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BSG - Entscheidung vom 28.04.2021

B 8 SO 101/20 B

Normen:
SGB XII § 25 S. 1
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 28.04.2021 - Aktenzeichen B 8 SO 101/20 B

DRsp Nr. 2021/9387

Erstattung von Aufwendungen als Nothelferin Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. November 2020 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGB XII § 25 S. 1; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Im Streit steht ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Aufwendungen als Nothelferin nach § 25 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ).

Die Klägerin, die die Kliniken S in S betreibt, nahm am 1.6.2012 um 7:29 Uhr die rumänische Staatsangehörige P, die einen Krankenversicherungsschutz nicht nachweisen konnte, als Selbstzahlerin auf. Das Amtsgericht (AG) Saarbrücken ordnete am 1.6.2012 die Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses an. Am 28.6.2012 beantragten die Kliniken S erfolglos die Übernahme der Behandlungskosten für P (Bescheid vom 16.4.2014; Widerspruchsbescheid vom 9.4.2015). Während das Sozialgericht ( SG ) der Klage stattgegeben hat (Gerichtsbescheid vom 13.9.2018), hat das Landessozialgericht (LSG) einen Nothelferanspruch verneint, weil das sozialhilferechtliche Moment des Eilfalls iS des § 25 Satz 1 SGB XII nicht vorgelegen habe. Der Klägerin sei es am Tag der Aufnahme der P objektiv möglich gewesen, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend. Ein Sozialhilfeantrag könne wegen der Exklusivität des Sozialhilfeanspruchs frühestens gestellt werden, wenn der Sozialhilfeberechtigte seine Zustimmung zum Antrag erteile, woran es aber gefehlt habe. In Zeiten der Coronapandemie seien die finanziellen Ressourcen der deutschen Krankenhäuser allgemein besonders angespannt. In dieser Situation könne eine Gesellschaft des privaten Rechts nicht dazu gezwungen werden, selbst die Behandlungskosten von Patienten zu tragen.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Frage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur Bundessozialgericht <BSG> vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin formuliert bereits keine konkrete Rechtsfrage. Sie trägt nur vor, dass "die Sache grundsätzliche Bedeutung" habe, weil in Zeiten der Coronapandemie die finanziellen Ressourcen der deutschen Krankenhäuser besonders angespannt seien und eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht dazu gezwungen werden könne, die Kosten der Unterbringung eines Patienten zu finanzieren. Diesem allgemeinen auf Gerechtigkeitserwägungen beruhenden Vortrag ist auch nicht sinngemäß eine Rechtsfrage zu entnehmen. Angesichts der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zum Nothelferanspruch nach § 25 SGB XII (siehe etwa BSG vom 23.8.2013 - B 8 SO 19/12 R - BSGE 114, 161 = SozR 4-5910 § 121 Nr 1; BSG vom 1.3.2018 - B 8 SO 63/17 B - sowie bereits Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom 30.10.1979 - 5 C 31/78 - BVerwGE 59, 73 , 75 sowie BVerwG vom 31.5.2001 - 5 C 20/00 - BVerwGE 114, 298 , 300; siehe zuletzt BSG vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R - BSGE 117, 261 = SozR 4-3500 § 25 Nr 5, RdNr 17 ff) ist auch unabhängig von dem Vortrag der Klägerin und einer von ihr formulierten Rechtsfrage eine "grundsätzliche Bedeutung" der Sache nicht ansatzweise erkennbar. Letztlich behauptet die Klägerin auch nur eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht, die nicht zur Zulassung der Revision führt (vgl BSG vom 26.9.2017 - B 14 AS 177/17 B - mwN, juris). Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (vgl nur BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § Nr 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG . Der Nothelfer gehört zum kostenprivilegierten Personenkreis nach § 183 SGG ( BSG vom 12.12.2013 - B 8 SO 13/12 R - juris RdNr 23).

Vorinstanz: LSG Saarland, vom 17.11.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 11 SO 6/18
Vorinstanz: SG Saarbrücken, vom 13.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 32 SO 1/17