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BSG - Entscheidung vom 25.11.2019

B 13 R 304/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 25.11.2019 - Aktenzeichen B 13 R 304/18 B

DRsp Nr. 2020/1048

Rückwirkende Aufhebung eines Rentenbescheids Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. September 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Mit Urteil vom 26.9.2018 hat das Bayerische LSG die rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheids des Klägers und die Forderung der Beklagten, die überzahlte Altersrente zu erstatten, als rechtmäßig bestätigt.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) sowie als Verfahrensmangel die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) geltend.

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 17.1.2019 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn er hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet.

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig aufzuzeigen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19, Nr 22 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff, Nr 9 RdNr 4, jeweils mwN). Um die Klärungsbedürftigkeit aufzuzeigen, muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenkreis noch keine Entscheidung getroffen hat bzw dass sich aus der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Anhaltspunkte für dessen Beantwortung ergeben (vgl Senatsbeschluss vom 3.1.2011 - B 13 R 195/10 B - juris RdNr 9).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Beschwerdebegründung ist - anders als notwendig - bereits keine klare Rechtsfrage zur Auslegung oder zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG ) zu entnehmen. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl BSG Beschluss vom 13.4.2015 - B 12 KR 109/13 B - juris RdNr 23, stRspr). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG , den Vortrag des Klägers daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl BSG Beschluss vom 12.5.1999 - B 4 RA 181/98 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48, stRspr).

Zur Formulierung einer konkreten Rechtsfrage und auch zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit reicht es nicht, die grundsätzliche Bedeutung unter Hinweis auf eine Vielzahl von Entscheidungen, die nur mit Datum und Aktenzeichen bezeichnet sind, zu behaupten. Ebenso wenig genügt es, die "Rechtsfrage der Rückforderung" "mit Blick auf die Einjahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X " oder aus der "Klärungsbedürftigkeit des unbestimmten Rechtsbegriffs" des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 2. Alternative SGB X "in besonders schwerem Maße" anzudeuten. Da der Kläger schon keine klaren Ausführungen zu dem vom LSG festgestellten Sachverhalt sowie dazu macht, worauf das LSG jeweils materiell-rechtlich abgestellt hat, bleibt unklar, welche abstraktgenerelle Auslegungsfrage hier geklärt werden soll. Auf die vermeintliche inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG bei der Subsumtion im Einzelfall kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden. Die auf die Breitenwirkung abzielende Äußerung, wonach auch andere Leistungsbezieher "im Fall der Rückforderung der Grundsicherung anheim fallen" könnten, hilft insoweit nicht weiter. Abgesehen davon erfolgt in der Beschwerdebegründung auch keinerlei Auseinandersetzung damit, welche Anhaltspunkte der umfangreichen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den normativen Voraussetzungen des § 45 SGB X bereits entnommen werden können.

2. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine ausreichende Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz liegt hier schon deshalb nicht vor, weil der Kläger auf den Widerspruch zu einer anderen Entscheidung desselben LSG, nämlich auf das Urteil des Bayerischen LSG vom 5.4.2018 - L 19 R 136/17 -, abstellt. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG aber nur zugelassen werden, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht. Abweichende Entscheidungen eines LSG ermöglichen keine Zulassung wegen Divergenz (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 11).

3. Soweit der Kläger das Fehlen von Beweisaufnahmen insbesondere zu seiner persönlichen Situation, zur Frage des Mitverschuldens der Beklagten und zur Ermessensausübung rügt, liegt eine zulässige Verfahrensrüge nicht vor. Der Kläger erfüllt die Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge (vgl hierzu allgemein Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN) schon deshalb nicht, weil er nicht aufgezeigt hat, dass er insoweit einen Beweisantrag gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten hat. Ein im Berufungsverfahren anwaltlich vertretener Beteiligter - wie der Kläger - kann nur dann mit der Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht gehört werden, wenn er einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt. Denn nur dann hätte nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Teilsatz SGG ein Beweisantrag die Warnfunktion dahingehend erfüllt, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG ) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl Senatsbeschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - juris RdNr 10 mwN, stRspr). Dass dies geschehen sei, legt der Kläger aber nicht dar.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 26.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 19 R 38/18
Vorinstanz: SG Bayreuth, vom 11.12.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 725/13