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BGH - Entscheidung vom 18.01.2017

XII ZB 544/15

Normen:
FamFG §§ Abs. 2 Nr. 1; 59 Abs. 1, 172, 184 Abs. 3
FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1
FamFG § 59 Abs. 1
FamFG § 172
FamFG § 184 Abs. 3
FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1
FamFG § 59 Abs. 1
FamFG § 172
FamFG § 184 Abs. 3

Fundstellen:
AnwBl 2017, 673
FamRB 2017, 179
FamRZ 2017, 623
FuR 2017, 260
MDR 2017, 478
ZEV 2017, 354

BGH, Beschluss vom 18.01.2017 - Aktenzeichen XII ZB 544/15

DRsp Nr. 2017/2792

Bindung das Beschwerdegerichts an die der aufhebenden Beschwerdeentscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung nach Aufhebung und Zurückverweisung an das Ausgangsgericht; Beschwerdeberechtigung der Ehefrau des Verstorbenen in einem postmortalen Vaterschaftsfeststellungsverfahren

a) Nach Aufhebung und Zurückverweisung an das Ausgangsgericht ist auch das Beschwerdegericht grundsätzlich an die der aufhebenden Beschwerdeentscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung gebunden (im Anschluss an BGHZ 15, 122 und 25, 200 ).b) In einem postmortalen Vaterschaftsfeststellungsverfahren ist die Ehefrau des Verstorbenen grundsätzlich nicht beschwerdeberechtigt, auch wenn sie im erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden ist (Abgrenzung zu BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067 ).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 4. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 23. Oktober 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 2.000 €

Normenkette:

FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1 ; FamFG § 59 Abs. 1 ; FamFG § 172 ; FamFG § 184 Abs. 3 ;

Gründe

A.

Der Antragsteller, der im Jahr 1959 als Sohn der zum Zeitpunkt der Geburt ledigen Beteiligten zu 1 geboren wurde, begehrt die Feststellung der Vaterschaft.

Das Amtsgericht hatte dem Antrag, festzustellen, dass der mit der Beteiligten zu 2 verheiratete und im Jahr 2010 verstorbene W. der Vater des Antragstellers sei, zunächst mit Beschluss vom 25. Februar 2013 stattgegeben. Nachdem das Oberlandesgericht diesen Beschluss auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen hatte, hat das Amtsgericht seine Entscheidung nach umfassender Beweisaufnahme bestätigt. Das Oberlandesgericht hat die erneute Beschwerde der Beteiligten zu 2 nunmehr verworfen. Hiergegen wendet sich diese mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2 folgt für das Verfahren der Rechtsbeschwerde bereits daraus, dass ihre Beschwerde vom Oberlandesgericht verworfen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 - FamRZ 2015, 249 Rn. 4 mwN).

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beschwerde sei unzulässig, weil die Beteiligte zu 2 nicht beschwerdeberechtigt sei. Eine Beschwerdeberechtigung der Ehefrau und Alleinerbin des verstorbenen Vaters folge nicht aus § 184 Abs. 3 FamFG . Zwar bestimme dieser, dass gegen Entscheidungen in Abstammungssachen auch demjenigen die Beschwerde zustehe, der an dem Verfahren beteiligt gewesen sei oder zu beteiligen gewesen wäre. In Erweiterung zu § 59 FamFG stelle § 184 Abs. 3 FamFG aber (nur) sicher, dass die nach § 172 FamFG am Verfahren zu beteiligenden Personen unabhängig von einer Verletzung in eigenen Rechten berechtigt seien, gegen die Endentscheidungen in Abstammungssachen Beschwerde einzulegen. Die Fassung des § 184 Abs. 3 FamFG beinhalte jedoch weder eine Ausweitung der Beschwerdeberechtigung auf in § 172 Abs. 1 FamFG nicht genannte Personen noch auf mittelbar Betroffene, auch wenn diese in erster Instanz beteiligt worden seien. Eine Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2 folge auch nicht aus § 59 Abs. 1 FamFG . Danach sei nur diejenige Person beschwerdeberechtigt, die durch den Beschluss in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt sei. Das beeinträchtigte Recht müsse dem Beschwerdeführer als eigenes zustehen. Erforderlich sei eine direkte Auswirkung auf eigene materielle, nach öffentlichem oder privatem Recht geschützte Positionen. Dagegen genüge es nicht, dass der Beschwerdeführer allein ein berechtigtes (ideelles, soziales oder wirtschaftliches) Interesse an der Änderung oder Beseitigung der Entscheidung habe.

