festgestellt wissen möchte. Allein mit dem vom Kläger erstrebten Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge wäre nicht rechtskräftig festgestellt, dass er zukünftig nicht zur Zahlung des sich aus den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen er gebenden Erhöhungsbetrages verpflichtet ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 17).

Soweit die Revision rügt, das Feststellungsinteresse sei dadurch entfallen, dass das Berufungsgericht die Beitragsanpassung im Tarif ... zum 1. Januar 2017 für wirksam gehalten und im Übrigen eine Heilung der früheren Begründungsmängel angenommen habe, kommt es darauf nicht an. Die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhung ist eine Vorfrage für den Leistungsantrag und geht entgegen der weiteren Rüge der Revision zugleich über das dort erfasste Rechtsschutzziel des Klägers hinaus; sie ist deshalb - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - auch als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 17). Bei der Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 Rn. 29).

2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt wird (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 21 ff.; vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66).

3. Das Berufungsgericht hat den erforderlichen Inhalt der nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden maßgeblichen Gründe zutreffend bestimmt. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 16. Dezember 2020 ( IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 ) entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 26).

Wie der Senat in dem genannten Urteil weiter ausgeführt hat, steht der Anwendung von § 203 Abs. 5 VVG auch für den Zeitraum vor jener Entscheidung nicht entgegen, dass der Begriff der "maßgeblichen G ründe" der Auslegung bedurfte (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 37).

4. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die von der Beklagten mitgeteilten Gründe für die Präm ienerhöhungen zum 1. Januar 2014 und zum 1. Januar 2015 diese Voraussetzungen einer nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Mitteilung nicht erfüllen. Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Revisionsrechtlich relevante Fehler sind hier nicht zu erkennen.

Nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung des Berufungsgerichts konnte ein Versicherungsnehmer den Mitteilungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat. Die "Informationen zur Beitragsanpassung" beschreiben in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Prämienüberprüfung, ohne das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitzuteilen. Der Versicherungs nehmer muss daraus nicht den Schluss ziehen, dass die beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen einer Prämienerhöhung in diesem Fall eingetreten sind. Entgegen der Ansicht der Revision benennen auch die von ihr zitierten zusätzlichen Angaben in der Mitteilung zum 1. Januar 2015 nicht ausreichend die ausschlaggebende Rechnungsgrundlage als auslösenden Faktor der Prämienanpassung (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 314/19, juris Rn. 35). Die Revision rügt daher bereits aus diesem Grund zu Unrecht, das Berufungsgericht habe die "Informationen zur Beitragsanpassung" insoweit unberücksichtigt gelassen.

Schon wegen dieses Mangels der Mitteilungen konnten die Prämienerhöhungen noch keine Wirkung entfalten. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob - was die Revision in Frage stellt - weitere Beanstandungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der Klarheit der Mitteilungen berechtigt sind.

5. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in der Klageerwiderung nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassungen nur zu einer Heilung ex nunc führen, so dass die zum 1. Januar 2014 und zum 1. Januar 2015 vorgesehenen Prämienerhöhungen gemäß § 203 Abs. 5 VVG erst ab dem zweiten auf die Zustellung der Klageerwiderung am 26. Oktober 2017 folgenden Monat, d.h. ab Dezember 2017, wirksam wurden. Auf den Antrag des Klägers war daher die Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen bis zu diesem Zeitpunkt festzustellen. Wenn eine Mitteilung der Prämienanpassung zunächst ohne eine den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügende Begründung erfolgt, diese aber später nachgeholt wird, wird dadurch die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt ( vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 42; vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66). Entgegen der Ansicht der Revision kann der Versicherer den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Prämienanpassung nicht in seiner Mitteilung unabhängig von diesen gesetzlichen Voraussetzungen selbst bestimmen.

6. Zu Unrecht nimmt die Revision an, dass in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs durch den Kläger eine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung liege. Wie der Senat bereits entschieden hat, steht unabhängig davon, ob ein Versicherungsnehmer die streitgegenständlichen Prämienanpassungen auch in materieller Hinsicht angreift, § 242 BGB einer Wahrnehmung seiner Informationsrechte und des daraus folgenden Rückzahlungsanspruchs nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 44).

7. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Erhöhungsbeträge, die er ohne wirksame Prämienanpassungserklärung gezahlt hat, der Höhe nach uneingeschränkt umfasst.

a) Entgegen der Ansicht der Revision kommt im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eine Anrechnung des genossenen Versicherungsschutzes nicht in Betracht, wenn sich bei einem wirksamen Versicherungsvertrag als Rechtsgrund der erbrachten Leistungen nur eine Prämienerhöhung als unwirksam erweist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 46).

b) Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.

aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Beklagte nicht dadurch entreichert, dass sie die vereinnahmten höheren Prämien auch zur Erbringung von Versicherungsleistungen verwendet hat. Damit hat sie eigene Verbindlichkeiten aus dem weiterhin wirksamen Versicherungsvertrag erfüllt. Verwendet der Empfänger einer Leistung die Mittel dazu, sich von einer Verbindlichkeit zu befreien, besteht die Bereicherung grundsätzlich fort (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2016 - IX ZR 160/14, WM 2016, 2319 Rn. 16 m.w.N.).

bb) Es fehlt an einem dauerhaften Vermögensverlust, soweit die Beklagte die erhöhten Prämienzahlungen nach ihrem Vortrag zur Bildung von Rückstellungen verwendet haben will. Zahlungen des Versicherungsnehmers, die ohne wirksame Prämienerhöhung erfolgten, sind nicht nach den für Prämien geltenden Vorschriften zu verwenden (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 51).

Falls die Beklagte aus den Zahlungen des Klägers ohne gesetzliche Grundlage Rückstellungen gebildet haben sollte, kommt es - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - für die Entreicherung auf die Möglichkeiten einer Rückbuchung oder späteren Verrechnung gegenüber dem Kläger an. Eine Bereicherung ist nicht weggefallen, soweit der Bereicherte seine eigene Verfügung über den empfangenen Vermögensvorteil wieder rückgängig machen kann (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 52). Dazu hat die für den Wegfall der Bereicherung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts Konkretes vorgetragen.

8. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, dass der Kläger zur Zahlung der Prämienanteile, die betragsmäßig den zum 1. Januar 2014 und 1. Januar 2015 im Tarif ... erfolgten Erhöhungen entsprechen, auch über den Zeitpunkt der nächsten wirksamen Prämienerhöhung in diesem Tarif zum 1. Januar 2017 hinaus nicht verpflichtet sei und daher auch die bis zum 30. November 2017 gezahlten Prämienanteile in diesem Umfang zurückzuerstatten seien. Der vom Berufungsgericht in Höhe von 4.102,52 € zugesprochene Rückzahlungsbetrag ist daher um 869,88 € (Prämienanteile von 51,38 € und 27,70 € monatlich von Januar bis einschließlich November 2017) auf 3.232,64 € zu reduzieren. Dieser Betrag ist - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat - ab dem jeweiligen Verzugseintritt zu verzinsen; dabei ist allerdings abweichend vom Berufungsurteil für den erst mit der Klageerweiterung geltend gemachten Teilbetrag der vom Landgericht ausgeurteilte Verzinsungsbeginn aufrechtzuerhalten (§ 528 Satz 2 ZPO ). Außerdem ist zwar einerseits - wie oben unter 5. dargelegt - auszusprechen, dass die Prämienerhöhungen bis zum 30. November 2017 nicht wirksam geworden sind, aber andererseits festzustellen, dass der Kläger für den Tarif ... nur bis zum 31. Dezember 2016 nicht zur Zahlung der erhöhten Prämienanteile verpflichtet ist.

Ab der Prämienanpassung im Tarif ... zum 1. Januar 2017, die nach der Entscheidung des Berufungsgerichts auch zu diesem Zeitpunkt wirksam wurde, bestand ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Prämie in der durch diese letzte Anpassung festgesetzten neuen Gesamthöhe. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 16. Dezember 2020 ( IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 55) entschieden hat, bildet eine spätere wirksame Prämienanpassung fortan die Rechtsgrundlage für den Prämienanspruch in seiner Gesamthöhe.

