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BGH - Entscheidung vom 25.09.2019

XII ZB 251/19

Normen:
BGB § 1899 Abs. 4
BGB § 1899 Abs. 4
BGB § 1899 Abs. 4

Fundstellen:
FGPrax 2020, 74
FamRZ 2020, 47
FuR 2020, 50
MDR 2020, 39
NotBZ 2020, 136
ZEV 2020, 44

BGH, Beschluss vom 25.09.2019 - Aktenzeichen XII ZB 251/19

DRsp Nr. 2019/16237

Ablehnung der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers aufgrund Sittenwidrigkeit der geplanten vertraglichen Regelung; Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach § 1899 Abs. 4 BGB

Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach § 1899 Abs. 4 BGB ist veranlasst, wenn eine Verhinderung des Betreuers konkret zu besorgen und daher zu erwarten ist, dass der Ergänzungsbetreuer von seiner Entscheidungsverantwortung Gebrauch machen muss.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 24. April 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert: 5.000 €

Normenkette:

BGB § 1899 Abs. 4 ;

Gründe

I.

Für die im Jahr 1973 geborene Betroffene ist ihre Mutter (die Beteiligte) zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung und Zustimmung zu Heil- und Pflegemaßnahmen bestellt.

Im Jahr 2001 errichteten die Eltern der Betroffenen ein privatschriftliches Testament, in dem sie unter anderem Folgendes bestimmten:

"Unser Grundgedanke ist, daß unser mühsam und unter Entbehrungen erbautes Haus, als Ganzes in der Familie erhalten bleibt.

Dabei soll sichergestellt werden, daß unsere behinderte Tochter […] nicht benachteiligt wird und alles getan wird, was zu ihrem Wohl getan werden kann.

Unsere andere Tochter […] soll aber auch nicht benachteiligt werden. Nach dem Tode eines Ehepartners soll der Überlebende alleiniger Vorerbe sein.

Nach dem Tode des Letztlebenden sollen unsere beiden Töchter […] erben.

Für [die Betroffene] soll ein Vermächtnis über das Wohnrecht des Dachgeschosses gemacht werden. Über unser noch vorhandenes Vermögen soll [die Betroffene] den Pflichtteil erhalten.

Dieses soll vor allen Dingen für folgende Ausgaben benutzt werden.

Unterhaltung und Betriebskosten des Dachgeschosses.

Falls [die Betroffene] ihr Wohnrecht nicht ausüben kann oder will, steht ihr der Anspruch in der Höhe des fiktiven bzw. tatsächlichen Miete hinsichtlich der oberen Räume des Dachgeschosses zu. Der vorhandene Nachlaß soll dazu dienen, daß [die Betroffene] ihr Leben so weiterführen kann wie bisher.

Wir ordnen bezüglich des Erbes [der Betroffenen] eine Testamentsvollstreckung nach unser beider Ableben an, so lange [die Betroffene] lebt […].

Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, nach unser beider Ableben, das Vermächtnis zu verwalten. Der vorhandene Nachlaß soll dazu dienen, daß [die Betroffene] ihr Leben so weiterführen kann, wie bisher. Der Testamentsvollstrecker soll nach Ermessen und wenn er es für erforderlich hält, aus den Erträgen und der Substanz des Vermächtnisses und der Erbschaft Sachleistungen und Vergünstigungen für [die Betroffene] erbringen […].

Wir bestimmen nach unser beider Ableben als Testamentsvollstrecker […] unsere andere Tochter […]."

Mit einem Nachtrag hierzu aus dem Jahr 2002 ordneten die Eltern der Betroffenen unter anderem weiter an, dass die Betroffene "befreiter Vorerbe" der anderen Tochter sein solle.

Nachdem der Vater der Betroffenen im Mai 2004 verstorben war, wurde für die Betroffene aufgrund notarieller Urkunde vom 22. August 2005 ein lebenslanges Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB hinsichtlich des Dachgeschosses des nun im Alleineigentum der Betreuerin stehenden Hauses in das Grundbuch eingetragen.

Im September 2018 hat die Betreuerin um Bestellung eines Ergänzungsbetreuers gebeten, um die Frage des Wohnungsrechts und die Erbfolge neu regeln zu können. Denn mit dem bestehenden Testament komme das Wohnungsrecht nur dem öffentlichen Kostenträger, nicht aber der Betroffenen - die den Unterhalt des Hauses nicht finanzieren könne - zu Gute. Daher sei neben der Löschung des bereits eingetragenen Wohnungsrechts der Abschluss eines Erbvertrags beabsichtigt, mit dem die Betroffene auf das Wohnungsrecht sowie den Nutzungsersatzanspruch bei Nichtausübung verzichte, neben ihrer Schwester zu gleichen Teilen erben und einen Mietvertrag mit der hierzu per Auflage verpflichteten Schwester über die Dachgeschossräume schließen solle.

