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BSG - Entscheidung vom 04.12.2020

B 1 KR 82/19 B

Normen:
SGB V § 275 Abs. 1c S. 3
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 04.12.2020 - Aktenzeichen B 1 KR 82/19 B

DRsp Nr. 2021/1905

Anspruch auf eine Aufwandspauschale nach dem SGB V Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 14. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 300 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGB V § 275 Abs. 1c S. 3; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V . Die Klägerin berechnete der Beklagten für die stationäre Behandlung der Versicherten Ma. Wa. vom 18. bis 27.8.2008 (Entbindung per Kaiserschnitt) 4010,57 Euro nach DRG (Diagnosis Related Group) O01D ("Sectio caesarea mit mehreren kompliz. Diagnosen, Schwangerschaftsdauer > 33 vollendete Wochen <SSW>, ohne intrauterine Therapie oder mit kompliz. Diagnose, 26 bis 33 SSW oder mit kompl. Diagn. oder bis 33 SSW oder mit kompl. Diagnose, ohne äußerst schw. CC"). Davon entfielen 405 Euro auf die Aufnahme des Ehemanns der Versicherten als Begleitperson im Hinblick auf deren depressive Erkrankung. Nach Überprüfung der "medizinischen Notwendigkeit der Begleitperson" durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) verrechnete die Beklagte den zunächst vollständig beglichenen Rechnungsbetrag am 10.2.2011 iHv 405 Euro mit einer die Behandlung der Versicherten Ma. Wa. betreffenden, unstreitigen Rechnung der Klägerin. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung dieser (Teil-)Vergütung und einer Aufwandspauschale von 300 Euro begehrt. Im anschließenden Gerichtsverfahren hat das SG die Beklagte zur Zahlung des restlichen Rechnungsbetrags verurteilt, im Übrigen jedoch die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf eine Aufwandspauschale zu, auch wenn die Prüfung des MDK nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrags geführt habe, da hinsichtlich der eingeklagten (Teil-)Vergütung für die Behandlung der Versicherten W2 noch keine Rechtskraft eingetreten sei(Urteil vom 11.2.2016). Das LSG hat nach Zulassung der Berufung das SG -Urteil abgeändert und die Beklagte zur Zahlung einer Aufwandspauschale von 300 Euro nebst Zinsen verurteilt. Maßgeblich sei, ob die Abrechnungsprüfung nicht zu einer objektiv feststellbaren Abrechnungsminderung geführt habe (Hinweis auf BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R - juris RdNr 10). Zudem habe die Beklagte, soweit das SG sie zur Zahlung verurteilt hat, kein Rechtsmittel eingelegt. Deshalb komme es auf die Rechtsauffassung des SG ohnehin nicht mehr an (Urteil vom 14.10.2019).

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) und der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff mwN). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Die Beklagte formuliert keine Rechtsfrage. Sie trägt lediglich vor, "die Rechtsthematik der Aufwandspauschale ist von grundsätzlicher Bedeutung". Sodann folgen allgemeine Ausführungen zum Regelungsinhalt des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG .

2. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht(vgl zB BSG vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - juris RdNr 6; BSG vom 9.5.2018 - B 1 KR 55/17 B - juris RdNr 8; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Darlegungsanforderungen vgl BVerfG <Dreierausschuss> vom 8.9.1982 - 2 BvR 676/81 - juris RdNr 8). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte benennt keinen abstrakten Rechtssatz im LSG-Urteil. Sie benennt aber auch keinen solchen des BSG , sondern trägt lediglich eine wörtlich aus dem Urteil des 3. BSG -Senats vom 18.6.2014( B 3 KR 10/13 R - SozR 4-2500 § 275 Nr 17) entnommene längere Passage vor (aaO RdNr 17 bis 23), ohne weitere Ausführungen dazu zu machen. Im Kern greift sie daher die Richtigkeit der Entscheidung des LSG an. Dies vermag die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (stRspr; vgl BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7; BSG vom 31.10.2012 - B 13 R 107/12 B - SozR 4-2600 § 43 Nr 19, RdNr 20-23).

Auch soweit die Beklagte geltend macht, dass jedenfalls die Höhe der zugesprochenen Aufwandspauschale (300 Euro anstelle von 100 Euro) nicht von der hier maßgeblichen Fassung des § 275 Abs 1c SGB V gedeckt sei, rügt sie lediglich die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung im Einzelfall.

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO , diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 , § 47 Abs 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 14.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KR 452/16
Vorinstanz: SG Hildesheim, vom 11.02.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 40 KR 691/12