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BSG - Entscheidung vom 14.08.2019

B 14 AS 177/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 14.08.2019 - Aktenzeichen B 14 AS 177/18 B

DRsp Nr. 2019/13871

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Ergänzung der UnbilligkeitsV Formgerechte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage

Zur Begründung einer Grundsatzrüge reicht es nicht aus, wenn eine Ergänzung der UnbilligkeitsV, die dem Risiko dauerhafter Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII entgegenwirken soll, nur ganz allgemein als bedeutsam bezeichnet wird, ohne sie einer Bewertung im Zusammenhang mit der als verfassungswidrig angesehenen Regelungssystematik zu unterziehen.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diesen allein geltend gemachten Zulassungsgrund hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Besondere Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit bestehen, wenn bereits höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer Rechtsfrage vorliegt, denn dann bedarf es ergänzend auch Ausführungen dazu, dass dieser Rechtsprechung in nicht geringem Umfang substanziell widersprochen wird oder neue (Rechts-) Entwicklungen eine weitere bzw erneute Klärung erfordern (vgl nur BSG vom 2.8.2018 - B 10 ÜG 7/18 B - RdNr 8; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGG , 1. Aufl 2017, § 160a RdNr 103 ff mwN).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger hält die Frage, ob infolge verringerter Altersrente eintretender ergänzender Bedarf an Grundsicherung im Alter nach § 42 SGB XII keine Unbilligkeit iS von § 12a SGB II iVm § 1 UnbilligkeitsV darstellt und ob die Regelungen der §§ 12a, 5 Abs 3 SGB II verfassungskonform sind, trotz der von ihm angegebenen Entscheidung des BSG vom 19.8.2015 (B 14 AS 1/15 R - BSGE 119, 271 = SozR 4-4200 § 12a Nr 1; bestätigt im Übrigen durch BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 46/15 R) für weiterhin grundsätzlich klärungsbedürftig und verweist zur Begründung auf eine teilweise kritische Besprechung dieser Entscheidung (Geiger, SGb 2016, 386 ).

Der Hinweis auf eine kritische Stimme im Schrifttum, ohne sich vertieft mit der Argumentation des BSG auseinanderzusetzen, wird den besonderen Darlegungsanforderungen schon für sich genommen nicht gerecht. Hier hätte der Kläger zudem aufzeigen müssen, warum trotz Änderung der Rechtslage mit Einfügung von § 6 UnbilligkeitsV zum 1.1.2017 durch die Erste Verordnung zur Änderung der UnbilligkeitsV vom 4.10.2016 (BGBl I 2210) noch Klärungsbedürftigkeit besteht. Diese Neuregelung sieht vor, dass die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente immer dann unbillig ist, wenn dadurch Hilfebedürftigkeit nach dem Vierten Kapitel des SGB XII eintreten würde (Satz 1), was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Betrag in Höhe von 70 % der bei Erreichen der Altersgrenze nach § 7a SGB II zu erwartenden monatlichen Regelaltersrente niedriger ist als der zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Unbilligkeit maßgebende Bedarf nach dem SGB II (Satz 2). Es reicht nicht aus, wenn der Kläger diese Ergänzung der UnbilligkeitsV, die dem Risiko dauerhafter Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII entgegenwirken soll (vgl Geiger in LPK- SGB II , 6. Aufl 2017, § 12a RdNr 18), nur ganz allgemein als bedeutsam betrachtet, ohne sie einer Bewertung im Zusammenhang mit der von ihm als verfassungswidrig angesehenen Regelungssystematik zu unterziehen.

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 19.06.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 6 AS 414/17
Vorinstanz: SG Mainz, vom 29.08.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 14 AS 759/15