Das Amtsgericht hat die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers abgelehnt, weil die angedachte vertragliche Regelung sittenwidrig sei. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betreuerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich diese mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die zulässige, insbesondere aufgrund der Zulassung statthafte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2011 - XII ZB 283/10 - FamRZ 2011, 1219 Rn. 13 f. und vom 19. Dezember 2012 - XII ZB 241/12 - juris Rn. 3) Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Dieses hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers sei nicht erforderlich, weil das zu genehmigende Rechtsgeschäft von vornherein nicht genehmigungsfähig sei. Denn die beabsichtigte Regelung der Erbfolge sei sittenwidrig. Anders als bei einem sog. Behindertentestament könne die Betreuerin hier nicht mehr frei über ihr Vermögen verfügen, da die Betroffene als Vermächtnisnehmerin bereits eine dinglich gesicherte Rechtsposition erworben habe. In dieser Situation stelle sich ein aktiver Verzicht der Betroffenen zu Lasten des Sozialleistungsträgers mit dem Ziel, ihre Bedürftigkeit zu erhöhen, als sittenwidrig dar. Hierdurch werde auch nicht die Testierfreiheit eingeschränkt, die nur so weit reiche, wie der Erblasser über sein Vermögen verfügen könne. Das Wohnungsrecht befinde sich jedoch bereits im Vermögen der Betroffenen. Selbst bei einer Löschung stehe ihr aus dem Vermächtnis ein Anspruch auf Bewilligung und Eintragung nach Versterben der Betreuerin zu. Das Wohnungsrecht sei einer einseitigen Verfügung der Betreuerin entzogen.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Landgericht gegebenen Begründung kann die Notwendigkeit einer Ergänzungsbetreuung nach § 1899 Abs. 4 BGB nicht verneint werden.

a) Gemäß § 1899 Abs. 4 BGB kann das Gericht mehrere Betreuer in der Weise bestellen, dass der eine die Angelegenheiten des Betreuten nur zu besorgen hat, soweit der andere verhindert ist. Die Verhinderung kann auf tatsächlicher Abwesenheit oder rechtlichen Ausschlusstatbeständen beruhen. Eine Verhinderung aus Rechtsgründen ist unter anderem gegeben, wenn der Hauptbetreuer von der Vertretung des Betreuten kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, etwa aus Gründen des § 181 BGB oder der §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1795 BGB , oder wenn das Gericht ihm die Vertretungsmacht gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 BGB entzieht (Senatsbeschluss vom 11. Januar 2017 - XII ZB 305/16 - FamRZ 2017, 549 Rn. 11 mwN).

Dabei ist die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nur dann veranlasst, wenn eine derartige Verhinderung des Betreuers konkret zu besorgen und daher zu erwarten ist, dass der Ergänzungsbetreuer von seiner Entscheidungsverantwortung Gebrauch machen muss (vgl. BayObLG FamRZ 2004, 1993 , 1994). Dies folgt allerdings nicht aus § 1896 Abs. 2 BGB (so aber z.B. BayObLG FamRZ 2004, 1993 , 1994), der normiert, dass die Betreuung dem Grunde nach und für den jeweiligen Aufgabenkreis erforderlich sein muss. Denn die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers lässt die Betreuung und den Umfang des Aufgabenkreises unberührt (Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2011 - XII ZB 283/10 - FamRZ 2011, 1219 Rn. 13 und vom 19. Dezember 2012 - XII ZB 241/12 - juris Rn. 3). Vielmehr ergibt es sich daraus, dass die Durchbrechung des in § 1897 Abs. 1 BGB verankerten Grundsatzes der Einzelbetreuung (Senatsbeschluss vom 11. Januar 2017 - XII ZB 305/16 - FamRZ 2017, 549 Rn. 11 mwN) nur bei einem entsprechend konkret absehbaren Bedarf für das Tätigwerden eines Ergänzungsbetreuers als weiterer Betreuungsperson auf der Grundlage des § 1899 Abs. 4 BGB gerechtfertigt ist.