9. Die Feststellung der Pflicht zur Herausgabe gezogener Nutzungen ist zum einen nach dem eben Gesagten für den Tarif ... auf die Nutzungen aus den bis zum 31. Dezember 2016 gezahlten Erhöhungsbeträgen zu beschränken. Zum anderen hat das Berufungsgericht aber auch zu Unrecht einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen insoweit angenommen, als sie in demselben Zeitraum, für den das Berufungsgericht dem Kläger auch Zinsen aus den zurückzuzahlenden Prämienanteilen zugesprochen hat, gezogen wurden. Der Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen ist vielmehr auf die Zeit vor Eintritt der Verzinsungspflicht für die Hauptforderung beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 58 m.w.N.). Für die in den Jahren 2014, 2015 und 2016 gezahlten Erhöhungsbeträge, deren Verzinsung der Kläger ab dem 21. Dezember 2016 berechtigt beantragt hat, sind daher nur die vor diesem Verzinsungsbeginn gezogenen Nutzungen herauszugeben. Für die 2017 und 2018 gezahlten Erhöhungsbeträge aus dem Tarif ... konnte der Kläger dagegen Zinsen ab dem 15. Juni 2018 verlangen, so dass eine Herausgabepflicht nur für die davor gezogenen Nutzungen besteht.

10. Ebenfalls zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen Zinsanspruch bezüglich der gezogenen Nutzungen, für die eine Herausgabepflicht der Beklagten festgestellt worden ist, angenommen. § 291 BGB als Anspruchsgrundlage für Prozesszinsen greift bei einer Klage, die auf die Feststellung einer Verbindlichkeit gerichtet ist, nicht ein (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, VersR 2021, 240 Rn. 59 m.w.N.). Auch ein Verzugszinsanspruch aufgrund einer Mahnung des Klägers oder einer Erfüllungsverweigerung der Beklagten kommt bereits deswegen nicht in Betracht, weil weder festgestellt noch behauptet ist, dass der Kläger vorgerichtlich die Herausgabe der Nutzungen verlangt hätte.

11. Der Streitwert des Verfahrens erster und zweiter Instanz beträgt 12.225,92 €. Neben dem Klageantrag zu 2, der auf Rückzahlung der vom 1. Januar 2014 bis 31. Mai 2018 geleisteten Prämienanteile in Höhe von 5.735,80 € gerichtet ist, erhöht der wirtschaftlich identische Klageantr ag zu 1 auf Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen und der Nichtverpflichtung zur Tragung der Erhöhungsbeträge den Streitwert nicht, soweit er sich auf denselben Zeitraum wie der Zahlungsantrag bezieht. Von dem für die Feststellung der künftigen Nichtleistungspflicht grundsätzlich gemäß § 9 ZPO analog zugrunde zu legenden Zeitraum von 3,5 Jahren ab Anhängigkeit des Feststellungsantrags zum 27. Juni 2017 (Prämienerhöhungen zum 1. Januar 2014 und 1. Januar 2015) wirken daher nur 31 Monate streitwerterhöhend, da der Zeitraum bis zum 31. Mai 2018 noch vom Zahlungsantrag umfasst ist; der zum 8. Juni 2018 anhängig gewordene Feststellungsantrag (Prämienerhöhungen zum 1. Januar 2017 und 1. Januar 2018) überschneidet sich dagegen nicht mit dem Antrag auf Rückzahlung der Prämienanteile. Der Streitwert erhöht sich damit um 6.490,12 € (31 Monate x 94,36 € [Erhöhungsbeträge von 51,38 € + 27,70 € + 15,28 €] + 42 Monate x 84,88 € [Erhöhungsbeträge von 53,56 € + 31,32 €]).

Der Streitwert des Revisionsverfahrens beträgt 4.102,52 €, da sich die von der Revision angegriffenen Urteilsaussprüche zur Rückzahlung von Prämienanteilen in dieser Höhe und zur Feststellung auf denselben Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 30. November 2017 beziehen.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 10. März 2021

Vorinstanz: LG Köln, vom 29.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 23 O 387/17
Vorinstanz: OLG Köln, vom 17.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 131/18
Fundstellen
NJW 2021, 2588
NJW-RR 2021, 541
VersR 2021, 564