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BGH - Entscheidung vom 05.06.2018

XI ZR 610/17

Normen:
ZPO § 78b Abs. 1

BGH, Beschluss vom 05.06.2018 - Aktenzeichen XI ZR 610/17

DRsp Nr. 2018/8826

Beiordnung eines Notanwalts für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bei Beendigung des Mandats bzgl. Verschuldens der Partei

Hat die Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Die Bestellung eines Notanwalts kann nicht deshalb verlangt werden, weil der zur Vertretung bereite Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. September 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis 25.000 €.

Normenkette:

ZPO § 78b Abs. 1 ;

Gründe

1. Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO ist unbegründet.

Nach § 78b Abs. 1 ZPO hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

a) Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dabei hat die Partei darzulegen, dass die Beendigung des Mandats nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2013 - III ZR 122/13, WM 2014, 425 Rn. 9, vom 24. Juni 2014 - VI ZR 226/13, NJW 2014, 3247 Rn. 2, vom 5. Juli 2017 - XII ZR 11/17, MDR 2017, 1070 Rn. 7, vom 9. Januar 2018 - XI ZR 547/17, juris Rn. 2, vom 6. Februar 2018 - XI ZR 173/17, juris Rn. 9 und vom 8. Februar 2018 - IX ZR 155/17, juris Rn. 2).

Hieran fehlt es. Die Bestellung eines Notanwalts kann nicht deshalb verlangt werden, weil der zur Vertretung bereite Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2013 - III ZR 122/13, WM 2014, 425 Rn. 12 mwN, vom 27. Oktober 2015 - XI ZR 236/15, juris Rn. 4, vom 5. Juli 2017 - XII ZR 11/17, MDR 2017, 1070 Rn. 8, vom 6. Februar 2018 - XI ZR 173/17, juris Rn. 10 und vom 8. Februar 2018 - IX ZR 155/17, juris Rn. 3).

b) Im Übrigen ist die Rechtsverfolgung aussichtslos. Aussichtslosigkeit ist immer dann gegeben, wenn ein günstiges Ergebnis der beabsichtigten Rechtsverfolgung auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann (BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 - XI ZR 5/12, juris Rn. 1 und vom 8. Februar 2018 - IX ZR 155/17, juris Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Auch ein zugelassener, der Klägerin zur Rechtsverfolgung beigeordneter Rechtsanwalt wäre nicht in der Lage, deren Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf die Darlegung von Zulassungsgründen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgreich zu begründen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtssache eine über den Streit der Parteien hinausgehende grundsätzliche Bedeutung hätte oder die Streitentscheidung durch das Revisionsgericht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre. Von einer näheren Begründung der Entscheidung wird insoweit entsprechend § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012, aaO Rn. 2 und vom 8. Februar 2018, aaO Rn. 5).

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen. Sie ist zwar form- und fristgerecht eingelegt, jedoch nicht innerhalb der vom Vorsitzenden zuletzt bis zum 22. März 2018 verlängerten Frist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden.

Vorinstanz: LG Gießen, vom 12.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 250/16
Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 18.09.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 19 U 30/17