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BGH - Entscheidung vom 14.05.2014

XII ZB 689/13

Normen:
ZPO § 117 Abs. 4
ZPO § 574 Abs. 2

Fundstellen:
FamRZ 2014, 1362
NJW-RR 2014, 1347

BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - Aktenzeichen XII ZB 689/13

DRsp Nr. 2014/9129

Zulässigkeit einer durch die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe bedingte Beschwerdeeinlegung

1. Eine durch die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe bedingte Beschwerdeeinlegung ist unzulässig. Vor diesem Hintergrund ist die in einem Schriftsatz enthaltene Erklärung, Beschwerde werde "für den Fall der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ... eingelegt", eindeutig und kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Schriftsatz als unbedingte Beschwerde bestimmt war. 2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt angesichts der Fürsorgepflicht des unzuständigen Gerichts bei der Behandlung von fehlgeleiteten Schriftsätzen nur dann in Betracht, wenn der fristgebundene Schriftsatz so zeitig eingeht, dass die fristgerechte Weiterleitung an das zuständige Gericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann; nur dann darf ein Verfahrensbeteiligter darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig dort eingeht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Celle vom 17. November 2013 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

Wert: 103.628 €

Normenkette:

ZPO § 117 Abs. 4 ; ZPO § 574 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Das Familiengericht hat die Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Antrag des Ehemanns auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 115.537,96 € nebst Zinsen zurückgewiesen. Der Verbundbeschluss ist dem Ehemann am 23. September 2013 zugestellt worden.

Mit einem am 23. Oktober 2013 beim Familiengericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz hat der Ehemann beantragt, ihm Verfahrenskostenhilfe zu gewähren. Weiter heißt es darin: "Für den Fall der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe wird namens und in Vollmacht des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts ... Beschwerde eingelegt und beantragt, ...", wobei nach dem angekündigten Sachantrag ein Zugewinnausgleich in Höhe von 103.627,51 € nebst Zinsen weiterverfolgt werden sollte.

In der beigefügten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war unter Abschnitt A als Beruf/Erwerbstätigkeit angegeben: "arbeitslos" und als Familienstand: "getrennt lebend". Angaben unter Abschnitt B (betreffend eine die Kosten tragende Rechtsschutzversicherung oder andere Stelle/Person) und unter Abschnitt C (betreffend den Empfang von Unterhaltsleistungen) fehlten. Unter Abschnitt E (Bruttoeinnahmen) waren sämtliche im Vordruck spezifizierten Einnahmearten für den Ehemann verneint mit Ausnahme der Rubrik "Einnahmen aus selbständiger Arbeit/Gewerbebetrieb/Land-, Forstwirtschaft", zu der keine Angaben gemacht waren. Unter der Rubrik "Andere Einnahmen" waren in der ersten Zeile "Leistungen nach SGB II 382 €" und in der zweiten Zeile "für Wohnung und Heizung 311,63 €" angegeben sowie die erste Seite ohne Berechnungsbogen eines entsprechenden Bewilligungsbescheids über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beigefügt. Über Einnahmen der Ehefrau waren keine Angaben gemacht worden.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2013, das dem Verfahrensbevollmächtigten des Ehemanns am selben Tag per Telefax übermittelt und von diesem nach den Angaben des Rechtsbeschwerdeführers erst am 1. November 2013 zur Kenntnis genommen worden ist, hat der Senatsvorsitzende des Oberlandesgerichts auf Mängel der Erklärung hingewiesen.

Mit einem an das Oberlandesgericht gerichteten und dort am 8. November 2013 eingegangenen Schriftsatz hat der Ehemann unbedingt Beschwerde eingelegt und um Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist nachgesucht. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Ehemanns.

II.

1. Die nach § 117 Abs. 2 FamFG , §§ 238 Abs. 2 , 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Ehemann nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einem Beteiligten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Verfahrensbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 XII ZB 184/07 FamRZ 2008, 1605 Rn. 6 mwN).

2. Zu Recht hat das Oberlandesgericht angenommen, dass mit dem am 23. Oktober 2013 eingegangenen Verfahrenskostenhilfeantrag noch nicht die Einlegung des Rechtsmittels der Beschwerde verbunden war.