Bei Beachtung dieser Vorgaben sei die Beteiligte zu 2 nicht unmittelbar in ihrer Rechtsstellung betroffen. Das verfahrensgegenständliche Verhältnis betreffe unmittelbar nur den Vater und das Kind selbst. Die Beteiligte zu 2 könne sich auch nicht auf eine Beeinträchtigung von Rechten des verstorbenen Vaters (ihres Ehemanns) berufen. Zwar könne das Beschwerderecht auf einen Rechtsnachfolger übergehen. Unabhängig davon, dass dies voraussetze, dass der Rechtsinhaber zunächst selbst am Verfahren beteiligt gewesen sei, gelte dies jedenfalls nur bei übertragbaren Vermögensrechten, nicht jedoch - wie vorliegend - bei nicht übertragbaren höchstpersönlichen Rechten. Eine Rechtsbeeinträchtigung leite sich auch nicht aus einer möglichen Erbenstellung des Antragstellers ab, weil die Beteiligte zu 2 dadurch nicht unmittelbar, sondern allenfalls reflexartig und damit mittelbar in ihren Rechten betroffen sei. Ihre Beschwerdeberechtigung könne auch nicht aus der am 31. August 2009 außer Kraft getretenen Regelung des § 55 b Abs. 3 FGG hergeleitet werden. Im postmortalen Vaterschaftsfeststellungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit habe der Ehefrau des verstorbenen Mannes danach gegen die Verfügung, durch die das Familiengericht die Vaterschaft festgestellt habe, die Beschwerde zugestanden. Eine vergleichbare Regelung habe der Gesetzgeber in dem mit Wirkung ab 1. September 2009 geltenden Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit jedoch nicht geschaffen. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle die Klärung von Abstammungsfragen wegen des damit zusammenhängenden Eingriffs in höchstpersönliche Belange vielmehr auf den Kernbereich verwandtschaftlicher Beziehungen beschränkt werden. Dem würde es aber widersprechen, der Ehefrau des verstorbenen Mannes ein Beschwerderecht gegen die Entscheidung im (postmortalen) Vaterschaftsfeststellungsverfahren zuzubilligen.

Eine Beschwerdeberechtigung folge auch nicht daraus, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren der 1. Instanz beteiligt worden sei. Nicht jedem, dem rechtliches Gehör zu gewähren und der zum Zwecke der Sachaufklärung anzuhören und zu beteiligen sei, stehe auch das Recht zu, gegen eine ihn beeinträchtigende Entscheidung ein Rechtsmittel einzulegen.

Die erste, den Beschluss des Amtsgerichts aufhebende Beschwerdeentscheidung entfalte schließlich keine Bindungswirkung, weil sie keine Ausführungen zur Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2 enthalte.

II.

Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Allerdings ist das Oberlandesgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 2 nicht kraft Gesetzes beschwerdeberechtigt ist.

a) Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2 ergibt sich nicht aus § 184 Abs. 3 FamFG .

Danach steht gegen Endentscheidungen in Abstammungssachen demjenigen die Beschwerde zu, der an dem Verfahren beteiligt war oder zu beteiligen gewesen wäre.

aa) Allein der Umstand, dass die Beteiligte zu 2 im erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden ist, eröffnete entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde noch keine Beschwerdebefugnis.

Allerdings ist in der Literatur streitig, ob sich die Beschwerdeberechtigung allein aus einer solchen Beteiligung ergeben kann.

