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BGH - Entscheidung vom 08.01.2014

IV ZR 158/13

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 08.01.2014 - Aktenzeichen IV ZR 158/13

DRsp Nr. 2014/1895

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen fehlender Entscheidung über einen Widerklageantrag

Tenor

Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird auf die Beschwerde des Beklagten die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München 17. Zivilsenat vom 4. April 2013 zugelassen, soweit der Widerklageantrag zu IV abgewiesen worden ist. Gemäß § 544 Abs. 7 ZPO wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und im Umfang der Revisionszulassung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverf ahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es ohne Erfolg geblieben ist. Insoweit beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Gerichtskosten 289.000 € und für die außergerichtlichen Kosten 295.000 € mit der Maßgabe, dass diese im Verhältnis zur Klägerin nur in Höhe von 98% anzusetzen sind.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Parteien sind Geschwister und streiten im Rahmen einer Erbauseinandersetzung wechselseitig um Ansprüche im Zusammenhang mit dem Nachlass ihrer Eltern. Die am 10. Dezember 1994 verstorbene Mutter der Parteien - der Vater war vorverstorben - setzte diese testamentarisch als Erben zu je 1/2 ein. Die Parteien haben hinsichtlich Klage und Widerklage verschiedene Anträge gestellt. Das Landgericht hat mit Teilanerkenntnis-, Zwischenfeststellungs- und Teilurteil vom 15. Februar 2012 die Klägerin u.a. verurteilt, dem Beklagten Auskünfte aus der Vermietung und Verpachtung des Grundstücks R. 73 für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu erteilen. Die weitergehenden Widerklageanträge I, IV und VI hat es abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Beklagte u.a. beantragt, dass der mit Ziff. V des Urteils abgewiesene W iderklageantrag Ziff. IV, nämlich, dass die Klägerin nach erteilter Auskunft verurteilt wird, dem Beklagten die hälftigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Anwesens R. 73 für den Zeitraum ab dem 10. Dezember 1994 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu bezahlen, soweit die Einkünfte nicht für sachgerechte gemeinsame Zwecke der Erbengemeinschaft verwendet wurden, antr agsgemäß verbeschieden wird. Das Berufungsgericht hat die wechselseitigen Rechtsmittel der Parteien zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

II. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde ist die Revision zuzulassen, soweit der W iderklageantrag zu IV abgewiesen worden ist. Insoweit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zulassung der Revision folgt aus einem entscheidungserheblichen Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG . Weder dem Urteil des Landgerichts noch dem des Berufungsgerichts kann mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob und mit welchem Inhalt über den Wider klageantrag zu IV entschieden wurde.

Das Landgericht hat in seinem Urteil die Klägerin verurteilt, dem Beklagten Auskunft aus der Vermietung und Verpachtung des Grundstücks R. 73 für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu erteilen. Den Widerklageantrag zu IV hat es im Tenor abgewiesen. In den Entscheidungsgründen auf Seite 26 des Urteils heißt es demgegenüber: "Die Widerklageanträge III und IV sind begründet." In dem entsprechenden Abschnitt d er Entscheidungsgründe folgen sodann jedoch Ausführungen, die sich lediglich auf die Begründetheit der mit der Widerklage geltend gemachten Auskunftsanträge zu II und III beziehen. Eine Begründung zu dem mit der Stufenklage verfolgten Zahlungsantrag (Wider klageantrag zu IV) fehlt demgegenüber. Insoweit ist wegen Widerspruchs zwischen Tenor und Entscheidungsgründen unklar, ob das Landgericht über den Widerklageantrag zu IV überhaupt entschieden hat und - falls dies der Fall gewesen sein sollte - ob es diesem stattgegeben oder ihn abgewiesen hat. Der Beklagte hat in seiner Berufungsbegründung auf diesen Widerspruch ausdrücklich hingewiesen. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag offenbar nicht zur Kenntnis genommen. Es hat sich hiermit in der Sache nicht befasst, sondern die Berufung des Beklagten insgesamt zurückgewiesen. Das steht wiederum in Widerspruch zu den Urteilsgründen des Berufungsgerichts, wenn es dort (S. 10 f.) heißt:

"Soweit das Landgericht hinsichtlich des Widerklageantrags Ziffer IV. des Beklagten ausgesprochen hat, dass die Klägerin nach erteilter Auskunft verurteilt wird, dem Beklagten die hälftigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Anwesens R. 73 für den Zeitraum ab dem 01.01.2009 bis zum Schluss der mündlich en Verhandlung zu erteilen hat, im Übrigen den weitergehenden Antrag des Beklagten und Widerklägers abgewiesen hat, hat das Landgericht richtig entschieden...

Das Berufungsgericht folgt in beiden Fällen der hierzu vom Landgericht aufgezeigten Argumentation."

Insoweit übersieht das Berufungsgericht, dass das Landgericht im Tenor seiner Entscheidung den W iderklageantrag zu IV abgewiesen, ihm in den Entscheidungsgründen jedenfalls dem Wortlaut nach stattgegeben hat, inhaltliche Ausführungen hierzu indessen f ehlen, so dass gerade nicht feststeht, ob das Landgericht diesem Widerklageantrag stattgegeben, ihn abgewiesen hat oder über diesen nicht befinden wollte. Insoweit konnte das Berufungsgericht sich nicht ohne weitere Begründung der tatsächlich nicht vorhandenen - Argumentation des Landgerichts anschließen. Es wird nunmehr nach Zurückverweisung der Sache zu entscheiden haben, ob der Widerklageantrag zu IV begründet ist.

III. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ). Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Der Senat hat auch insoweit die auf Art. 3 Abs. 1 , 103 Abs. 1 GG gestützten Rügen geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet.

Vorinstanz: LG München I, vom 15.02.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 26 O 15419/04
Vorinstanz: OLG München, vom 04.04.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 17 U 1091/12