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BSG - Entscheidung vom 14.07.2017

B 4 AS 63/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 14.07.2017 - Aktenzeichen B 4 AS 63/17 B

DRsp Nr. 2017/13946

Grundsicherungsleistungen Kosten der Unterkunft und Heizung Nichtzulassungsbeschwerde Divergenzrüge Einander widersprechende abstrakte Rechtssätze

1. Eine Divergenz i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG setzt voraus, dass einerseits ein abstrakter tragender Rechtssatz der anzufechtenden Entscheidung und andererseits ein der Entscheidung eines der dort genannten Gerichte zu entnehmender abstrakter Rechtssatz nicht übereinstimmen. 2. Ein abstrakter Rechtssatz liegt nur vor bei fallübergreifender, nicht lediglich auf Würdigung des Einzelfalls bezogener rechtlicher Aussage.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

I

Streitig ist die Übernahme von weiteren Aufwendungen als Unterkunftskosten iS des SGB II für den Zeitraum vom 4.12.2006 bis zum 18.10.2007 durch das beklagte Jobcenter. Betroffen sind Zahlungsverpflichtungen des Klägers aus einem zeitgleich mit dem Mietvertrag im Jahre 2003 vereinbarten Darlehensvertrag mit seinem Vermieter. Hiernach hatte er einen Teil des vereinbarten Mietzinses als Darlehen an den Vermieter zu zahlen. Für den Fall der vorzeitigen separaten Beendigung des Darlehensvertrags war festgelegt, dass der monatliche Mietzinsanspruch des Vermieters sich automatisch um den entsprechend entfallenden Darlehensbetrag erhöhen sollte. Der Beklagte übernahm als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) nur die reduzierte Miete ohne die monatliche Darlehensbereitstellung. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, mit der er eine Divergenz der Entscheidung des LSG zu dem Urteil des BSG vom 19.8.2015 (B 14 AS 13/14 R) geltend macht.

II

Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die allein als Zulassungsgrund geltend gemachte Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde ist daher nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Zwar hat der Kläger in der Beschwerdebegründung eine Entscheidung des 14. Senats des BSG benannt, von der die Entscheidung des LSG abweichen soll und ausgeführt, worin die Abweichung zu sehen sein soll. Eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt aber voraus, dass einerseits ein abstrakter tragender Rechtssatz der anzufechtenden Entscheidung und andererseits ein der Entscheidung eines der dort genannten Gerichte zu entnehmender abstrakter Rechtssatz nicht übereinstimmen. Ein abstrakter Rechtssatz liegt nur vor bei fallübergreifender, nicht lediglich auf Würdigung des Einzelfalls bezogener rechtlicher Aussage ( BSG vom 2.2.2011 - B 13 R 381/10 B - RdNr 9; BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34).

Der Kläger trägt vor, das LSG habe den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass es für die Anerkennung einer unvermeidbaren monetären Aufwendung allein auf eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung ankomme. Demgegenüber enthalte das Urteil des 14. Senats des BSG die Aussage, dass für die Anerkennung als Leistungen für KdUH allein entscheidend sei, ob die Aufwendungen der Sicherung des mit § 22 SGB II verfolgten Zwecks des "Schutzes der Wohnung" zur Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und eines räumlichen Lebensmittelpunktes dienten. Warum hierin eine Abweichung im Grundsätzlichen - etwa im Sinne eines generellen Verzichts auf die Prüfung von vertraglichen Verpflichtungen für Unterkunftsaufwendungen liegen soll - hat er jedoch nicht näher erläutert. Dies hätte jedoch schon deshalb nahegelegen, weil der 14. Senat in dem entschiedenen Sachverhalt gerade eine weitere Sachaufklärung zu den Inhalten der Übereinkunft gefordert hat, die der vereinbarten Nutzungsentschädigung mit der getrennt lebenden Ehefrau zugrunde lag ( BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 13/14 R - BSGE 119, 265 = SozR 4-4200 § 22 Nr 86, RdNr 19 ff).

Weiter sieht der Kläger eine Abweichung der angefochtenen Berufungsentscheidung zu einer von ihm herausgestellten Aussage in dem zitierten Urteil des 14. Senats vom 19.8.2015, wonach bei schon vorhandenem Vermögen dieses nur dann als verwertbares Vermögen zu berücksichtigen sei, wenn eine Verwertung binnen sechs Monaten, prognostiziert ab Beginn des Bewilligungszeitraums möglich sei. Es ist jedoch nicht dargetan, inwieweit die einander gegenübergestellten Aussagen im Zusammenhang stehen, weil die unterschiedlichen Prüfungspunkte der Berücksichtigung von Aufwendungen als Bedarf für KdUH und der Berücksichtigung von anrechenbarem Vermögen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung betroffen sind. Unabhängig hiervon ist auch nicht ausreichend dazu vorgetragen, dass die angefochtene Entscheidung auf den behaupteten Abweichungen beruhen kann. Dabei ist von der Rechtsauffassung des LSG auszugehen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 15 ff). Der Kläger hat selbst behauptet, dass sowohl das Berufungsgericht als auch das BSG in der von ihm zitierten Entscheidung davon ausgegangen seien, dass es sich bei den für die Wohnraumerhaltung geltend gemachten Aufwendungen um erforderliche und notwendige Auslagen handeln müsse. Vor diesem Hintergrund hätte er sich damit auseinandersetzen müssen, dass das Berufungsgericht eine Trennung des Mietvertrags von dem Darlehensvertrag und jederzeitige Erreichbarkeit der Übernahme des vollständigen Unterkunftsbedarfs durch Kündigung des Darlehensvertrags festgestellt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 20.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 15 AS 275/14
Vorinstanz: SG Bremen, vom 28.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 22 AS 973/11