(1) Nach einer Auffassung soll es für die Beschwerdebefugnis genügen, dass der Beschwerdeführer zuvor beteiligt worden ist. Insoweit bedürfe es keiner Feststellung, ob eigene Rechte durch die Entscheidung unmittelbar betroffen seien (Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich FamFG 5. Aufl. § 184 Rn. 16; MünchKommFamFG/Coester-Waltjen/Hilbig-Lugani 2. Aufl. § 184 Rn. 13).

(2) Die Gegenauffassung stellt maßgeblich darauf ab, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 184 Abs. 3 FamFG den Kreis der Beschwerdeberechtigten nicht erweitern wollte. Die Beschwerdebefugnis soll danach nur denjenigen zustehen, die nach §§ 172 , 7 FamFG zwingend als Beteiligte hinzuzuziehen waren (Löhnig FamRZ 2009, 1798 , 1800; Keidel/Engelhardt FamFG 19. Aufl. § 184 Rn. 4; Prütting/Helms/Stößer FamFG 3. Aufl. § 184 Rn. 11; Fritsche in Friederici/Kemper Familienverfahrensrecht § 184 Rn. 2; BeckOK FamFG/Nickel [Stand: 1. Dezember 2016] § 184 Rn. 9; s. auch Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 184 Rn. 12).

(3) Die letztgenannte Meinung ist zutreffend.

Zwar könnte der Wortlaut des § 184 Abs. 3 FamFG eher für eine Beschwerdebefugnis eines jeden Beteiligten sprechen. Dagegen spricht indes Sinn und Zweck der Regelung.

Absatz 3 des § 184 FamFG wurde erst mit Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in den später als Gesetz in Kraft getretenen Entwurf übernommen. Hierzu hat der Rechtsausschuss ausgeführt, durch Absatz 3 solle das Beschwerderecht der nach § 172 FamFG zu beteiligenden Personen sichergestellt werden. Nach § 59 Abs. 1 FamFG stehe demjenigen die Beschwerde zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt sei. Dies seien in der Regel nur der Vater und das Kind. Insbesondere im Hinblick auf die Mutter, die durch den in Abstammungssachen ergangenen Beschluss nicht zwingend unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt sei, bedeute der angefügte Absatz 3 daher eine Erweiterung der allgemeinen Regelung nach § 59 FamFG . Nicht beschwerdeberechtigt seien hingegen Personen, die durch den Beschluss nur mittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt seien, wie etwa die Großeltern im Hinblick auf ein Umgangsrecht mit dem Kind oder Geschwister des Kindes im Hinblick auf einen erhöhten Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil (BT-Drucks. 16/9733 S. 295).

Hieraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung den Kreis der Beschwerdeberechtigten nicht generell auf alle Personen erweitern wollte, die - aus welchem Grund auch immer - vom Amtsgericht tatsächlich beteiligt worden sind (vgl. Löhnig FamRZ 2009, 1798 , 1800). Vielmehr wollte er sicherstellen, dass die Mutter des Kindes, die in § 172 Abs. 1 Nr. 2 FamFG als zu beteiligende Person ausdrücklich genannt ist, die Möglichkeit erhält, Beschwerde einzulegen, obgleich sie nicht zwingend unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen ist. Dies spiegelt sich auch in dem Umstand wider, dass der Gesetzgeber den früheren § 55 b FGG , der für das postmortale Vaterschaftsfeststellungsverfahren u.a. der Ehefrau des Verstorbenen ein Beschwerderecht eingeräumt hatte, nicht in das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit übernommen hat.

bb) Die Beschwerdebefugnis folgt hier ebenso wenig daraus, dass gemäß § 184 Abs. 3 FamFG auch demjenigen die Beschwerde zusteht, der an dem Verfahren zu beteiligen gewesen wäre.

Mit dieser Regelung wird der in § 59 Abs. 1 FamFG genannte Kreis der beschwerdeberechtigten Personen um die in § 172 FamFG Genannten erweitert, die - wie die Mutter - durch das Abstammungsverfahren nicht unmittelbar in eigenen Rechten betroffen werden (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 295). Alle übrigen mittelbar Betroffenen sollen allerdings - wie ausgeführt - nach wie vor nicht beschwerdeberechtigt sein (Fritsche in Friederici/Kemper Familienverfahrensrecht § 184 Rn. 2; Keidel/Engelhardt FamFG 19. Aufl. § 184 Rn. 4; Prütting/Helms/Stößer FamFG 3. Aufl. § 184 Rn. 11; BeckOK FamFG/Nickel [Stand: 1. Dezember 2016] § 184 Rn. 9).

