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BSG - Entscheidung vom 25.09.2020

B 8 SO 62/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB XII § 35 Abs. 2 S. 4

BSG, Beschluss vom 25.09.2020 - Aktenzeichen B 8 SO 62/20 B

DRsp Nr. 2020/15323

Erteilung einer Zusicherung und Übernahme von Unterkunftskosten nach dem SGB XII Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Mai 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB XII § 35 Abs. 2 S. 4;

Gründe

I

Im Streit sind die Erteilung einer Zusicherung und die Übernahme von Unterkunftskosten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ).

Der Kläger bezieht von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des SGB XII . Nachdem er von der Beklagten über mehrere Monate verschiedene Entscheidungen wegen der Erforderlichkeit eines Umzugs in eine größere Wohnung gefordert hatte, hat er zunächst Untätigkeitsklage beim Sozialgericht ( SG ) Mannheim erhoben (S 2 SO 560/18), die er nach Erlass des Bescheids vom 27.4.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.9.2018 (ihm zugestellt am 13.10.2018) im Juli 2019 zurückgenommen hat. Die im August 2019 gegen die genannten Bescheide erhobene Klage hat keinen Erfolg gehabt (Gerichtsbescheid des SG vom 4.11.2019; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom 28.5.2020). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klage sei wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig, Wiedereinsetzungsgründe seien nicht ersichtlich. Die angefochtenen Bescheide seien auch nicht zum Gegenstand der Untätigkeitsklage gemacht worden. Unzulässig sei auch eine isolierte, auf die Erteilung einer Zusicherung gerichtete Klage, ohne dass ein konkretes Wohnungsangebot vorliege. Eine Feststellungsklage, gerichtet auf Vorabklärung einzelner Anspruchselemente, sei nicht statthaft. Soweit die Beklagte im März 2020 nach Vorlage eines Mietvertrags über ein konkretes Wohnungsangebot entschieden habe, sei der Bescheid nicht Gegenstand des Verfahrens geworden.

Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG beim Bundessozialgericht ( BSG ) Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Es müsse geklärt werden, innerhalb welcher Fristen die Verwaltung Wohnungsangebote prüfen müsse, um Leistungsbeziehenden zu ermöglichen, marktgerecht zügig agieren zu können. Außerdem müsse geklärt werden, wieviel Quadratmeter Wohnfläche eine Wohnung haben und wie hoch die angemessene Miete sein dürfe.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Denn es ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter die Beschwerde erfolgreich begründen könnte. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre insoweit nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

Es stellen sich im vorliegenden Verfahren keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) im Zusammenhang mit Umzugsfragen. In der Rechtsprechung des BSG ist sowohl geklärt, dass kein Anspruch auf eine gerichtliche Vorabklärung einzelner Anspruchselemente in einem gesonderten "Zustimmungsverfahren" oder Zusicherungsverfahren besteht als auch, unter welchen Voraussetzungen vor der Anmietung einer Wohnung eine Zustimmung iS des § 35 Abs 2 Satz 4 SGB XII zu erteilen ist (vgl BSG vom 17.12.2014 - B 8 SO 15/13 R - FEVS 66, 538 = juris RdNr 12 mwN). Die für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ( SGB II ) zuständigen Senate des BSG haben auch bereits entschieden, dass einerseits ein Leistungsbezieher gegenüber der Verwaltung konkrete Angaben machen muss, wenn er vorab eine Entscheidung über die neue Wohnung erlangen möchte, also die künftigen Unterkunftskosten der Höhe nach bestimmt sein müssen (vgl BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - FEVS 63, 109; vgl auch § 35 Abs 2 Satz 3 SGB XII ; vgl auch BSG vom 3.4.2020 - B 8 SO 58/19 B - juris RdNr 6: auch im SGB XII konkretes Wohnungsangebot erforderlich), andererseits die Verwaltung in der Folge eine fristgerecht mögliche Entscheidung nicht treuwidrig verzögern darf (vgl BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37). Der Senat hat sich für den Bereich des SGB XII dieser Rechtsprechung angeschlossen ( BSG vom 17.12.2014 aaO RdNr 10).

Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig. Soweit sich der Kläger gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung wendet, kann dies nicht Gegenstand einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde sein ( BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § Nr 7).

Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Zutreffend hat das LSG sowohl die im August 2019 erhobene Anfechtungsklage, gerichtet gegen den Bescheid vom 27.4.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.9.2018, als unzulässig, weil nicht fristgerecht erhoben, angesehen als auch (aus den ausgeführten Gründen) die isolierte Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Zusicherung und die Feststellungsklage wegen der Vorabklärung einzelner Anspruchselemente.

Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig; sie entspricht nicht der gesetzlichen Form. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung selbst nicht rechtswirksam vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Auch hierauf hat das LSG in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen.

Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist nach § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 28.05.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 7 SO 3894/19
Vorinstanz: SG Mannheim, vom 04.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 9 SO 2412/19