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BSG - Entscheidung vom 24.05.2017

B 11 AL 2/17 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 24.05.2017 - Aktenzeichen B 11 AL 2/17 BH

DRsp Nr. 2017/9714

Arbeitslosengeld Aufklärung der Erwerbsfähigkeit Nichtzulassungsbeschwerde Mehrere Streitgegenstände

1. Nach § 160 Abs. 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). 2. Das Vorliegen von Zulassungsgründen ist ausgehend von mehreren Streitgegenständen zu beurteilen, bei denen die Zulässigkeit von Rechtsmitteln hinsichtlich jedes Streitgegenstandes grundsätzlich eigenständig zu beurteilen ist, zumal ein Rechtsmittel auf einen von mehreren Streitgegenständen beschränkt werden kann. 3. Insbesondere hat grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ) eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.

Der Antrag des Klägers, ihm für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Januar 2017 - L 14 AL 234/14 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg bis zur Aufhebung der Leistung wegen der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit Wirkung ab 1.4.2013. Den Antrag des Klägers, ihn aus dem Vermittlungsbudget durch Übernahme der Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch am 18.10.2012 bei der D. zu fördern, lehnte die Beklagte ab. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klage auf Erbringung von Reisekosten aus dem Vermittlungsbudget sei unzulässig, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und sich verpflichtet habe, den Antrag des Klägers von September 2012 erneut zu bescheiden. Das Begehren des Klägers auf Feststellung des Bestehens/Nichtbestehens einer dauerhaften und vollständigen Erwerbsminderung habe das SG zu Recht als unzulässig abgewiesen.

II

Dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat; dies ist hier nicht der Fall.

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Das Vorliegen von Zulassungsgründen ist hier ausgehend von mehreren Streitgegenständen zu beurteilen, bei denen die Zulässigkeit von Rechtsmitteln hinsichtlich jedes Streitgegenstandes grundsätzlich eigenständig zu beurteilen ist, zumal ein Rechtsmittel auf einen von mehreren Streitgegenständen beschränkt werden kann ( BSG Beschluss vom 18.4.2016 - B 14 AS 150/15 BH, juris RdNr 6 mwN). Es ist aber weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg einen derartigen Zulassungsgrund begründen könnte.

Insbesondere hat grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Bezogen auf die Übernahme der Reisekosten steht einer Klärungsfähigkeit der Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen aus dem Vermittlungsbudget - unbesehen der Zulässigkeit der Berufung bezogen auf diesen Streitgegenstand - entgegen, dass die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass das Rechtsschutzbedürfnis bezogen auf diesen Streitgegenstand damit entfallen ist. Es ist nicht erkennbar, inwiefern ein zugelassener Prozessbevollmächtigter insofern Gründe für eine Zulassung der Berufung geltend machen könnte, zumal der Kläger - wie vom LSG ausgeführt - seinen Klageantrag in der ersten Instanz umgestellt hat und nur noch die Überprüfung der Gutachten aus den Jahren 2009 und 2011 dahingehend beantragt hat, ob er dauerhaft und vollständig erwerbsgemindert gewesen ist.

Auch bezogen auf das von dem Kläger weiter verfolgte Begehren auf Feststellung des Bestehens/Nichtbestehens einer dauerhaften und vollständigen Erwerbsminderung sind keine grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen kann, erkennbar. Unbesehen prozessualer Fragen könnte ein zugelassener Prozessbevollmächtigter schon deshalb nicht mit Erfolg eine Nichtzulassungsbeschwerde begründen, weil bereits dem Wortlaut des § 145 Abs 1 S 2 SGB III zu entnehmen und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG geklärt ist, dass die Entscheidungskompetenz für die Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit bei dem Rentenversicherungsträger liegt. Die Bundesagentur für Arbeit ist insoweit nicht entscheidungsberechtigt. Erst mit der Feststellung des Rentenversicherungsträgers zum Vorliegen von verminderter Erwerbsfähigkeit oder deren Nichtvorliegen entfällt die Sperrwirkung des § 145 SGB III (vgl nur BSG vom 9.9.1999 - B 11 AL 13/99 R - BSGE 84, 262 = SozR 3-4100 § 105a Nr 7). Die Aufklärung der Erwerbsfähigkeit des Klägers ist jedoch weiterhin Gegenstand des beim SG Berlin anhängigen Verfahrens S 19 R 4068/13.

Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 10.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 14 AL 234/14
Vorinstanz: SG Berlin, vom 05.09.2014 - Vorinstanzaktenzeichen S 80 AL 7904/12