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BGH - Entscheidung vom 13.01.2021

XII ZB 401/20

Normen:
VersAusglG § 5 Abs. 1
VersAusglG § 14 Abs. 1
VersAusglG § 14 Abs. 4
FamFG § 220 Abs. 4
VersAusglG § 5 Abs. 1
VersAusglG § 14 Abs. 1
VersAusglG § 14 Abs. 4
FamFG § 220 Abs. 4
VersAusglG § 5 Abs. 1
VersAusglG § 14 Abs. 1
VersAusglG § 14 Abs. 4
FamFG § 220 Abs. 4

Fundstellen:
FamRB 2021, 141
FamRZ 2021, 581
MDR 2021, 364
NJW 2021, 1235
WM 2021, 442

BGH, Beschluss vom 13.01.2021 - Aktenzeichen XII ZB 401/20

DRsp Nr. 2021/3083

Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss über einen Versorgungsausgleich; Hinreichende Bestimmung des Ausgleichswertes als Zahlbetrag bei der externen Teilung eines fondsgebundenen Anrechts in der Bezugsgröße Fondsanteile; Taggenaue Ermittlung des Geldkurses des Anteils bei Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich

Bei der externen Teilung eines fondsgebundenen Anrechts in der Bezugsgröße Fondsanteile ist der Ausgleichswert als Zahlbetrag hinreichend bestimmt, wenn der Geldkurs des Anteils bei Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich taggenau aus einem vom Versorgungsträger bereitgestellten und in der Beschlussformel angegebenen Internet-Zugang nebst Zugangscode ermittelt werden kann (Fortführung von Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 336/16 - FamRZ 2018, 1745 ).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 1. Juli 2020 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 4 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Absatz 2 der Beschlussformel des vorgenannten Beschlusses wie folgt neu gefasst wird:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der BMW AG (Vers.-Nr. Zusatzvorsorge) in Höhe von 63,790 Anteilen des Fonds BMW Alterskapital Target 2035 zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund mit dem Wert der vorgenannten Anteile im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung und bezogen auf diesen Zeitpunkt, mindestens jedoch in Höhe eines Kapitalbetrags von 1.473,83 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von jährlich 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung begründet. Die BMW AG wird verpflichtet, den dem Wert der vorgenannten Anteile entsprechenden Kapitalbetrag - errechnet aus 63,790 Anteilen multipliziert mit dem unter unter Verwendung der Zugangsnummer für den Tag der Rechtskraft abzurufenden Kurswert -, mindestens jedoch 1.473,83 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von jährlich 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist verpflichtet, den Kapitalbetrag anhand der bei Rechtskraft der Entscheidung geltenden Umrechnungsfaktoren in Entgeltpunkte umzurechnen.

Wert: 1.320 €

Normenkette:

VersAusglG § 5 Abs. 1 ; VersAusglG § 14 Abs. 1 ; VersAusglG § 14 Abs. 4 ; FamFG § 220 Abs. 4 ;

Gründe

I.

Auf den am 31. Mai 2019 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 21. März 2014 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1. März 2014 bis 30. April 2019; § 3 Abs. 1 VersAusglG ) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, darüber hinaus der Ehemann zwei Anrechte einer betrieblichen Altersversorgung bei der BMW AG, von denen eines, die sog. "Zusatzvorsorge", fondsgebunden ist, sowie ein weiteres Anrecht bei der V. AG. Das Familiengericht hat die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte intern sowie die vom Ehemann bei der BMW AG erworbenen Anrechte auf Verlangen des Versorgungsträgers extern geteilt und hinsichtlich des bei der V. AG erworbenen Anrechts angeordnet, dass ein Ausgleich nicht stattfinde. Bezüglich des fondsgebundenen Anrechts hat es bestimmt, dass zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der BMW AG zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 1.950,70 € bei der Beteiligten zu 4 (DRV Bund) nach Maßgabe einer näher bezeichneten Teilungsordnung der BMW AG, bezogen auf den 30. April 2019, begründet werde. Die BMW AG ist verpflichtet worden, diesen Betrag nebst 2,2 % Zinsen seit dem 1. Mai 2019 bis zur Rechtskraft der Entscheidung an die Beteiligte zu 4 zu zahlen.

