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BSG - Entscheidung vom 29.08.2017

B 14 AS 60/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 153 Abs. 4 S. 1

BSG, Beschluss vom 29.08.2017 - Aktenzeichen B 14 AS 60/17 B

DRsp Nr. 2017/14660

Nichtzulassungsbeschwerde Verfahrensrüge Zurückweisung einer Berufung ohne mündliche Verhandlung Ermessensentscheidung Schwierigkeit der Sache in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht

1. Die Entscheidung, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG zurückzuweisen, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts und kann nur auf fehlerhaften Gebrauch, d.h. sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzung, überprüft werden. 2. Wesentliche Kriterien für die vom LSG insoweit zu treffende Ermessensentscheidung sind die Schwierigkeit der Sache in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht. 3. Ist bei Abwägung aller zu berücksichtigenden Umstände die Wahl des vereinfachten Verfahrens ohne mündliche Verhandlung gegen den ausdrücklichen Willen eines Beteiligten unter keinen Umständen zu rechtfertigen, liegt eine grobe Fehleinschätzung im obigen Sinne vor.

Die Beschwerden der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Dezember 2016 werden als unzulässig verworfen.

Die Anträge der Klägerinnen, ihnen für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen, werden abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 153 Abs. 4 S. 1;

Gründe:

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG ), weil der zu ihrer Begründung allein angeführte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schlüssig dargelegt ist.

Der Vortrag der Klägerinnen, das LSG habe fehlerhaft durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Beschwerdebegründung. Die Entscheidung, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG zurückzuweisen, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Beru- fungsgerichts und kann nur auf fehlerhaften Gebrauch, dh sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzung, überprüft werden ( BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13; SozR 4-1500 § 153 Nr 7). Wesentliche Kriterien für die vom LSG insoweit zu treffende Ermessensentscheidung sind die Schwierigkeit der Sache in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht (stRspr: vgl nur BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 33/15 R - juris, RdNr 12). Ist bei Abwägung aller zu berücksichtigenden Umstände die Wahl des vereinfachten Verfahrens ohne mündliche Verhandlung gegen den ausdrücklichen Willen eines Beteiligten unter keinen Umständen zu rechtfertigen, liegt eine grobe Fehleinschätzung im obigen Sinne vor (stRspr: vgl nur BSG vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - juris, RdNr 13).

Dass es hier so liegt, wie mit den Beschwerden gerügt wird, ist nicht schlüssig aufgezeigt. Dass über die Sache aus Gründen der tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeit unter keinen Umständen im schriftlichen Verfahren entschieden werden durfte, machen sie selbst nicht geltend. Und soweit die Beschwerdebegründung annimmt, dass der Entscheidung für das vereinfachte Verfahren "nur sachfremde Überlegungen zugrunde gelegen haben" können, fehlt dafür jeder substantiierte Anhaltspunkt. Der dafür allein angeführte zeitliche Abstand von anderthalb Jahren zwischen Anhörungsmitteilung (§ 153 Abs 4 Satz 2 SGG ) und Beschluss ist offenkundig ungeeignet, von sachfremden, dh in keiner sachlich zu rechtfertigenden Beziehung zu der getroffenen Entscheidung stehenden Motiven des LSG ausgehen zu können.

PKH gemäß § 73a SGG iVm § 114 ZPO ist den Klägerinnen nicht zu bewilligen, nachdem die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 29.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 5 AS 1557/13
Vorinstanz: SG Berlin, vom 30.04.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 75 AS 36225/09