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BGH - Entscheidung vom 27.03.2018

1 StR 461/17

Normen:
StPO § 356a

BGH, Beschluss vom 27.03.2018 - Aktenzeichen 1 StR 461/17

DRsp Nr. 2018/5680

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung des Revisionsvortrags und Nachreichung von Beweismitteln

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, um weiteren ergänzenden Revisionsvortrag anbringen und Beweismittel nachreichen zu können, ist unzulässig, wenn das Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist und eine Fristversäumung nicht vorliegt.

Tenor

1.

Der Antrag des Verurteilten vom 7. März 2018 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiteren Revisionsvortrags wird verworfen.

2.

Der Antrag des Verurteilten vom 8. März 2018 auf Beiordnung von Rechtsanwalt D. als Pflichtverteidiger wird zurückgewiesen.

3.

Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 7. März 2018 gegen den Beschluss des Senats vom 22. Februar 2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Normenkette:

StPO § 356a;

Gründe

Der Senat hat die Revision des Verurteilten mit Beschluss vom 22. Februar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Dagegen wendet sich der Verurteilte mit der durch seinen Verteidiger beantragten Wiedereinsetzung in den Stand vor Verwerfung der Revision und der (fristgemäß erhobenen) Anhörungsrüge vom 7. März 2018 und führt die Sachrüge weiter aus.

Er meint, sein Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei in entscheidungserheblicher Weise mehrfach verletzt worden, weil der dem Urteil erster Instanz zugrunde liegende Sachverhalt weder in Deutschland noch in Lettland ausermittelt worden sei und sich der Senat, wie die Kürze seiner Entscheidung und das Fehlen einer Begründung zeigten, mit seinen ausführlichen Revisionsbegründungen vom 23. Juni 2017 und vom 26. Juni 2017 nicht ausreichend auseinandergesetzt habe, seine angebotenen Beweismittel nicht berücksichtigt und keine Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme, insbesondere mit Vernehmung verschiedener Belastungszeugen, durchgeführt habe. Mit Antrag vom 24. Januar 2018 habe er zudem mitgeteilt, dass "noch weitere Einlassung" zur Sachrüge sowie "Stellungnahme" zum Schriftsatz des Generalbundesanwalts vom 15. Dezember 2017 und zur "Revisionserklärung" der Staatsanwaltschaft vom 13. Juli 2017 erfolgen werde und habe im Hinblick darauf, dass "noch weitere Sachverhaltsermittlungen in Lettland durchgeführt werden", um eine "großzügige Frist" gebeten. Der Senat hätte mit der Entscheidung noch zuwarten müssen bis die von der Verteidigung angeforderten weiteren "Erkenntnisse" und Beweismittel aus Lettland eingegangen und von der Verteidigung ausgewertet seien.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, um weiteren ergänzenden Revisionsvortrag anbringen und Beweismittel nachreichen zu können, ist unzulässig, weil das Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. November 2011 - 1 StR 528/11 Rn. 3; vom 13. August 1969 - 1 StR 124/69, BGHSt 23, 102 , 103 und vom 17. Januar 1962 - 4 StR 392/61, BGHSt 17, 94 , 97) und weil das Gesetz die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur für den Fall vorsieht, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO ). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor.

2. Der Antrag des Verurteilten, ihm für das Verfahren gemäß § 356a StPO Rechtsanwalt D. als Pflichtverteidiger beizuordnen, ist zurückzuweisen. Dem Verurteilten war bereits im Strafverfahren Rechtsanwalt D. beigeordnet worden. Diese Pflichtverteidigerbestellung wirkte im Verfahren nach § 356a StPO fort (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 559/16 Rn. 12; vom 24. Oktober 2005 - 5 StR 269/05, BGHR StPO § 356a Verteidiger 1 und vom 12. Mai 2010 - 1 StR 530/09, wistra 2010, 312 Rn. 5).

3. Die Anhörungsrüge nach § 356a StPO ist unbegründet. Das rechtliche Gehör wurde nicht verletzt.

Die Revisionsbegründungsschriften vom 23. Juni 2017 und vom 26. Juni 2017 waren Gegenstand der Senatsberatung. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen.

Der Senat hat auf Ersuchen des Verurteilten vom 24. Januar 2018 mit der Entscheidung weitere vier Wochen bis zum 22. Februar 2018 zugewartet. Nachdem nach Zustellung der Antragsschrift des Generalbundesanwalts mehr als zwei Monate vergangen sind, kann keine Rede davon sein, dass mit der Entscheidung nicht angemessene Zeit gewartet worden wäre. Zudem verkennt der Revisionsführer, dass das Revisionsgericht von Gesetzes wegen die Beweisaufnahme nicht wiederholen darf und daher außer Stande ist, aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Urteils selbst aufgrund einer eigenen Beweisaufnahme zu überprüfen. Deshalb darf urteilsfremdes Vorbringen in Gestalt noch nicht bekannter oder neuer Ermittlungsergebnisse im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Für die Revisionsinstanz sind daher die vom Revisionsführer angekündigten weiteren "Erkenntnisse" und Beweismittel aus Lettland ohne Belang und daher nicht abzuwarten.

Aus dem Umstand, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht ausführlich begründet hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden. Die Vorschrift des § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses vor. Die für die Zurückweisung des Rechtsmittels maßgeblichen Gründe ergeben sich im Verfahren nach § 349 Abs. 2 StPO mit ausreichender Klarheit aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und dem Inhalt der Antragsschrift des Generalbundesanwalts (vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 521/13 Rn. 18 mwN). Eine weitere Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 1 StR 82/14 Rn. 7 [in NStZ-RR 2014, 222 nur redaktioneller Leitsatz] mwN; BVerfG, Beschluss vom 23. August 2005 - 2 BvR 1066/05, NJW 2006, 136 ; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11, wistra 2014, 434 Rn. 13 ff. mwN). Das gilt auch dann, wenn in einer Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts die Sachrüge weiter ausgeführt wird. Einer Mitteilung des Gerichts, warum es die nachgeschobene Beanstandung für unbegründet erachtet, bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 1 StR 82/14 Rn. 8 [in NStZ-RR 2014, 222 nur redaktioneller Leitsatz] mwN).

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - 1 StR 207/15 Rn. 9).