Die Beteiligte zu 2 kann ihre Beschwerdebefugnis indes nicht aus einer unmittelbaren Betroffenheit eigener Rechte i.S.d. §§ 59 Abs. 1 , 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG herleiten.

(1) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Dabei ist der Begriff der Rechtsbeeinträchtigung in § 59 Abs. 1 FamFG inhaltsgleich mit dem Begriff der unmittelbaren Rechtsbetroffenheit in § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 15. April 2015 - XII ZB 534/14 - FamRZ 2015, 1019 Rn. 17). Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt danach vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift, wobei diese Beeinträchtigung auch in einer ungünstigen Beeinflussung oder Gefährdung des Rechts liegen kann (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 - XII ZB 326/10 - FamRZ 2011, 465 Rn. 9 mwN). Mit dem Kriterium der Unmittelbarkeit stellt die Regelung klar, dass eine Beteiligung nur dann zu erfolgen hat, wenn subjektive Rechte des Einzelnen betroffen sind. Gemeint ist hiermit eine direkte Auswirkung auf eigene materielle, nach öffentlichem oder privatem Recht geschützte Positionen. Es genügt nicht, dass lediglich ideelle, soziale oder wirtschaftliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden. Nicht ausreichend sind des Weiteren rein mittelbare Auswirkungen einer Entscheidung oder die lediglich tatsächlich "präjudizielle" Wirkung auf andere, gleich gelagerte Fälle (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 353/13 FamRZ 2014, 1357 Rn. 9).

(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fehlt es bei der Beteiligten zu 2 an einer unmittelbaren Rechtsbetroffenheit im vorgenannten Sinne, obgleich sie durch den Hinzutritt eines Abkömmlings ihres verstorbenen Ehemanns in ihrer erbrechtlichen Stellung beeinträchtigt ist.

Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, dass der Senat in seiner - noch zum früheren Recht ergangenen - Entscheidung aus dem Jahr 2005 ausgeführt hat, dass die Feststellung der Vaterschaft unmittelbar in die Rechtsstellung gesetzlicher Erben entfernterer Ordnung eingreife (Senatsbeschluss BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067 f.). Die hiermit angesprochene Erbfolge ergibt sich für den vorliegenden Fall aus § 1931 BGB , wonach der Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung - unbeschadet eines etwaigen Zugewinnausgleichs im Todesfall (§ 1371 Abs. 1 BGB ) - zu einem Viertel der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen ist (Absatz 1 Satz 1), während er zum Alleinerben berufen ist, wenn weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden sind (Absatz 2).

Demgegenüber wird die Beteiligte zu 2 durch die verwandtschaftliche Zuordnung eines Abkömmlings zum Verstorbenen im Rahmen der Vaterschaftsfeststellung nicht unmittelbar in ihrer Rechtsstellung als dessen Ehefrau betroffen. Denn sämtliche verwandtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen zum Kind stellen sich für sie nur als Reflex ihrer Ehe mit dem Kindesvater dar (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 671/14 FamRZ 2015, 1787 Rn. 26). Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit noch der in Art. 6 Abs. 1 GG verbriefte Schutz der Ehe vermitteln jedoch einen Schutz vor den wirtschaftlichen Folgen der Verwandtschaft, die auf verfassungsgemäßen Normen beruhen und nicht zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 671/14 - FamRZ 2015, 1787 Rn. 42). Es genügt für die Beschwerdebefugnis nicht, dass lediglich ideelle, soziale oder wirtschaftliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 353/13 - FamRZ 2014, 1357 Rn. 9). Der Senat hat im Übrigen in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2005 nicht den Schluss gezogen, dass aus dem Eingriff in die Rechtsposition der Erben bereits eine Beschwerdeberechtigung folgt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067 , 1068). Vielmehr hat er ausgeführt, dass es im Ergebnis untragbar erscheint, beispielsweise einem testamentarischen Alleinerben des Mannes die Möglichkeit einzuräumen, die Rechtskraft einer Vaterschaftsfeststellung durch Rechtsmittel hinauszuzögern, nur weil er sich als Reflexwirkung dieser Entscheidung Pflichtteilsansprüchen des Kindes ausgesetzt sähe (Senatsbeschluss BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067 ).

