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BSG - Entscheidung vom 05.02.2020

B 3 KS 1/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 05.02.2020 - Aktenzeichen B 3 KS 1/19 B

DRsp Nr. 2020/4186

Rechtmäßigkeit der Feststellung einer Versicherungsfreiheit nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2019 - L 5 KR 127/16 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Das Schleswig-Holsteinische LSG hat mit Urteil vom 13.6.2019 ( L 5 KR 127/16) die Rechtmäßigkeit der Feststellung der Versicherungsfreiheit des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz ( KSVG ) durch die beklagte Künstlersozialkasse ab 8.9.2014 bestätigt. Aufgrund der Tätigkeit als selbstständiger Publizist bestand Versicherungspflicht gemäß § 1 KSVG bis zum 31.3.2013 (vgl Senatsbeschluss vom 5.2.2020 - B 3 KS 2/19 B).

Im September 2014 beantragte der Kläger die Überprüfung seiner Versicherungspflicht nach dem KSVG . Die Beklagte ermittelte die Einkommenssituation des Klägers, forderte Belege und Einkommenssteuerbescheide an und stellte schließlich fest, dass weiterhin Versicherungsfreiheit nach § 3 KSVG bestehe (Bescheid vom 18.12.2014; Widerspruchsbescheid vom 25.2.2015). Das hiergegen gerichtete Klage- und Berufungsverfahren ist erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid SG Schleswig vom 16.8.2016, Urteil Schleswig-Holsteinisches LSG vom 13.6.2019). Die Rechtmäßigkeit der Feststellung der Versicherungsfreiheit ab 8.9.2014 beruhe auf einer zutreffenden prognostischen Einschätzung der Einkommensverhältnisse des Klägers. Hierfür hat es sich das LSG im Wesentlichen auf die Darstellung der Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids nach § 153 Abs 2 SGG bezogen und darüber hinaus ausgeführt: Ein Verwaltungsakt, der Versicherungsfreiheit nach dem KSVG feststelle, habe keine Dauerwirkung. Im Berufungsverfahren sei zu überprüfen, ob die prognostische Einschätzung der Beklagten rechtmäßig sei, dass das Arbeitseinkommen aus künstlerischer bzw publizistischer Tätigkeit für die Jahre 2014 und 2015 nicht die Geringfügigkeitsgrenze von 3900 Euro nach § 3 Abs 1 KSVG übersteigen werde (Hinweis auf BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 3 KS 4/13 R - SozR 4-5425 § 3 Nr 3). Hierfür sei auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids abzustellen. Danach seien die Angaben des Klägers, in den Jahren 2014 und 2015 Arbeitseinkommen voraussichtlich über der Geringfügigkeitsgrenze (von 3900 Euro, s § 3 Abs 1 KSVG ) zu erzielen, nicht plausibel. Die Angaben bzw Nachweise des Klägers seien unvollständig gewesen; es fehlten angeforderte Einkommensteuerbescheide, Quittungen und eine nachvollziehbare Gewinn- und Verlustrechnung. Die Beklagte habe ihrer prognostischen Einschätzung auch Rückschlüsse aus der vergangenen Einkommenssituation des Klägers entsprechend den Angaben des Klägers im parallelen Rechtsstreit (vgl Senatsbeschluss vom 5.2.2020 - B 3 KS 2/19 B) zugrunde legen dürfen. Im Ergebnis gehe zu Lasten des Klägers, dass er keine hinreichend plausiblen Tatsachen zur Verbesserung seiner Einkommenssituation dargelegt habe. Der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente sei nicht als Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB IV aus selbstständiger künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit zu werten (Hinweis auf BSG Urteil vom 21.7.2011 - B 3 KS 5/10 R - BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2). Der Kläger könne weder aus Vertrauensschutzgesichtspunkten noch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch eine für ihn günstigere Rechtsposition herleiten.

Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 25.6.2019 zugestellte Urteil des LSG mit einem von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 1.7.2019 sinngemäß Beschwerde ("Antrag auf Aufhebung/Zurückweisung") gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und hat am 16.7.2019 Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt.

II

Der Antrag auf PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet 73a Abs 1 Satz 1 SGG , § 114 ZPO ). Es kann daher offenbleiben, ob der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH erfüllt. Da die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH nicht vorliegen, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung zulässige Rechtsmittel ist eine - hier bei verständiger Würdigung des Vortrags zugunsten des Klägers anzunehmende - Beschwerde gegen die im Urteil des LSG ausgesprochene Nichtzulassung der Revision zum BSG 160a SGG ). In einem solchen Verfahren geht es allerdings - entgegen den Vorstellungen des Klägers - nicht etwa darum, ob die angegriffene Entscheidung des LSG "richtig oder falsch" ist. Vielmehr darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3).

1. Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs nicht ersichtlich und könnte auch von einem rechtskundigen Bevollmächtigten des Klägers voraussichtlich nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden.

a) Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das vom Kläger angegriffene Urteil des LSG auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung iS dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bislang nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt. Das im Rechtsstreit des Klägers solche Fragen von Bedeutung sind, ist nicht ersichtlich. Der Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) könnte nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass das LSG bei seiner Entscheidung die maßgeblichen Rechtsnormen abweichend von der im Berufungsurteil in Bezug genommenen Rechtsprechung angewandt hat. Die Entscheidung des LSG entspricht insbesondere den Maßgaben des BSG zur prognostischen Einschätzung des Einkommens aus künstlerischer bzw publizistischer Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KS 2/12 R - BSGE 115, 29 = SozR 4-5425 § 3 Nr 2 und BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 3 KS 4/13 R - SozR 4-5425 § 3 Nr 3 ).

b) Ebenso wenig lässt sich bei Würdigung des Akteninhalts und dem Vorbringen des Klägers für den Senat ein Verfahrensfehler des LSG ersehen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG für zur Zulassung der Revision führen könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Rüge eines entscheidungserheblichen Verstoßes des LSG gegen Vorschriften des Prozessrechts der Beschwerde zum Erfolg verhelfen könnte. Soweit der Kläger bemängelt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG keine Zeugen geladen worden seien bzw dass das LSG Beweis hätte erheben müssen (vgl Seite 8 und 9 im Schreiben des Klägers), ergibt sich auch hieraus kein Verfahrensfehler des LSG. Denn der Kläger war ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem LSG durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten. Der Bevollmächtigte hat aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gestellt. Das LSG hat auch keinen Beweisantrag in seinem Urteil wiedergegeben. Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann aber mit Blick auf § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 iVm § 103 SGG nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zum Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Die vom Kläger darüber hinaus in seinem umfangreichen Schreiben gerügten vermeintlich inhaltlichen Mängel des LSG-Urteils sind nichts anderes als eine behauptete Fehlerhaftigkeit der Berufungsentscheidung dar, die für sich allein aber kein Revisionszulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG ist.

2. Die vom Kläger bereits selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingelegt worden ist 64 Abs 2 , § 73 Abs 4 , § 160a Abs 1 Satz 2 SGG ). Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen, ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des LSG und durch das BSG hingewiesen worden. Das somit nicht der gesetzlichen Form und Frist entsprechende Rechtsmittel ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss zu verwerfen.

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Schleswig-Holstein, vom 13.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 127/16
Vorinstanz: SG Schleswig, vom 16.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 10 KR 73/15