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BSG - Entscheidung vom 27.04.2021

B 13 R 257/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 27.04.2021 - Aktenzeichen B 13 R 257/20 B

DRsp Nr. 2021/8890

Rente wegen Erwerbsminderung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. September 2020 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

I

Mit Urteil vom 21.9.2020 hat das Schleswig-Holsteinische LSG einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22.12.2020 begründet.

II

Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Der Kläger macht ausschließlich geltend, die angegriffene Entscheidung des LSG beruhe auf einem Verfahrensmangel (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ), weil das LSG die gesetzlichen Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung verlassen und einen nicht existierenden Erfahrungssatz angewandt habe. So habe das LSG den Erfahrungssatz aufgestellt, dass ein in zweiter Instanz erstelltes Gutachten, dem auch eine in zweiter Instanz durchgeführte Untersuchung zugrunde liegt, bezogen auf einen vor der ersten Instanz liegenden relevanten Rentenzeitraum weniger Beweiswert hat, als ein in erster Instanz erstelltes Gutachten, dem ebenfalls eine in erster Instanz durchgeführte Untersuchung zugrunde liegt. Einen solchen Erfahrungssatz gebe es jedoch nicht. Hätte das LSG diesen Erfahrungssatz nicht angewendet, so hätte es den Sachverständigen M zum Inhalt seines Gutachtens befragen müssen. Dabei erscheine es als nicht ausgeschlossen, dass sich das LSG von den möglichen weiteren Ausführungen des Sachverständigen bei seiner Beweiswürdigung hätte leiten lassen und zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81 - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.10.2018 - B 13 R 59/18 B - juris RdNr 7). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zugrunde zu legen ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG ( BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG ; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr - juris RdNr ). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Die Beschwerdebegründung vom 22.12.2020 genügt nicht den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels. Als solchen macht der Kläger ausschließlich eine Verletzung der Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung geltend, also einen Verstoß des LSG gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG . Auf einen solchen im Revisionsverfahren rügefähigen Mangel kann die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG jedoch nicht zulässig gestützt werden, was § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Dass der Kläger das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Wollte man das Beschwerdevorbringen in Bezug auf eine Befragung des Sachverständigen Prof. M als Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsprinzips 103 SGG ) werten, so könnte der Kläger auch hiermit nicht durchdringen. Denn auf eine Verletzung des § 103 SGG kann die Beschwerde gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn diese sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein solcher Beweisantrag wird jedoch mit der Beschwerdebegründung nicht benannt.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 21.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 7 R 102/17
Vorinstanz: SG Kiel, vom 19.06.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 17 R 157/14