BVerfG, Beschluss vom 18.07.2012 - Aktenzeichen 2 BvR 1243/12
Missbräuchliche Verfassungsbeschwerde
Eine Verfassungsbeschwerde, die mangels Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs unzulässig ist, kann missbräuchlich sein mit der Folge, dass nach § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Gebühr auferlegt werden kann.
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Dem Beschwerdeführer zu 1. wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 750 € (in Worten: siebenhundertfünfzig Euro) auferlegt.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung von Richtern wegen Besorgnis der Befangenheit im Zivilprozess.
I.
Der Verfassungsbeschwerde liegt ein zivilrechtliches Ausgangsverfahren zugrunde, das als Arzthaftungssache vor dem zuständigen Landgericht geführt wird. Mit Schriftsatz vom 4. April 2012 lehnten die Beschwerdeführer alle drei Beisitzer der zuständigen Zivilkammer wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 27. April 2012 stellten sie ergänzend klar, dass sie auch den Richter am Landgericht W. ablehnten, soweit dieser als Beisitzer der zuständigen Zivilkammer tätig sei. Mit Beschluss vom 8. Mai 2012 verwarf das Landgericht das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Landgericht W. unter dessen Mitwirkung als unzulässig. Nach dem Ablehnungsantrag werde Richter am Landgericht W. alleine deshalb abgelehnt, weil er Mitglied der zuständigen Zivilkammer sei. Dies sei rechtsmissbräuchlich. Von der Einlegung des statthaften Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde haben die Beschwerdeführer abgesehen, weil das zuständige Oberlandesgericht ihrer Auffassung nach "beständig und ausnahmslos an der Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer in allen bisherigen Verfahren" mitgewirkt habe, sich seine Entscheidungen vorab vom Landesjustizministerium absegnen lasse und über Anträge entscheide, die die Beschwerdeführer überhaupt nicht gestellt hätten. Die Erschöpfung des Rechtswegs halten sie aus diesem Grund für unzumutbar.
Wegen der Schwere der Verletzung ihrer Grundrechte und der vollumfänglichen Verweigerung der Justiz sowie der Dauer der Beeinträchtigungen beantragen die Beschwerdeführer, vorab im Wege einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden.
II.
1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Die Beschwerdeführer haben bereits den fachgerichtlichen Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ). Sie haben es unterlassen, das gemäß § 46 Abs. 2 2. Halbsatz ZPO statthafte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einzulegen. Dass ihnen dies unzumutbar im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG gewesen wäre, haben sie nicht ansatzweise substantiiert dargelegt. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
2. Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
3. Das Bundesverfassungsgericht kann nach § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Gebühr bis zu 2.600 € auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Missbrauch darstellt. Es ist Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit von Bedeutung sind, und - wo erforderlich - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht gehalten, hinzunehmen, dass es in der Erfüllung dieser Aufgaben durch an gravierenden Zulässigkeitsmängeln leidende Verfassungsbeschwerden behindert wird (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Dezember 2011 - 2 BvR 1430/11 -, [...] Rn. 6).
Die vorliegende Verfassungsbeschwerde ist wegen ihrer offensichtlichen Unzulässigkeit in diesem Sinne missbräuchlich. Auch der mit der Verfassungsbeschwerde verbundene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist missbräuchlich, weil offensichtlich keine besondere Dringlichkeit besteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2449/11 -, [...] Rn. 4) und der Eilantrag nach § 32 BVerfGG zur Inanspruchnahme eines Bearbeitungsvorrangs führt, der einer bedeutungslosen und offensichtlich unzulässigen Sache nicht zusteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2011 - 2 BvR 1150/11 -, [...] Rn. 6; Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Oktober 2001 - 2 BvR 1271/01 -, [...] Rn. 6).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.