Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 25.03.2021

III ZR 212/20

Normen:
ZPO § 42 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 25.03.2021 - Aktenzeichen III ZR 212/20

DRsp Nr. 2021/6255

Geltendmachung der Befangenheit eines Richters in einem Verfahren wegen des Einbaus verbotener Abschalteinrichtungen

Tenor

Die in der Erklärung des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. H. vom 25. Januar 2021 mitgeteilten Umstände rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit nicht.

Normenkette:

ZPO § 42 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz unter dem Vorwurf, diese habe in den Dieselmotor OM 651 eines von ihr, der Klägerin, erworbenen Fahrzeugs (Typ Mercedes-Benz B 200 CDI BlueEfficiency Sport Tourer) verbotene Abschalteinrichtungen eingebaut. Die Klage hat in erster und zweiter Instanz keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision, deren Zulassung die Klägerin begehrt, möchte sie ihre Ansprüche bis auf einen Teil der Zinsforderung weiterverfolgen.

Am 25. Januar 2021 hat der Vorsitzende des erkennenden Senats, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. H. , angezeigt, dass er im Frühjahr 2014 einen Volkswagen CC mit dem Motor EA 189 erworben und aufgrund dessen eine Schadensersatzklage gegen die Volkswagen AG erhoben habe. Die Beklagte hat darauf mitgeteilt, eine Stellungnahme hierzu sei nicht erforderlich; die Klägerin hat sich nicht geäußert.

II.

Die in der Anzeige des Vorsitzenden Richters mitgeteilten Tatsachen rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit nicht.

1. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO ist die Befangenheit eines Richters zu besorgen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn bei verständiger Würdigung des Sachverhalts Grund zu der Annahme besteht, dass der Richter eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Maßgeblich ist, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Dezember 2019 - II ZB 14/19, NJW 2020, 1680 Rn. 9 und vom 28. Juli 2020 - VI ZB 94/19, NJW 2020, 3458 Rn. 7, jeweils mwN). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt bereits der "böse Schein", das heißt der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (BGH aaO). Misstrauen gegen die Unvoreingenommenheit eines Richters ist unter anderem dann gerechtfertigt, wenn objektive Gründe dafür sprechen, dass er auf Grund eines eigenen - sei es auch nur mittelbaren - wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits der Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenübersteht (BGH aaO). Die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO kann dementsprechend begründet sein, wenn ein Richter in einem Verfahren zwar nicht selbst Partei ist, aber über den gleichen Sachverhalt zu entscheiden hat, aus dem er selbst Ansprüche gegen eine Partei geltend macht. Aus der Sicht einer Partei, gegen die ein Richter Ansprüche erhebt, kann Anlass zu der Befürchtung bestehen, dass dieser Richter die Würdigung des Sachverhalts, wie er sie dem von ihm verfolgten Anspruch gegen die Partei zugrunde gelegt hat, auf das Verfahren gegen eine andere Partei, dem der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt, überträgt und wie in der eigenen Sache urteilt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Dezember 2019 aaO Rn. 10 und vom 28. Juli 2020 aaO Rn. 8).

2. Nach diesen Maßstäben liegt hier ein Ablehnungsgrund nicht vor. Der Vorsitzende Richter hat insbesondere keine Ansprüche aus einem im Wesentlichen gleichen Sachverhalt geltend gemacht.

Seiner Klage hat der Vorsitzende Richter zugrunde gelegt, dass Vorstandsmitglieder und/oder Mitarbeiter der Volkswagen AG ihm gegenüber unerlaubte Handlungen begangen hätten. Die Klägerin macht nicht geltend, dass diese Handlungen der Beklagten zuzurechnen wären. Vielmehr stützt sie sich darauf, dass die Beklagte (ohne Zusammenwirken mit der Volkswagen AG) in den Motor unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut und deshalb eine Kundendienstmaßnahme vorgenommen habe, um einem Eingreifen des Kraftfahrtbundesamts zuvorzukommen. Es liegen daher zwei unabhängig voneinander zu bewertende Sachverhalte vor, die zwar gewisse Parallelen, aber keine erheblichen Überschneidungen im Tatsächlichen aufweisen.

Sonach ergeben sich bei vernünftiger Betrachtung keine Zweifel an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden Richters.

Vorinstanz: LG Kleve, vom 21.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 29/19
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 28.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen I-10 U 42/20