Dass das Gesetz für derlei betroffene Personen einen Instanzenzug ausschließt, ist im Übrigen verfassungsrechtlich unbedenklich, weil das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein rechtsstaatliches Verfahren ist, das mit einer Entscheidung durch den gesetzlichen Richter endet. Einen Instanzenzug schreibt die Verfassung indes nicht vor (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067 , 1068). Richtig ist zwar, dass das Verfahren der nachträglichen Vaterschaftsfeststellung die Nachlassregelung mit erheblichen Ungewissheiten belasten und im Falle der Feststellung der Vaterschaft für die bisher als Erben des Mannes geltenden Personen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben kann. Diesen Erwägungen ist von Verfassungs wegen jedoch kein Vorrang vor jenen einzuräumen, die gegen eine Ausweitung des Kreises der Beschwerdeberechtigten im Abstammungsverfahren sprechen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 163, 37 = FamRZ 2005, 1067 , 1068).

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgt die Beschwerdeberechtigung auch nicht aus einem erbrechtlichen Eintritt der Beteiligten zu 2 in die Rechtsposition des Verstorbenen.

Zwar rücken die Erben grundsätzlich kraft Gesetzes anstelle des Erblassers in das Prozess- bzw. Verfahrensrechtsverhältnis ein, weil die Rechtsstellung als Beteiligter im Verfahren und damit auch die Beschwerdeberechtigung im Wege der Universalsukzession gemäß § 1922 Abs. 1 BGB vererblich ist (vgl. BGHZ 104, 1 = FamRZ 1988, 616 ; BGH Beschluss vom 2. März 1995 - BLw 70/94 - FamRZ 1995, 672 ).

Hier fehlt es bereits jedoch an einem Einrücken in die "Beteiligtenstellung des Verstorbenen". Denn dieser war schon im Zeitpunkt der Einleitung des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens verstorben. Im Übrigen sind familienrechtliche Positionen und Beziehungen wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2014 - XII ZB 20/14 - FamRZ 2015, 39 Rn. 31) unvererblich, soweit sie den Status einer Person betreffen und deshalb Ausdruck höchstpersönlicher Beziehungen sind (Staudinger/Kunz BGB [2017] § 1922 Rn. 330; s. auch Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 671/14 - FamRZ 2015, 1787 Rn. 38).

c) Ebenso wenig kann die Beteiligte zu 2 ihre Beschwerdeberechtigung aus einer Wahrnehmung des postmortalen Persönlichkeitsrechts für den Verstorbenen herleiten.

aa) Das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen folgt aus dem Gebot der Unverletzlichkeit der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG . Hingegen besteht kein Schutz des Verstorbenen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG , weil Träger dieses Grundrechts nur die lebende Person ist (Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2014 - XII ZB 20/14 - FamRZ 2015, 39 Rn. 31 mwN; aA wohl Löhnig FamRZ 2009, 1798 , 1799 f.; Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 184 Rn. 12 i.V.m. § 172 Rn. 2). Geschützt ist bei Verstorbenen zum einen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht. Dieser Schutz bewahrt den Verstorbenen insbesondere davor, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden. Schutz genießt aber auch der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat (Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2014 - XII ZB 20/14 - FamRZ 2015, 39 Rn. 31 mwN). Die Rechte des Verstorbenen hinsichtlich des postmortalen Persönlichkeitsrechts werden von dem Totenfürsorgeberechtigten gleichsam als Treuhänder wahrgenommen. Inwieweit das postmortale Persönlichkeitsrecht eine förmliche Beteiligung des Ehegatten des Verstorbenen bzw. dessen nächster Verwandter gemäß § 7 FamFG nach sich zieht, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 671/14 - FamRZ 2015, 1787 Rn. 44).

