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BSG - Entscheidung vom 25.11.2021

B 9 SB 57/21 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 103

BSG, Beschluss vom 25.11.2021 - Aktenzeichen B 9 SB 57/21 B

DRsp Nr. 2021/18623

Anspruch auf Anerkennung eines höheren Grades der Behinderung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 7. Juli 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin S aus S beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 103 ;

Gründe

I

In dem der Beschwerde und dem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) zugrundeliegenden Rechtsstreit macht der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung eines höheren Grads der Behinderung als 50 geltend. Das LSG hat den Anspruch verneint. Aus dem vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Entlassungsbericht des R vom 18.8.2020 ergäben sich keine wesentlichen Änderungen im Vergleich zu früheren Befunden der gleichen Klinik wie auch im Vergleich zu den von dem erstinstanzlich gehörten Sachverständigen A erhobenen Befunden im Gutachten vom 7.7.2017. Insoweit sei der Einschätzung des Sachverständigen A in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26.2.2021 zu folgen. Für die Einholung weiterer Gutachten bestünde keine Veranlassung (Beschluss vom 7.7.2021).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt, mit der er eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG rügt. Zugleich hat er für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens PKH unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt.

II

1. Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.

Gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die von dem Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angegriffenen Entscheidung des LSG nicht erfolgreich sein kann. Der Kläger hat PKH für eine von einer beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten bereits eingelegte und bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist begründete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt. Die Revision wäre daher nur zuzulassen, wenn mit dieser Beschwerde einer der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG genannten Zulassungsgründe in der gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG vorgeschriebenen Form dargelegt oder bezeichnet wäre. Das ist hier nicht der Fall (hierzu sogleich unter 2.).

Mit der Ablehnung des Antrags auf PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

2. Die unabhängig vom Antrag auf PKH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Der Kläger hat den von ihm ausschließlich geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) in Form einer Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes 103 SGG ) nicht in der danach vorgeschriebenen Weise dargetan.

Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen Verletzung des § 103 SGG kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur darauf gestützt werden, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zudem kann ein - wie hier - in der Berufungsinstanz rechtsanwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat oder das Gericht diesen Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 25.9.2017 - B 9 SB 51/17 B - juris RdNr , jeweils mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärung des Gerichts 103 SGG ) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 11 mwN). Entscheidet das Berufungsgericht - wie vorliegend - durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung, muss ein anwaltlich vertretener Beteiligter nach Zugang der Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG schriftlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen. Anderenfalls gilt ein früherer Beweisantrag als erledigt (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 3.4.2020, aaO, mwN).

Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, wann die Anhörungsmitteilung des LSG nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ergangen ist und ob er seine in der Beschwerdebegründung genannten "Beweisanträge" vom 19.2.2020, 1.10.2020 und 9.4.2021 nach der Anhörungsmitteilung wiederholt hat. Ebenso wenig behauptet der Kläger, dass das LSG in dem angefochtenen Beschluss einen seiner Beweisanträge wiedergegeben hat.

Darüber hinaus hat der Kläger es versäumt, die Rechtsauffassung des LSG wiederzugeben, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, sowie die von den genannten Beweisanträgen berührten Tatumstände darzulegen, die zu einer weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, sowie das voraussichtliche Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme anzugeben, die zu einem für ihn günstigeren Ergebnis geführt hätte (vgl zu diesen Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge BSG Beschluss vom 13.2.2017 - B 9 SB 41/16 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 28.9.2015 - B 9 SB 41/15 B - juris RdNr 5, jeweils mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Saarland, vom 07.07.2021 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 SB 7/20
Vorinstanz: SG Saarbrücken, vom 17.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 10 SB 432/16