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BGH - Entscheidung vom 24.09.2020

V ZR 296/19

Normen:
ZPO § 544 Abs. 2 Nr. 1

BGH, Beschluss vom 24.09.2020 - Aktenzeichen V ZR 296/19

DRsp Nr. 2020/16393

Anspruch des Klägers u.a. auf Unterlassung der Kameraüberwachung des Vorplatzes einer Garage und der Einfahrt; Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision; Erforderlicher Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer

Einer Partei ist es verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf der Grundlage neuen Vorbringens auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichenden Streitwert der Klage zu berufen, wenn sie die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen nicht beanstandet und auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts - und einer damit einhergehenden entsprechenden Beschwer - rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts - 1. Zivilsenat - vom 2. Dezember 2019 wird auf seine Kosten verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Normenkette:

ZPO § 544 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I.

Der Beklagte ist Eigentümer eines großen, parkähnlichen Anwesens an der Straße am Ufer des J. sees in P. . An einem schmalen, zum See hin breiter werdenden Flurstück am westlichen Rand seines Grundstücks lastet eine Grunddienstbarkeit, die den jeweilige Eigentümer des Grundstücks des Klägers berechtigt, das Flurstück als Geh- und Fahrweg für nicht motorisierte Fahrzeuge zu nutzen.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten, es zu unterlassen, den Vorplatz seiner Garage und die Einfahrt, die auch das Flurstück mit dem Wegerecht umfassen, mit Kameras zu erfassen, zu filmen und abzuhören, eine Stützmauer aus Feldsteinen, die 6 cm in den dort 1,60 m breiten Weg hineinragt, und eine Regenrinne an der Westseite des Wegs zu entfernen, drei näher bezeichnete, weniger als 4 m von der Grundstücksgrenze entfernt gepflanzte Bäume auf dem Grundstück zu beseitigen und den nur am Rand des Grundstücks des Beklagten befestigten Weg auch vor seinem Grundstück zu befestigen. Seine Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Verwerfung, hilfsweise Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt er seine Anträge weiter.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ).

1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend; um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (Senat, Beschlüsse vom 14. Januar 2016 - V ZR 94/15, juris Rn. 5 und vom 21. März 2019 - V ZR 127/18, WuM 2019, 349 Rn. 4).

2. Bei der Abweisung einer Klage auf Unterlassung einer Eigentumsstörung ist auf das Interesse des Klägers an der Unterlassung dieser Störung abzustellen und dieses nach § 3 ZPO zu bestimmen (Beschluss vom 14. Januar 2016 - V ZR 94/15, juris Rn. 7 mwN). Entsprechendes gilt für die Abweisung einer Klage auf Unterlassung der Störung in der Ausübung einer Dienstbarkeit. Anhaltspunkte für die Bemessung des Interesses können ein Wertverlust des Eigentums bzw. der Dienstbarkeit oder sonstige durch die behaupteten Störungen unmittelbar entstehende Nachteile sein.

3. Dass dieses Interesse einen Betrag von 20.000 € übersteigt, hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es einer Partei verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf der Grundlage neuen Vorbringens auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichenden Streitwert der Klage zu berufen, wenn sie die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen nicht beanstandet und auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts - und einer damit einhergehenden entsprechenden Beschwer - rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind (Senat, Beschlüsse vom 8. März 2017 - V ZR 238/17, NZM 2018, 845 Rn. 6 und vom 10. Januar 2019 - V ZR 130/18, WuM 2019, 286 Rn. 6 jeweils mwN).

b) So liegt es hier.

aa) Der Streitwert der Klage (der der Beschwer des Klägers entspricht) ist von den Vorinstanzen auf der Grundlage der Angaben in der Klageschrift und den Klageweiterungen in den Schriftsätzen vom 17. September 2015 und vom 15. Dezember 2015 auf insgesamt 10.000 € festgesetzt worden. Eine abweichende Festsetzung hat der Kläger zu keiner Zeit verlangt. Er hat auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts - und einer damit einhergehenden entsprechenden Beschwer - rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

bb) Den Wert seines Antrags zu 1 (Unterlassung der Videoüberwachung) hat der Kläger in der Klageschrift mit 4.000 € angegeben. Dieser Wert liegt im Rahmen des Üblichen; der Wert einer Klage auf Unterlassung einer Videoüberwachung wird je nach den Umständen des Einzelfalls im Regelfall mit Beträgen zwischen 1.000 € und 5.000 € bemessen (KG, WuM 2008, 663 : 2.000 € für Streitwert einer Klage auf Unterlassung der Videoüberwachung im Aufzug eines Miethauses; umfangreiche Nachweise bei AG Brandenburg, WuM 2019, 398 ). Außer der vagen Beschreibung des von zwei Kameras aufgenommenen Passierens der kurzen Wegstrecke entlang dem Vorplatz der Garage und der Einfahrt zu dem Anwesen des Beklagten als "Dauerüberwachung" hat der Kläger nichts Konkretes dargelegt, das eine entsprechend höhere Einschätzung erfordert hätte. Entsprechendes gilt für den Wert des Antrags zu 4 (Herstellung des Wegs vor seinem Grundstück), den der Kläger selbst im Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 unter Verweis auf ein ihm vorliegendes Angebot mit 4.000 € angegeben hat.

cc) Den Wert seines Antrags zu 3 hat der Kläger auf der Grundlage einer Wertbeeinträchtigung seines Grundstücks mit 5.500 € angegeben. Er legt aber auch jetzt nicht dar, wie sich dieser Wert berechnet und insbesondere, welchen Wert sein Grundstück gegenwärtig hat und wie sich die erstrebte Beseitigung der Bäume auf diesen Wert auswirkt. Selbst wenn man diesen Betrag dennoch berücksichtigte, ergäbe sich keine 20.000 € überschreitende Beschwer des Klägers. Er hat nämlich nicht dargelegt, dass die Abweisung seiner Anträge zu 2 (Beseitigung der Stützmauer aus Feldsteinen und der Regenrinne am befestigten Teil des Wegs) ihn in einem Maße beschwert, das den noch fehlenden Betrag von 6.500 € übersteigt. Er hat dazu lediglich auf seine Berechtigung verwiesen, den Weg in voller Breite zu nutzen, und dargelegt, dass die Regenrinne eine Stolperfalle sei. Das genügt den Anforderungen nicht und erlaubt auch keine entsprechende Schätzung durch den Senat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO . Den Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit den Vorinstanzen auf 10.000 € geschätzt (§ 3 ZPO ).

Vorinstanz: LG Potsdam, vom 18.08.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 1 O 71/16
Vorinstanz: OLG Brandenburg, vom 02.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 13/17