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BVerfG - Entscheidung vom 31.05.2022

1 BvR 564/21

Normen:
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 90 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 92
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 90 Abs. 2 S. 1
BVerfGG § 92
BVerfGG § 90 Abs. 2

BVerfG, Beschluss vom 31.05.2022 - Aktenzeichen 1 BvR 564/21

DRsp Nr. 2022/9588

Verfassungsbeschwerde gegen sozialgerichtliche Kostengrundentscheidung i.R.d. Gebots der Rechtswegerschöpfung

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Normenkette:

BVerfGG § 90 Abs. 2 ;

[Gründe]

1. Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen eine unanfechtbare Kostengrundentscheidung des Sozialgerichts. Diese erging nach Erledigung eines Klageverfahrens wegen Untätigkeit der Behörde. Wie sich aus der hinzugezogenen Akte des Ausgangsverfahrens ergibt, hatte die Behörde im gerichtlichen Verfahren nach Erlass des Bescheids ein Kostengrundanerkenntnis abgegeben, das der Beschwerdeführer annahm. Später beantragte er vor dem Sozialgericht, über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Aus der hinzugezogenen Akte des Ausgangsverfahrens ergibt sich, dass die Behörde auf diesen Antrag hin darauf hinwies, dass ihr ein Kostenfestsetzungsantrag zu dem Verfahren nicht bekannt sei. Das Sozialgericht entschied, dass die beklagte Behörde 50 Prozent der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers zu tragen habe. Es verwies auf eine Klagehäufung wegen weiterer Untätigkeitsklagen. Dort seien bereits im angemessenen Umfang Kosten angewiesen worden. Eine vollständige Kostentragung erscheine im vorliegenden Verfahren unbillig.

Der Beschwerdeführer sieht darin eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG . Die Behörde könne - soweit alle Gründe für eine volle Kostentragung vorlägen - nicht und auch nicht teilweise von ihrer Kostentragungspflicht befreit werden, nur weil sie in anderen Gerichtsverfahren bereits Zahlungen angewiesen habe.

2. Die Verfassungsbeschwerde wurde zugestellt. Der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung des Landes Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akte des Ausgangsverfahrens lag vor.

3. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, denn die von ihr aufgeworfenen Fragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. zum Willkürverbot etwa BVerfGE 83, 82 <84>; 86, 59 <62 f.>; 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; dazu auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. Mai 2020 - 1 BvR 1468/18 -; stRspr). Sie ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Sie ist unzulässig und hat daher keine Aussicht auf Erfolg.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie den Anforderungen der - über das Gebot der Rechtswegerschöpfung im engeren Sinne hinausgehenden - materiellen Subsidiarität nicht genügt. Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen sind, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 134, 106 <115 Rn. 27> stRspr). Das ist hier nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer hat nicht dazu vorgetragen, weshalb es ihm trotz angenommenen Kostengrundanerkenntnisses nicht möglich gewesen ist, die Festsetzung der Kosten zu erlangen, um so die später als willkürlich gerügte gerichtliche Kostengrundentscheidung zu verhindern.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: SG Berlin, vom 16.02.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 123 AS 9246/17