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BGH - Entscheidung vom 20.03.2018

I ZB 104/17

Normen:
ZPO § 42
ZPO § 320

BGH, Beschluss vom 20.03.2018 - Aktenzeichen I ZB 104/17

DRsp Nr. 2018/4852

Antrag auf Ablehnung des gesamten Senats wegen Besorgnis der Befangenheit; Zulässigkeit eines Tatbestandsberichtigungsantrags

In klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlichen Ablehnungsgesuchs sind die abgelehnten Richterinnen und Richter nicht an einer weiteren Mitwirkung gehindert. Eindeutig unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch unter anderem, wenn es sich gegen den gesamten Spruchkörper eines Gerichts richtet. Mit einem Ablehnungsgesuch können nur einzelne Richterinnen und Richter, nicht aber das Gericht als solches oder eine Gerichtsabteilung abgelehnt werden.

Tenor

1.

Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin gegen die Mitglieder des Senats wird als unzulässig verworfen.

2.

Der Antrag auf Berichtigung des Tatbestands des Senatsbeschlusses vom 18. Januar 2018 wird als unzulässig verworfen.

3.

Die Anhörungsrüge der Antragstellerin gegen den Senatsbeschluss vom 18. Januar 2018 wird auf deren Kosten als unzulässig verworfen.

Normenkette:

ZPO § 42 ; ZPO § 320 ;

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Zusammenhang mit der Ablehnung einer Fördermaßnahme durch die Antragsgegnerin. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Einen neuerlichen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Landgericht drei Monate später ebenfalls zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde dagegen hat der Einzelrichter am Oberlandesgericht ebenso zurückgewiesen wie eine nachfolgende Anhörungsrüge. Mit einem einen Tag vor der Entscheidung des Einzelrichters über die Anhörungsrüge eingegangenen Telefaxschreiben hat die Antragstellerin den Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat das Ablehnungsgesuch ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragstellerin vom 16. November 2017 hat der Senat mit Beschluss vom 18. Januar 2018 als unzulässig verworfen.

Mit am 7., 8. und 11. März 2018 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben, die auf den 3. März 2018 datiert sind, hat die Antragstellerin einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands des Senatsbeschlusses vom 18. Januar 2018 gestellt, Gehörsrüge erhoben und den Senat als befangen abgelehnt.

II. Das Ablehnungsgesuch, der Tatbestandsberichtigungsantrag sowie die Anhörungsrüge haben keinen Erfolg.

1. Die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs kann mit der Sachentscheidung erfolgen, weil es offensichtlich unzulässig ist. Der Senat entscheidet deshalb abweichend von § 45 Abs. 1 ZPO unter Mitwirkung der abgelehnten Senatsmitglieder.

a) Bei offensichtlicher Unzulässigkeit sind die abgelehnten Richterinnen und Richter von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen; es bedarf dann auch keiner dienstlichen Stellungnahme (vgl. BVerfG, NVwZ 2006, 924 , 925).

b) In klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlichen Ablehnungsgesuchs sind die abgelehnten Richterinnen und Richter nicht an einer weiteren Mitwirkung gehindert (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3771 , 3772 f.; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 3). Eindeutig unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch unter anderem, wenn es sich gegen den gesamten Spruchkörper eines Gerichts richtet. Nach § 42 ZPO können nur einzelne Richterinnen und Richter, nicht aber das Gericht als solches oder eine Gerichtsabteilung abgelehnt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018 - V ZB 214/17, juris Rn. 4 mwN).

So liegt es hier. Die Antragstellerin hat mit ihrem am 11. März 2018 eingegangenen Schreiben in unzulässiger Weise den gesamten Senat als befangen abgelehnt.

c) Überdies ist das Ablehnungsgesuch unzulässig, weil die Begründung zu seiner Rechtfertigung völlig ungeeignet ist. Ein in dieser Weise begründetes Ablehnungsgesuch steht rechtlich einer Richterablehnung gleich, die keinerlei Begründung aufweist. In diesem Sinne völlig ungeeignet ist eine Begründung, wenn sie die angebliche Befangenheit ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls von vornherein nicht belegen kann, wenn also für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das eigene Verhalten des abgelehnten Richters oder der abgelehnten Richterin selbst entbehrlich ist (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3129 Rn. 48 f.; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 3).

So liegt es hier. Dem Schreiben der Antragstellerin kann eine nachvollziehbare Begründung des Ablehnungsgesuchs nicht entnommen werden.

2. Der Tatbestandsberichtigungsantrag (§ 320 ZPO ) ist bereits unzulässig, weil er, obwohl es sich um einen bestimmenden Schriftsatz handelt, nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ; vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2003 - I ZR 176/01, GRUR 2004, 271 ). Der Antrag ist auch nicht statthaft; § 320 ZPO ist auf den Senatsbeschluss vom 18. Januar 2018 nicht anwendbar. Überdies fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für eine Tatbestandsberichtigung.

3. Die von der Antragstellerin erhobene Anhörungsrüge gemäß § 321a Abs. 1 ZPO war ebenfalls als unzulässig zu verwerfen.

a) Die Anhörungsrüge ist bereits unzulässig, weil sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist. Im Rechtsbeschwerdeverfahren besteht Anwaltszwang. Dies gilt auch für eine in diesem Verfahren erhobene Anhörungsrüge (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - I ZB 63/14, juris Rn. 1 mwN).

b) Die Anhörungsrüge ist überdies unzulässig, weil sie eine Gehörsverletzung nicht darlegt (§ 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO ). Soweit die Antragstellerin Ausführungen zum Verfahren vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht macht, legt sie eine Gehörsverletzung durch den Senat nicht dar. Das Rechtsmittel aus dem Schreiben vom 16. November 2017 war unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2018 - I ZB 104/17, juris Rn. 2 ff.). Nur im Rahmen eines verfahrensrechtlich zulässigen Rechtsmittels kann eine Prüfung in der Sache erfolgen und entsprechender Vortrag berücksichtigt werden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO analog.

Vorinstanz: LG Bonn, vom 04.09.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 50/16
Vorinstanz: OLG Köln, vom 02.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 16 W 53/17