b) Nach diesen Maßgaben hat das Landgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach § 1899 Abs. 4 BGB zu Unrecht verneint. An diesen würde es im vorliegenden Fall nämlich nur dann fehlen, wenn feststünde, dass es entweder zum Wohl der Betroffenen schon aus objektiver Sicht keiner vermögens- und erbrechtlichen Regelung bedarf oder einem solchen Bedarf eindeutig nicht mit einer zulässigen Regelung begegnet werden könnte. Beides ist hier jedoch nicht der Fall.

aa) Ausgangspunkt der von der Betreuerin an das Amtsgericht gerichteten Anregung ist ihre Befürchtung, die aktuelle rechtliche Situation mit dem bereits der Betroffenen zustehenden Wohnungsrecht sowie ggf. wechselbezüglichen (vgl. § 2270 BGB ) und in erbrechtlicher Bindung (vgl. § 2271 BGB ) erwachsenen letztwilligen Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament der Eltern der Betroffenen könnte für die Betroffene mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sein. Auch angesichts ihres Lebensalters sieht die Betreuerin die Notwendigkeit, solchen möglichen Nachteilen durch rechtliche Maßnahmen zu begegnen. Da diese jeweils rechtsgeschäftliche Erklärungen erfordern dürften, bei denen die Betreuerin nach § 181 BGB oder wegen Interessenkollision im Sinne von §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 2 BGB an der Vertretung der Betroffenen gehindert sein könnte, war die Bitte um Bestellung eines Ergänzungsbetreuers folgerichtig.

bb) Dass diese Befürchtung der Betreuerin unbegründet ist, hat das Landgericht nicht festgestellt und kann nach derzeitigem Stand auch nicht angenommen werden. Mithin lässt sich nicht verneinen, dass ein objektiver Bedarf für eine Neuregelung der vermögens- und erbrechtlichen Lage der Betroffenen besteht.

Die Betreuerin hat der Betroffenen das Wohnungsrecht bereits eingeräumt. Ob sie sich dazu, wie sie geltend gemacht hat, durch das in dem gemeinschaftlichen Testament angeordnete Vermächtnis veranlasst sah - das nach dem Wortlaut des Testaments allerdings wohl erst mit dem Tod des letztversterbenden Elternteils anfallen sollte - oder aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung, ist ungeklärt. Auf welchem Rechtsgrund die Bestellung des Wohnungsrechts beruht, ist aber für die Frage von Bedeutung, inwieweit im Falle der Nichtausübung des Wohnungsrechts durch die Betroffene ein Zugriff des Sozialleistungsträgers auf Zahlungsansprüche der Betroffenen erfolgen könnte.

Nach dem Vermächtnis steht der Betroffenen bei Nichtausübung des Wohnungsrechts ein Anspruch auf eine fiktive oder die tatsächlich erzielte Miete für das Dachgeschoss zu. Insoweit sind eventuelle Erträge jedoch ausdrücklich unter die mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehene Testamentsverwaltung gestellt und damit im Wege des - auch nach Ansicht des Landgerichts - wirksamen Behindertentestaments (vgl. dazu etwa Senatsbeschlüsse vom 10. Mai 2017 - XII ZB 614/16 - FamRZ 2017, 1259 Rn. 12 und vom 24. Juli 2019 - XII ZB 560/18 - zur Veröffentlichung bestimmt) dem Zugriff des Sozialleistungsträgers grundsätzlich entzogen. Bei einem auf schuldrechtlicher Grundlage eingeräumten Wohnungsrecht dürfte eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, dass der Eigentümer verpflichtet ist, bei Nichtausübung des Wohnungsrechts die Räume entweder zu vermieten oder der Betroffenen die Vermietung zu gestatten, und daraus folgend bei Nichtvermietung ein Nutzungsentgelt in Höhe der fiktiven Miete zu zahlen, im Zweifel zwar nicht in Betracht kommen (vgl. BGH Versäumnisurteil vom 9. Januar 2009 - V ZR 168/07 - FamRZ 2009, 598 Rn. 18 ff.). Hingegen könnte eine ergänzende Vertragsauslegung durchaus einen Anspruch der Betroffenen auf Auskehr von für die Räume erzielten Mieteinnahmen ergeben (vgl. BGH Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 163/06 - FamRZ 2007, 632 , 634 f. mwN), der dann nicht unter die Testamentsvollstreckung fiele und auf den der Sozialleistungsträger daher zugreifen könnte.

Demnach besteht jedenfalls insoweit die Möglichkeit, dass das von den Eltern mit dem gemeinschaftlichen Testament ausdrücklich verfolgte Ziel verfehlt wird, ein Profitieren der Betroffenen vom elterlichen Vermögen unter Ausschluss des Sozialleistungsträgers sicherzustellen.

cc) Es kann auch nicht eindeutig festgestellt werden, dass eine rechtsgeschäftliche Regelung, mit der das von der Betreuerin jetzt verfolgte Ziel, die künftige wirtschaftliche Situation der Betroffenen zu verbessern, in rechtlich zulässiger Weise erreicht werden könnte, von vornherein ausscheidet.

(1) Dem Landgericht kann bereits nicht darin gefolgt werden, dass es seine Erwägungen zur Sittenwidrigkeit nur auf die in der Anregung der Betreuerin skizzierte vertragliche Regelung bezogen hat. Welche Regelungen im Einzelnen getroffen werden sollen, hätte vielmehr ein zu bestellender Ergänzungsbetreuer noch zu prüfen. Erst wenn dieser sich allein mit Blick auf das Wohl der Betroffenen (vgl. § 1901 Abs. 2 BGB ) für eine bestimmte Regelung entschieden und zudem mit der Betreuerin eine entsprechende rechtsgeschäftliche Übereinkunft gefunden hat, stellt sich im Zuge der ggf. nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1821 , 1822 BGB erforderlichen Genehmigung die Frage nach der Sittenwidrigkeit dieses ganz konkreten Rechtsgeschäfts. Dass es im vorliegenden Fall ausnahmsweise nur eine einzige - nämlich die von der Betreuerin derzeit angedachte - Regelungsmöglichkeit gibt, hat das Landgericht nicht festgestellt. Daher kann dahinstehen, ob die in der angegriffenen Entscheidung enthaltene rechtliche Einschätzung zur Sittenwidrigkeit der von der Betreuerin beabsichtigten Regelung zutrifft.

(2) Es ist auch nicht erkennbar, dass jede rechtsgeschäftliche Regelung, die der von der Betreuerin verfolgten Zielsetzung zu dienen geeignet ist, dem Verdikt der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB unterfallen würde.

So wäre vorliegend zu prüfen, ob der Betreuerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Rückgewähr des der Betroffenen bereits übertragenen Wohnungsrechts zusteht. Dies könnte der Fall sein, wenn die Übertragung in Erfüllung eines vermeintlich bereits entstandenen, tatsächlich aber erst mit dem Tod der Betreuerin anfallenden Vermächtnisses erfolgt sein sollte. Bei Bestehen eines solchen Anspruchs hätte die Betroffene eine Löschungsbewilligung zu erteilen. Im Übrigen ist ein Verzicht auf das Wohnungsrecht ohnehin nicht generell ausgeschlossen, sondern kommt etwa dann in Betracht, wenn ein Betroffener das Wohnungsrecht auf Dauer nicht mehr ausüben wird (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 479/11 - FamRZ 2012, 967 Rn. 7 ff. mwN).

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Landgericht entgegen dem Wortlaut des Testaments ersichtlich davon ausgegangen ist, der der Betroffenen vermächtnisweise zugedachte Zahlungsanspruch bei Nichtausübung des Wohnungsrechts bzw. die daraus erzielten Einnahmen unterlägen nicht der Testamentsvollstreckung. Schließlich weist die Rechtsbeschwerde jedenfalls im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass mit der Vermächtnisanordnung als solcher unabhängig von §§ 2270 , 2271 BGB noch keine gesicherte Rechtsposition verbunden ist. Denn auch wenn Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Erben eingesetzt haben, einer dritten Person durch eine wechselbezügliche Verfügung ein Vermächtnis zugewendet haben, das nach dem Tode des Überlebenden erfüllt werden soll, wird nicht gewährleistet, dass der Dritte auch in den Genuss des vermachten Gegenstands kommt. Vielmehr kann der überlebende Ehegatte durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden weiterhin grundsätzlich uneingeschränkt über sein Vermögen verfügen (vgl. BGHZ 26, 274 = NJW 1958, 547 , 548). Ob dies hier mit Blick auf die Vorerbenstellung der Betreuerin anders zu beurteilen ist, bedarf keiner Erörterung.

3. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen. Dieses wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu über die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zu befinden haben.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG ).

Vorinstanz: AG Winsen (Luhe), vom 11.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 14 XVII A 12
Vorinstanz: LG Lüneburg, vom 24.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 8 T 12/19
Fundstellen
FGPrax 2020, 74
FamRZ 2020, 47
FuR 2020, 50
MDR 2020, 39
NotBZ 2020, 136
ZEV 2020, 44