Eine durch die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe bedingte Beschwerdeeinlegung ist unzulässig. Sind allerdings wie hier die gesetzlichen Anforderungen an eine Beschwerdeschrift erfüllt, kommt eine Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Beschwerde bestimmt war, nur dann in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 FamRZ 2005, 1537 mwN). Das ist hier indessen der Fall.

Die in dem Schriftsatz enthaltene Erklärung, Beschwerde werde "für den Fall der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ... eingelegt", ist eindeutig. Sie ist nicht mit der Erklärung vergleichbar, die "Durchführung" der Beschwerde werde von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig gemacht, was die Auslegung rechtfertigen könnte, der Beteiligte lege unbedingt Beschwerde ein und behalte sich lediglich für den Fall der Versagung der Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme der Beschwerde vor (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 FamRZ 2005, 1537 mwN).

3. Im Ergebnis zu Recht hat das Oberlandesgericht auch den Wiedereinsetzungsantrag des Ehemanns zurückgewiesen.

a) Der Ehemann hatte innerhalb der Beschwerdefrist Verfahrenskostenhilfe beantragt. Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Mittellosigkeit eines Beteiligten einen Wiedereinsetzungsgrund i.S.v. § 233 ZPO dar, wenn sie die Ursache für die Fristversäumung ist. Das ist dann der Fall, wenn sich der Beteiligte infolge der Mittellosigkeit außerstande sieht, einen Rechtsanwalt mit der Einlegung und Begründung seines Rechtsmittels zu beauftragen.

Allerdings ist der Beteiligte nur so lange als schuldlos an der Fristwahrung gehindert anzusehen, wie er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit einer die Verfahrenskostenhilfe ablehnenden Entscheidung rechnen muss, weil er sich für bedürftig halten darf und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hat, damit ohne Verzögerung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch entschieden werden kann (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 325/12 FamRZ 2013, 371 Rn. 16 f. mwN).

Das setzt voraus, dass dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst insoweit notwendigen Belegen beigefügt wird. Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedruckt bei Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 117 Rn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Der Antragsgegner kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe dargelegt zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (Senatsbeschluss vom 19. November 2008 - XII ZB 102/08 FamRZ 2009, 217 Rn. 5 mwN).

Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Bedürftigkeit nicht überspannt werden, weil dadurch der Zweck der Verfahrenskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang wie einem Bemittelten zu den Gerichten zu ermöglichen, verfehlt würde. Deshalb dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Beteiligte veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung zu erlangen, auch beim Zugang zu einer Rechtsmittelinstanz nicht überzogen werden. So kann der Beteiligte, auch wenn der Vordruck gemäß § 117 ZPO einzelne Lücken enthält, unter Umständen gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe dargetan zu haben. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, etwaige Lücken geschlossen oder Zweifel beseitigt werden können (Senatsbeschluss vom 20. Februar 2008 XII ZB 83/07 FamRZ 2008, 868 Rn. 11 mwN). Gleiches gilt, wenn zwar einzelne Fragen zu den Einnahmen nicht beantwortet sind, sich aber aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt, dass solche Einnahmen nicht vorhanden sind (Senatsbeschluss vom 13. Februar 2008 XII ZB 151/07 FamRZ 2008, 871 Rn. 11 mwN) oder wenn dem Rechtmittelführer bereits in der Vorinstanz aufgrund eines ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllten Vordrucks Verfahrenskostenhilfe gewährt worden war und eine nunmehr im Vordruck vorhandene Lücke im Zusammenhang mit dem Beteiligtenvortrag nicht den Schluss nahe legt, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beteiligten hätten sich zwischenzeitlich in einer für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe erheblichen Weise geändert (Senatsbeschlüsse vom 3. Juli 2013 - XII ZB 106/10 FamRZ 2013, 1650 Rn. 13 und vom 23. Februar 2000 - XII ZB 221/99 NJW-RR 2000, 1387 ). So liegt der Fall hier.

b) In der Vorinstanz war dem Ehemann, der seinerzeit noch ein Einkommen aus selbständiger Arbeit bezog, Verfahrenskostenhilfe aufgrund einer vollständig und ordnungsgemäß ausgefüllten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gewährt worden. Insbesondere hatte der Ehemann unter Abschnitt "B" die Angabe gemacht, dass keine Rechtsschutzversicherung oder andere Stelle/Person die Kosten trägt. Die nunmehr im Vordruck hierzu vorhandene Lücke legt nicht den Schluss nahe, die Verhältnisse der Beteiligten hätten sich in dem Punkt zwischenzeitlich geändert, zumal eine in der Zwischenzeit gegebenenfalls abgeschlossene Rechtsschutzversicherung keinen Deckungsschutz für einen bereits eingetretenen Versicherungsfall gewähren würde (vgl. § 4 Abs. 1 ARB).