Mit ihrer Beschwerde hat sich die BMW AG gegen die Verzinsung des aus dem fondsgebundenen Anrecht resultierenden Ausgleichsbetrags gewendet. Das Oberlandesgericht hat im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der BMW AG zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht bei der Beteiligten zu 4 in Höhe von 63,790 Anteilen des Fonds BMW Alterskapital Target 2035 mit dem Wert der vorgenannten Anteile im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung, mindestens jedoch in Höhe eines Kapitalbetrags von 1.473,83 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von jährlich 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, begründet. Es hat die BMW AG verpflichtet, bei Rechtskraft der Entscheidung den dem Wert der vorgenannten Anteile zu diesem Zeitpunkt entsprechenden Kapitalbetrag, mindestens jedoch 1.473,83 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2,20 % seit dem 30. April 2019 bis zur Rechtskraft der Entscheidung, an die Beteiligte zu 4 zu zahlen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat mit Ausnahme einer Maßgabenanordnung zur Beschlussformel keinen Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Zu Unrecht habe das Familiengericht die Verzinsung des Ausgleichswerts anhand eines Rechnungszinses angeordnet, da diese nur für die Bildung eines Barwerts auf der Grundlage der geleisteten Beiträge gelte. Für Fondsanteile hingegen bestehe kein Rechnungszins, der deren Wertentwicklung angemessen abbilde.

Zulässig sei hier eine externe Teilung des Anrechts in der Bezugsgröße Fondsanteile, auch wenn deren Kurswert im vorliegenden Fall nicht gemäß § 170 KAGB veröffentlicht werde. Es genüge, dass der Versorgungsträger einen Internet-Link zur Verfügung gestellt habe, mithilfe dessen der Kurswert taggenau von den Verfahrensbeteiligen in eigener Verantwortung festgestellt werden könne.

2. Diese Ausführungen des Oberlandesgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass auf die Beschwerde des Versorgungsträgers gegen den ihn betreffenden Ausspruch zum Versorgungsausgleich das betroffene Anrecht insgesamt den Beschwerdegegenstand bildet. Der Prüfungsgegenstand ist weder dadurch beschränkt, dass sich der Beschwerdeangriff gegen ein bestimmtes Element der Entscheidung wie hier die Verzinsung des nach § 14 Abs. 4 VersAusglG zu zahlenden Ausgleichsbetrags richtet, noch durch das allgemeine Verschlechterungsverbot. Denn als Wächter über die rechtmäßige Durchführung des Versorgungsausgleichs verfolgt der Versorgungsträger mit seiner Beschwerde stets auch die Interessen der Solidargemeinschaft. Deshalb hat das Gericht auf eine Beschwerde des Versorgungsträgers stets die Entscheidung zu treffen, die der Sach- und Rechtslage entspricht. Dies verstößt auch dann nicht gegen das Verschlechterungsverbot, wenn die Entscheidung entgegen dem Ziel des Rechtsmittels ausfällt (Senatsbeschluss BGHZ 215, 280 = FamRZ 2017, 1655 Rn. 8).

b) Weiterhin ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Ausgleichswert bei der externen Teilung eines aus Fondsanteilen bestehenden Anrechts grundsätzlich in Anteilen an diesem Vermögen angegeben werden kann. Denn die Teilung in Form der jeweiligen Bezugsgröße des Anrechts (vgl. § 5 Abs. 1 VersAusglG ) entspricht der Funktion des Versorgungsausgleichs nicht nur bei der internen, sondern auch bei der externen Teilung grundsätzlich am besten. Eine Umrechnung des Ausgleichswerts in einen Kapitalbetrag erfordert erst § 14 Abs. 4 VersAusglG , nach dem mit einem weiteren (Zahlungs-)Ausspruch festgelegt wird, welche konkrete Geldsumme bei Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich vom Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen an den Versorgungsträger des Ausgleichsberechtigten zu zahlen ist. Anhand dieser Geldsumme gestaltet sich bei dem Zielversorgungsträger das neu zu begründende Anrecht für den Ausgleichsberechtigten. Kann der Ausgleichswert auf der Grundlage der Bezugsgröße der abgebenden Versorgung für den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung in vollstreckbarer Weise abstrakt angegeben werden, ist dieser Wert gleichermaßen sowohl für den Gestaltungsausspruch nach § 14 Abs. 1 VersAusglG als auch für den Zahlungsausspruch nach §§ 14 Abs. 4 VersAusglG , 222 Abs. 3 FamFG geeignet (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 336/16 - FamRZ 2018, 1745 Rn. 16 ff. mwN).

c) In dem Zusammenhang beanstandet die Rechtsbeschwerde zu Unrecht, dass sich der Zahlungsbetrag aus dem vom abgebenden Versorgungsträger zur Verfügung gestellten Internet-Link und der Zugangsnummer nicht ausreichend offenkundig rechnerisch ermitteln ließe.

aa) Ein Titel ist zwar nur dann hinreichend bestimmt, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnet. Bei einem Zahlungstitel muss der zu vollstreckende Zahlungsanspruch betragsmäßig festgelegt sein oder sich zumindest ohne weiteres aus dem Titel errechnen lassen. Gegebenenfalls hat das Vollstreckungsorgan den Inhalt des Titels durch Auslegung festzustellen; dafür muss der Titel aber aus sich heraus genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen. Es genügt für eine Bestimmbarkeit, wenn die Berechnung des Zahlungsanspruchs mit Hilfe offenkundiger - beispielsweise aus dem Bundesgesetzblatt oder dem Grundbuch ersichtlicher - Umstände möglich ist. Hingegen reicht es nicht aus, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 336/16 - FamRZ 2018, 1745 Rn. 20 mwN).

bb) Zielt die Beschlussformel auf den künftigen Rücknahmepreis für eine bestimmte Anzahl von Anteilen an Fonds oder anderen Finanzinstrumenten, hat der Senat eine solche Tenorierung als hinreichend bestimmt gebilligt, wenn für die Ausgabe- und Rücknahmepreise dieser Anteile eine gesetzliche Veröffentlichungspflicht nach § 170 KAGB besteht (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 215, 280 = FamRZ 2017, 1655 Rn. 28 f.). Denn soweit im Anwendungsbereich dieser Vorschrift die maßgeblichen Preise in einer hinreichend verbreiteten Wirtschaftsoder Tageszeitung oder im Verkaufsprospekt oder in elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen sind, ist damit typischerweise gewährleistet, dass im Rahmen der Vollstreckung ein künftiger Geldkurs des Anteils taggenau aus jedermann zugänglichen Quellen ohne besonderen Rechercheaufwand ermittelt werden kann (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 336/16 - FamRZ 2018, 1745 Rn. 21). Die vorgenannte Voraussetzung ist hier allerdings nicht gegeben, da eine Verpflichtung aus § 170 KAGB zur Veröffentlichung von Rücknahmepreisen für die hier relevanten Fondsanteile nicht besteht.

cc) Es genügte auch nicht den vollstreckungsrechtlichen Anforderungen, wenn ein nicht nach § 170 KAGB veröffentlichter und auch sonst nicht offenkundiger Wertpapierkurs durch eine spätere ergänzende Mitteilung des Versorgungsträgers zum Stichtag zuverlässig festgestellt werden kann. Denn unterliegt die Höhe des zu vollstreckenden Geldbetrags Bemessungsmaßstäben, die aus der Entscheidung selbst nicht konkret bestimmbar sind, sondern vom Vollstreckungsorgan nur durch eine ergänzende Auskunft des Schuldners oder eines Dritten ermittelt werden können, ist die Zahlungsverpflichtung nicht in vollstreckungsfähiger Weise bestimmt.

dd) Anders liegt der Fall hingegen, wenn die Rücknahmepreise - wie hier - über ein Internet-Portal erlangt werden können, dessen Zugang mithilfe bereitgestellter Informationen wie etwa eines speziellen Internet-Links und ggf. noch zusätzlich erforderlicher Zugangscodes erlangt werden kann, wenn sich der Zugang zu diesen Informationen für alle Verfahrensbeteiligten unmittelbar aus der Beschlussformel der Entscheidung ergibt. Dann ist der konkrete Zahlbetrag über diese allseits erreichbare Zugangsinformation hinreichend bestimmbar (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 215, 280 = FamRZ 2017, 1655 Rn. 28). Im Hinblick auf die besondere Stellung des Versorgungsträgers als Wächter über die rechtmäßige Durchführung des Versorgungsausgleichs (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 8. August 2018 - XII ZB 25/18 - FamRZ 2018, 1741 Rn. 13) spricht nichts dagegen, dass dieser den einmal eingerichteten und dem Gericht im Rahmen des Verfahrens über den Versorgungsausgleich nach § 220 Abs. 4 FamFG mitgeteilten Zugang auch weiterhin zum Abruf für alle Verfahrensbeteiligten und gegebenenfalls für ein Vollstreckungsorgan offenhält.

Im Hinblick darauf muss sich der Tatrichter einerseits darüber vergewissern, dass der Kurswert über den vom Versorgungsträger mitgeteilten Zugangsweg tatsächlich taggenau abgerufen werden kann, andererseits den vom Vollstreckungsorgan zu vollziehenden Rechenweg unter Angabe der vollständigen Zugangsdaten in der Beschlussformel selbst vorgeben.

3. Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass alle für die Berechnung des Zahlbetrags erforderlichen Angaben einschließlich der vollständigen Zugangsdaten für die Ermittlung des Kurswerts in die Beschlussformel aufzunehmen sind.

Vorinstanz: AG Neuburg, vom 08.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 5 F 242/19
Vorinstanz: OLG München, vom 01.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 2 UF 523/20
Fundstellen
FamRB 2021, 141
FamRZ 2021, 581
MDR 2021, 364
NJW 2021, 1235
WM 2021, 442