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BSG - Entscheidung vom 10.05.2021

B 13 R 144/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 10.05.2021 - Aktenzeichen B 13 R 144/20 B

DRsp Nr. 2021/10462

Rente wegen Erwerbsminderung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. Mai 2020 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

I

Mit Urteil vom 19.5.2020 hat das LSG Sachsen-Anhalt einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 26.6.2020 begründet hat.

II

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Der Kläger hat darin den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.10.2010 - B 12 KR 2/10 B - juris RdNr 5; jüngst BSG Beschluss vom 9.12.2019 - B 13 R 259/19 B - juris RdNr ). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Berufungsgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den daraus abgeleiteten Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Ausdrücklich rügt der Kläger einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG ). Er macht geltend, das LSG sei seinen mit Schriftsatz vom 23.7.2019 gestellten Anträgen nicht gefolgt, ein Sachverständigengutachten auf orthopädischem Gebiet einschließlich Testdurchführung und -auswertung einzuholen sowie den behandelnden Orthopäden, den behandelnden Neurologen und seine Hausärztin zu ihrem jeweiligen Befundbericht zu hören. Für eine solche Sachaufklärungsrüge bestehen spezifische Darlegungsanforderungen. Sie muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das Berufungsgericht mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG Beschluss vom 3.12.2012 - B 13 R 351/12 B - juris RdNr 6 mwN; jüngst BSG Beschluss vom 28.11.2019 - B 13 R 169/18 B - juris RdNr 4). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG ferner die Darlegung, dass ein - wie der Kläger - bereits in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht zur gestellt, sondern auch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 21.2.2018 - B 13 R 28/17 R, B 13 R 285/17 B - juris RdNr 14 mwN) oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Dies gilt schon deswegen, weil der Kläger die zumindest hilfsweise Aufrechterhaltung seiner mit Schriftsatz vom 23.7.2019 gestellten Anträge - ihre Qualität als Beweisanträge iS von § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 bzw § 373 ZPO unterstellt - nicht dargetan hat. Aus seinem Vortrag geht auch nicht hervor, dass das LSG von ihm gestellte Beweisanträge im Berufungsurteil widergegeben hätte. Indem er in seinem Gesamtvorbringen stets auf die "Beweisanträge vom 23.07.2019" Bezug nimmt, räumt der Kläger letztlich selbst ein, in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 19.5.2020 keine entsprechenden (Hilfs-)Anträge gestellt zu haben.

Soweit der Kläger vorbringt, es erschließe sich nicht, warum das LSG das auf seinen Antrag hin im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten seiner Hausärztin L für im Wesentlichen unverwertbar gehalten habe, rügt er sinngemäß eine Verletzung der Grenzen der freien Beweiswürdigung 128 Abs 1 Satz 1 SGG ). Hierauf kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde - anders als die Revision selbst - von vornherein nicht gestützt werden 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ). Gleiches gilt für das Vorbringen des Klägers, unverwertbar sein könne hingegen das Sachverständigengutachten des Neurologen F, auf das das LSG sich maßgeblich gestützt habe, weil der Sachverständige sich der Mitarbeit eines - im Gutachten angegebenen - Assistenzarztes bedient habe und insoweit eine Verletzung der Grenzen des § 407a Abs 3 Satz 2 ZPO in Betracht komme.

Falls der Kläger damit einen groben Mangel des Gutachtens von F geltend machen will, ist auch unter diesem Gesichtspunkt ein Verstoß des LSG gegen die Sachaufklärungspflicht nicht anforderungsgerecht bezeichnet. Der Kläger hat nicht dargetan, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG einen ordnungsgemäßen Beweisantrag auf Einholung eines (weiteren) Gutachtens auf neurologischem Fachgebiet gestellt und zumindest hilfsweise aufrechterhalten zu haben. Dass der Kläger die Entscheidung des LSG offensichtlich für unzutreffend hält, kann nicht zur Revisionszulassung führen (stRspr; vgl zuletzt etwa BSG Beschluss vom 24.3.2021 - B 13 R 14/20 B - juris RdNr 13 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen-Anhalt, vom 19.05.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 217/18
Vorinstanz: SG Dessau-Roßlau, vom 24.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 25 R 335/14