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BSG - Entscheidung vom 25.07.2017

B 8 SO 14/17 BH

Normen:
SGB XII § 18 Abs. 1
SGB XII § 35 Abs. 2 S. 5
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 25.07.2017 - Aktenzeichen B 8 SO 14/17 BH

DRsp Nr. 2017/14452

SGB-XII -Leistungen Übernahme von Umzugskosten Grundsatzrüge Bereits geklärte Rechtsfrage

1. Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Umzugskosten übernommen werden können, hat sich der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 15.11.2012 - B 8 SO 25/11 R - befasst, dort aber offengelassen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörde bei ihrer Entscheidung über die Erteilung einer Zusicherung Ermessen auszuüben hat und ob die Erteilung einer Zusicherung überhaupt materiellrechtlich Voraussetzung für die Kostenübernahme ist. 2. Stützt das LSG seine Entscheidung nicht nur auf eine noch nicht höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage, sondern auch auf eine Alternativbegründung, muss ein Zulassungsgrund auch bezogen auf die Alternativbegründung geltend gemacht werden können, um die für die Bewilligung von PKH erforderliche Erfolgsaussicht bejahen zu können.

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 2017 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGB XII § 18 Abs. 1 ; SGB XII § 35 Abs. 2 S. 5; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Im Streit ist die Übernahme bzw Erstattung von Umzugskosten in Höhe von 902,95 Euro.

Die Klägerin bezog ab Januar 2006 bis 31.12.2012 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - ( SGB II ) vom Jobcenter L.. Mit diesem führte die Klägerin während des gesamten Leistungszeitraums zahlreiche Rechtsstreitigkeiten, insbesondere über die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft (KdU). Ab 1.1.2013 bezog die Klägerin vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ). Zum 1.8.2013 zog sie von L. nach S. um und mietete dort eine nach den Maßstäben des Beklagten kostenangemessene Wohnung (45 qm, Kaltmiete 290 Euro; Nebenkosten 160 Euro). Den Umzug teilte sie dem Beklagten am 9.8.2013 mit und beantragte am 4.9.2013 erfolglos die Übernahme von Umzugskosten in Höhe von 902,95 Euro (Bescheid vom 12.9.2013; Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013). Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.10.2014; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts [LSG] vom 21.2.2017). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, zwar sei der Umzug durch den Beklagten veranlasst, weil er die Klägerin bereits am 29.1.2013 zur Kostensenkung aufgefordert habe. Ein Anspruch auf Kostenübernahme bestehe aber dennoch nicht, weil es an einer vorherigen Übernahmeentscheidung und der Kenntnis des Beklagten von dem Bedarf gefehlt habe. Die Klägerin habe die Kosten erst geltend gemacht, nachdem sie umgezogen sei. Im Übrigen seien die Unterlagen nicht ausreichend, um zu überprüfen, ob die Kosten überhaupt sozialhilferechtlich angemessen und erforderlich gewesen seien.

Die Klägerin hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung ua hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] iVm § 114 Zivilprozessordnung [ZPO]). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.

Anhaltspunkte dafür, dass ein Rechtsanwalt mit Erfolg eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen könnte, bestehen nicht. Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Umzugskosten übernommen werden können, hat sich der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 15.11.2012 - B 8 SO 25/11 R - ( BSG SozR 4-3500 § 35 Nr 3) befasst, dort aber offengelassen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörde bei ihrer Entscheidung über die Erteilung einer Zusicherung Ermessen auszuüben hat und ob die Erteilung einer Zusicherung überhaupt materiellrechtlich Voraussetzung für die Kostenübernahme ist. Diese Rechtsfragen und die Frage, ob - wie das LSG meint - dem Kenntnisgrundsatz (§ 18 SGB XII ) neben dem Tatbestandsmerkmal der "vorherigen Zustimmung" (§ 35 Abs 2 Satz 5 SGB XII ) überhaupt eigenständige Bedeutung zukommt oder - wie die Klägerin meint - der Beklagte uneingeschränkt zur Kostenübernahme verpflichtet ist, wenn nur die Angemessenheit der Kosten zu bejahen sei, stellen sich vorliegend aber nicht. Denn das LSG hat seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass die Klägerin die zur Prüfung der Kostenangemessenheit des Umzugs erforderlichen Nachweise nicht erbracht hat. Stützt das LSG seine Entscheidung aber nicht nur auf die noch nicht höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage, sondern auch auf eine Alternativbegründung, muss ein Zulassungsgrund auch bezogen auf die Alternativbegründung geltend gemacht werden können, um die für die Bewilligung von PKH erforderliche Erfolgsaussicht bejahen zu können. Hieran fehlt es. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass ein Rechtsanwalt mit Erfolg die in § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG normierten Voraussetzungen einer Sachaufklärungsrüge geltend machen könnte.

Anhaltspunkte dafür, dass sich weitere Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen oder Verfahrensmängel mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnten, bestehen ebenso wenig wie dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte.

Mit der Ablehnung der PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 21.02.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 8 SO 113/15
Vorinstanz: SG Augsburg, vom 28.10.2014 - Vorinstanzaktenzeichen S 3 SO 115/13