Ebenso enthielt die in der Vorinstanz eingereichte Erklärung unter Abschnitt C die Angabe, keine Unterhaltsleistungen zu empfangen. Auch in dem Punkt legt die im jetzigen Vordruck vorhandene Lücke nicht den Schluss nahe, die Verhältnisse des Beteiligten hätten sich insoweit zwischenzeitlich in einer für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe erheblichen Weise geändert.

Die lückenhaften Angaben unter Abschnitt E (Bruttoeinnahmen) schließlich können dem Ehemann schon deshalb nicht als Verschulden vorgehalten werden, weil der auf § 2 Abs. 2 PKH-VV beruhende, bis zum 21. Januar 2014 in Kraft gewesene amtliche Vordruck einen Hinweis enthielt, wonach ein Beteiligter, der laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezieht, die Abschnitte E bis J des Vordrucks zunächst nicht ausfüllen muss. Auf diesen Hinweis, den der am 22. Januar 2014 in Kraft getretene Vordruck in Bezug auf Leistungen nach dem SGB II allerdings gezielt nicht mehr enthält (vgl. BR-Drucks. 780/13, S. 17), durfte sich der Ehemann unabhängig davon verlassen, ob er die tatsächlich bestehende Rechtslage zutreffend wiedergab (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 11. November 2011 L 7 AS 665/10 B [...] Rn. 35).

Unerheblich ist in dem Zusammenhang, dass der Ehemann nur das Deckblatt des Bescheides über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ohne die nachfolgenden Seiten, insbesondere ohne Berechnungsbogen beigefügt hat. Denn dieser wäre nur dann erforderlich, das persönliche Unvermögen des Ehemanns i.S.d. § 114 ff. ZPO zu belegen, wenn er Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft wäre und sich erst aus dem Berechnungsbogen ergäbe, ob auch er persönlich die Voraussetzungen für den Bezug der Sozialleistung erfüllt. Hier ist der Ehemann jedoch nicht Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, sondern bezieht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für sich allein.

Bei der Entbehrlichkeit von Angaben unter den Abschnitten E bis J des Vordrucks unterscheiden § 2 Abs. 2 PKH-VV und der Vordruck nicht zwischen solchen Angaben, die den Antragsteller selbst betreffen, und solchen, die seinen Ehegatten betreffen. Angaben zu den Einkünften des (getrennt lebenden) Ehegatten hätte der Antragsteller daher erst dann machen müssen, wenn das Gericht dies gesondert angeordnet hätte (vgl. § 2 Abs. 3 PKH-VV).

Aufgrund der eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durfte der Ehemann deshalb davon ausgehen, dass er aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit ohne Verzögerung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch entschieden werden konnte.

c) Frühestens mit dem Zugang des Schreibens des Senatsvorsitzenden vom 31. Oktober 2013 musste er mit einer die Verfahrenskostenhilfe ablehnenden Entscheidung rechnen, so dass er ab dem Zeitpunkt nicht mehr darauf vertrauen konnte, alles Erforderliche für eine stattgebende Entscheidung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch getan zu haben, und somit die Fristversäumung als schuldlos anzusehen sei. Erst das gab dem Ehemann Veranlassung, Wiedereinsetzung zu beantragen und die versäumte Verfahrenshandlung nachzuholen.

d) Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt gemäß § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Das ist in Fällen der Verfahrenskostenarmut spätestens der Zeitpunkt der Zustellung des Verfahrenskostenhilfebeschlusses.

Kann der Antragsteller jedoch schon früher nicht mehr mit einer Bewilligung der beantragten Verfahrenskostenhilfe rechnen, beginnt die Wiedereinsetzungsfrist bereits in diesem Zeitpunkt. Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist beginnt daher, sobald dem Beteiligten ein gerichtlicher Hinweis zugeht, dass die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht vorliegen. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt muss der Antragsteller mit der Ablehnung des Verfahrenskostenhilfegesuchs rechnen; er darf deswegen mit seinem Wiedereinsetzungsgesuch und der Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung nicht über die 14tägige Frist (§§ 234 Abs. 1 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ) hinaus zuwarten, bis das Gericht über sein Gesuch entscheidet (Senatsbeschlüsse vom 19. November 2008 - XII ZB 102/08 FamRZ 2009, 217 Rn. 11 und vom 31. Januar 2007 - XII ZB 207/06 FamRZ 2007, 801 Rn. 5).

Der Lauf der Wiedereinsetzungsfrist begann sonach bei unterstellter Kenntnisnahme des richterlichen Hinweises am 1. November 2013 und endete am 15. November 2013. Der Eingang des Wiedereinsetzungsantrags am 8. November 2013 lag daher noch innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist.

e) Allerdings hat der Verfahrensbevollmächtigte des Ehemanns entgegen § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Beschwerdeschrift beim unzuständigen Beschwerdegericht eingereicht. Damit hat er die versäumte Verfahrenshandlung nicht rechtzeitig bei dem zuständigen Empfangsgericht nachgeholt (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ).

f) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt auch nach der Rechtsprechung des Senats zur Fürsorgepflicht des unzuständigen Gerichts bei der Behandlung von fehlgeleiteten Schriftsätzen nicht in Betracht.

(1) Wird in einer Familienstreitsache die Beschwerde anstatt bei dem gemäß § 64 Abs. 1 FamFG für ihre Entgegennahme zuständigen Amtsgericht beim Beschwerdegericht eingelegt, hat das angerufene Gericht die Beschwerdeschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Amtsgericht weiterzuleiten, wenn ohne weiteres die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts erkennbar und damit regelmäßig die Bestimmung des zuständigen Gerichts möglich ist. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Rechtsuchenden auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Geht der Schriftsatz so zeitig ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Amtsgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, darf ein Verfahrensbeteiligter darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig dort eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, wirkt sich das Verschulden des Verfahrensbeteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 571/12 FamRZ 2014, 550 Rn. 14 mwN).

Eine weitergehende Verpflichtung, etwa eine beschleunigte Weiterleitung an das zuständige Gericht oder eine Verpflichtung, den Beteiligten oder dessen Verfahrensbevollmächtigten durch Telefonat oder Telefax von der Einreichung des Rechtsmittels bei einem unzuständigen Gericht zu unterrichten, ergibt sich von Verfassungs wegen jedoch nicht. Denn sonst würde dem Beteiligten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Schriftsätze vollständig abgenommen und dem nicht empfangszuständigen Gericht übertragen (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 571/12 FamRZ 2014, 550 Rn. 15 mwN).

Unterbleibt die gebotene Weiterleitung der Beschwerdeschrift an das Amtsgericht, ist weitere Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung, dass die bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang verbleibende Zeit für die Fristwahrung ausreichend gewesen wäre. Dies hat grundsätzlich der die Wiedereinsetzung begehrende Beteiligte darzulegen und glaubhaft zu machen (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 571/12 FamRZ 2014, 550 Rn. 16 mwN).

(2) Gemessen hieran war das Beschwerdegericht zwar gehalten, die Beschwerdeschrift an das Amtsgericht weiterzuleiten, da aus dem Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Ehemanns ersichtlich war, dass gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die Beschwerdeeinlegung nachgeholt werden sollte.

Die Beschwerde ging jedoch zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag erst am Freitag, 8. November 2013, nach Dienstschluss vorab per Telefax sowie am 13. November 2013 im Original beim Oberlandesgericht ein und lag am 14. November 2013 dem Berichterstatter vor. Selbst wenn der Berichterstatter noch am selben Tag die Weiterleitung an das Amtsgericht verfügt hätte, wäre nicht zu erwarten gewesen, dass die Beschwerde im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs noch innerhalb der zweiwöchigen Widereinsetzungsfrist (§§ 236 Abs. 2 Satz 2, 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO ), die bereits am 15. November 2013 endete, beim Amtsgericht eingegangen wäre, so dass sich die tatsächlich unterlassene Weiterleitung im Ergebnis nicht auswirkt.

Vorinstanz: AG Uelzen, vom 17.09.2013 - Vorinstanzaktenzeichen F 1001/11
Vorinstanz: OLG Celle, vom 17.11.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 10 UF 280/13
Fundstellen
FamRZ 2014, 1362
NJW-RR 2014, 1347