bb) Auch gemessen hieran ist die Beteiligte zu 2 nicht beschwerdebefugt. Um es der Beteiligten zu 2 zu ermöglichen, das postmortale Persönlichkeitsrecht ihres verstorbenen Ehemanns als Treuhänderin zu wahren, bedarf es - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht der Einräumung eines Beschwerderechts. Zum einen hatte die Beteiligte zu 2 im erstinstanzlichen Verfahren hinreichend Gelegenheit, die Rechte des Verstorbenen im vorgenannten Sinne zu wahren. Im Übrigen ist mit der Rechtsbeschwerde weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der allgemeine Achtungsanspruch oder der sittliche, personale und soziale Geltungswert des Verstorbenen vorliegend eines Schutzes bedürfen, geschweige denn, dass dazu die Ausübung des Beschwerderechts erforderlich ist.

d) Schließlich kann sich die Beteiligte zu 2 auch nicht in der Rolle als Totenfürsorgeberechtigte mit Erfolg auf eine Beschwerdebefugnis berufen.

Zwar kann der Totenfürsorgeberechtigte ein eigenes Recht auf ein ungestörtes Andenken des Verstorbenen haben, was regelmäßig bei dessen Verunglimpfung zum Tragen kommt (Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2014 - XII ZB 20/14 - FamRZ 2015, 39 Rn. 32).

Dass eine Verunglimpfung des Verstorbenen in Rede steht, ist aber weder dargetan noch ersichtlich. Hinzu kommt, dass im Rahmen einer Vaterschaftsfeststellung bzw. -anfechtung dieses Recht ohnehin regelmäßig nicht berührt ist (Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2014 - XII ZB 20/14 FamRZ 2015, 39 Rn. 32).

2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgt die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2 indes daraus, dass das Oberlandesgericht ihre erste Beschwerde für zulässig erachtet hat.

a) Nach Aufhebung der angefochtenen Entscheidung durch das Beschwerdegericht und Zurückverweisung an das Amtsgericht ist nicht nur dieses, sondern im erneuten Beschwerdeverfahren auch das Beschwerdegericht an die der aufhebenden Beschwerdeentscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung grundsätzlich gebunden ist (BGHZ 15, 122 , 124 f.; 25, 200 = NJW 1958, 59 , 60; BayObLGZ 1992, 96 , 99 = Rpfleger 1992, 432 ). Die Bindung geht dahin, dass es den in der Entscheidung gezogenen Schluss auf die darin ausgesprochene Rechtsfolge dem weiteren Verfahren zugrunde legen muss. Wie weit die Bindungswirkung reicht, muss gegebenenfalls durch Auslegung der Gründe der aufhebenden Entscheidung geklärt werden (BGHZ 25, 200 = NJW 1958, 59 , 60; BayObLGZ 1992, 96 , 99 = Rpfleger 1992, 432 mwN).

b) Gemessen hieran war das Oberlandesgericht an seine vorangegangene Entscheidung hinsichtlich des Vorliegens der Beschwerdebefugnis auf Seiten der Beteiligten zu 2 gebunden.

Das Oberlandesgericht hat seinerzeit die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben. Auch wenn sich die aus zwei Sätzen bestehende Beschlussbegründung nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde verhält, durfte das Oberlandesgericht nur aufgrund einer zulässigen Beschwerde und damit bei bestehender Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2 eine Entscheidung in der Sache treffen. Damit hat das Oberlandesgericht - wenn auch nicht ausdrücklich - zumindest konkludent über die Beschwerdeberechtigung mitentschieden.

III.

Gemäß § 74 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 2 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das in der Sache zu entscheiden haben wird.

Vorinstanz: AG Dillingen a. d. Donau, vom 27.07.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 1 F 137/11
Vorinstanz: OLG München, vom 23.10.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 4 UF 1299/15
Fundstellen
AnwBl 2017, 673
FamRB 2017, 179
FamRZ 2017, 623
FuR 2017, 260
MDR 2017, 478
ZEV 2017, 354