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BGH - Entscheidung vom 04.09.2014

1 StR 649/13

Normen:
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 356a
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 04.09.2014 - Aktenzeichen 1 StR 649/13

DRsp Nr. 2014/15743

Zurückweisung der Anhörungsrüge mangels Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise

Tenor

Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 13. August 2014 gegen den Senatsbeschluss vom 10. April 2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ; StPO § 356a; GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe

Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2013 mit Beschluss vom 10. April 2014 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO ist zurückzuweisen.

1. Die zulässige Anhörungsrüge nach § 356a StPO ist unbegründet. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Die Revisionsbegründungen des Verurteilten vom 26. September 2013 und vom 21. Januar 2014 sowie die Erwiderung vom 30. Januar 2014 auf den Revisionsantrag des Generalbundesanwalts sowie die ergänzende Revisionsbegründung vom 19. März 2014 waren Gegenstand der Senatsberatung. Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07).

Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Verurteilten hat der Senat am 10. April 2014 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen und diese Entscheidung umfangreich begründet.

2. Mit einer gegen diesen Senatsbeschluss gerichteten Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO beantragt der Verurteilte nun, diesen Beschluss für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren in den Stand vor der Entscheidung zurückzuversetzen.

Der Antragsteller macht geltend, der Senat habe sich mit in der Revisionsbegründung der Verteidigung enthaltenem, entscheidungsrelevantem Vorbringen nicht auseinandergesetzt bzw. das Vorbringen übergangen.

Der Antragsteller bezieht sich dabei darauf, dass von ihm in der Revisionsbegründungsschrift vom 26. September 2013 gerügt worden sei, "dass die Urteilsfeststellungen zum Zeitpunkt der abschließenden Kreditentscheidung (...) in einem nicht aufgelösten Widerspruch zu der in der Hauptverhandlung vom 10.01.2013 verlesenen übersetzten Richtlinie der ... ‚Kreditentscheidungsprozess‘ vom Juni 2006 und deren ebenfalls in der Hauptverhandlung vom 10.01.2013 verlesenen Anlagen stehen". Da sich die Ausführungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift vom 16. Januar 2014 dazu nicht verhalten würden, gehe auch der generelle Verweis des Senats in seiner Beschlussbegründung ins Leere und deshalb sei das diesbezügliche Vorbringen der Revision übergangen.

3. Die Rüge ist unbegründet. Die vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs im Revisionsverfahren liegt nicht vor. § 356a Satz 1 StPO setzt voraus, dass das Revisionsgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Dies ist hier nicht der Fall.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Verteidigung von der sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebenden Verpflichtung des Gerichts aus, die Ausführungen der Prozessparteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 42, 364 , 367 f.; 58, 353, 356; 96, 205, 216; st. Rspr.). Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist aber auch grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht, sich mit jedem einzelnen Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen und dieses zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfGE 54, 86 , 92).

b) Solche Umstände liegen hier aber nicht vor. Soweit der Senat bezüglich der Verfahrensrügen auf die Zuschrift des Generalbundesanwalts vom "26. November 2013" statt richtig vom 16. Januar 2014 verweist, handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen. In den dem Senat vorliegenden Unterlagen war ein vom Generalbundesanwalt stammendes, auf den 26. November 2013 datiertes Schreiben der Antragsschrift vom 16. Januar 2014 unmittelbar vorgeheftet. Aus dem Schreibversehen kann nicht darauf geschlossen werden, der Senat habe entscheidungserhebliches Vorbringen nicht berücksichtigt. Mit dem Verweis auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts bezüglich der erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat ebenfalls kein Vorbringen außer Acht gelassen. Der Senat hat sich gerade ausdrücklich in der Beschlussbegründung mit dem Vorbringen des Antragstellers auseinandergesetzt:

"Nach den Feststellungen der Kammer erfolgten die falschen Angaben auch vor der abschließenden Kreditentscheidung und waren deshalb für die Kreditentscheidung erheblich. Soweit der Rechtsmittelführer im Zusammenhang mit der Beanstandung dieser Sichtweise urteilsfremde Unterlagen vorträgt, ist dies im Rahmen der Sachrüge unbehelflich; eine erfolgreiche Verfahrensrüge ist insoweit nicht erhoben..." (Beschluss vom 10. April 2014, S. 10).

Wie sich aus der Formulierung "erfolgreiche Verfahrensrüge ... nicht erhoben" ergibt, hat der Senat sich mit dem ab S. 100 der Rechtsmittelbegründung vom 26. September 2013 (Gliederungsziffer C.VI. der Begründung) Unterbreiteten befasst, dieses aber als Rüge der Verletzung von Verfahrensrecht nicht als durchgreifend erachtet. Zu näheren Ausführungen bestand kein Anlass.

c) Im Übrigen hat der Senat bei seiner Revisionsentscheidung zum Nachteil des Antragstellers weder Tatsachen noch Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2006 - 1 StR 240/06 mwN).RiBGH Prof. Dr. Mosbacher ist auf Dienstreise und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert.