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BGH - Entscheidung vom 02.04.2014

IV ZR 124/13

Normen:
AVB Rechtsschutzversicherung
ARB-RU 2000 § 3 (4)
VVG § 28 Abs. 2 S. 3
VVG § 28 Abs. 3
VVG § 32 S. 1
VVG § 128 S. 1-3
BGB § 306 Abs. 2

Fundstellen:
DB 2014, 7
MDR 2014, 658
NJW 2014, 1813
NJW 2014, 6
VersR 2014, 699
WM 2014, 939
r+s 2014, 282

BGH, Urteil vom 02.04.2014 - Aktenzeichen IV ZR 124/13

DRsp Nr. 2014/7354

Leistungsausschluss bei Verfolgen von originär eigenen Ansprüchen des Versicherungsnehmers i.R.d. Übertragung zur Sicherheit an einen Dritten; Feststellung der Gewährung von Deckungsschutz durch den Rechtsschutzversicherer i.R.d. Rückzahlung von Versicherungsprämien des früheren Lebensversicherers

Der Leistungsausschluss nach § 3 (4) d) ARB-RU 2000, wonach Rechtsschutz nicht besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus vom Versicherungsnehmer in eigenem Namen geltend gemachten Ansprüchen anderer Personen, greift nicht ein, wenn der Versicherungsnehmer originär eigene Ansprüche verfolgen will, die er lediglich zur Sicherheit an einen Dritten übertragen hat.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I - 30. Zivilkammer - vom 27. Februar 2013 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 25. Mai 2012 zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Normenkette:

VVG § 28 Abs. 2 S. 3; VVG § 28 Abs. 3 ; VVG § 32 S. 1; VVG § 128 S. 1-3; BGB § 306 Abs. 2 ;

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, der beklagte Rechtsschutzversicherer müsse ihr für eine Auseinandersetzung mit ihrem früheren Lebensversicherer um die Rückzahlung von Versicherungsprämien Deckungsschutz gewähren.

Die Klägerin ist Mitversicherte eines bei der Beklagten abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvert rages, dem Rechtsschutzversicherungsbedingungen der Beklagten (ARB-RU 2000) zugrunde liegen. Darin ist unter anderem bestimmt:

"§ 17 Verhalten nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls

(...)

(3) Macht der Versicherungsnehmer den Rechtsanspruch geltend, hat er den Versicherer vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Rechtsschutzfalls zu unterrichten sowie Beweismittel anzugeben und Unterlagen auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

(...)

(6) W ird eine der in den Absätzen 3 oder 5 genannten Obliegenheiten verletzt, verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz, es sei denn, er hat die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Bei grob fahrlässiger Verletzung behält der Versicherungsnehmer insoweit seinen Versicherungsschutz, als die Verletzung weder Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat.

Bei vorsätzlicher Verletzung behält der Versicherungsnehmer in den Fällen der Sätze 1 und 2 seinen Versicherungsschutz insoweit nur, wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen, oder wenn den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft."

Eine gemäß Art. 1 Abs. 3 EGVVG mögliche Anpassung der ARB-RU 2000 an die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007 (BGBl. I 2631) nahm die Beklagte nicht vor.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Juni 2011 bat die Klägerin um Deckungsschutz für das außergerichtliche und erstinstanzliche Vorgehen gegen die A. Lebensversicherung AG (im Folgenden: Lebensversicherer), dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Die Klägerin hatte beim genannten Lebensversicherer im Zeitraum vom 1. November 2004 bis zum 1. Juni 2010 eine fondsgebundene Lebensversicherung unterhalten. Am 3. Februar 2010 schloss sie mit der ... AG (im Folgenden: ... ) einen "Prozessbetreuungsvertrag", in dem es unter anderem heißt:

"Ich entscheide mich für das Modell RS von LV -Doktor: Ich habe eine Rechtschutzversicherung, die die Verfahrenskosten trägt. Mir ist bewusst, dass ich eine ggf. mit der Rechtschutzversicherung vereinbarte Selbstbeteiligung auch im Fall des verlorenen Verfahrens selbst übernehmen muss. Im Gegenzug erhebt die ... AG außer für die Kündigung eines laufenden Vertrages keine weiteren Gebühren.

(...)

Ich (...) bin davon überzeugt, dass nach Kündigung meines Versicherungsvertrages durch einen An walt ein erheblich höherer Rückkaufswert erzielt werden kann. Um von möglichen zusätzlichen Rückerstattungen zu profitieren, bitte ich um Unterstützung durch die Gesellschaft (...) unter Einbeziehung meiner Rechtsschutzversicherung. (...) "

Mit dem Vertrag wurde ... beauftragt, die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages gegen eine Gebühr in Höhe von 87,50 € umgehend zu veranlassen. Am zu erzielenden Mehrerlös sollte ... nach § 3 der Allgemeinen Bedingungen zum Prozessbetreuungsvertrag (im Folgenden: AGB) in Höhe von 25% beteiligt werden. Die Klägerin sollte gegenüber dem Lebensversicherer durch einen von ... ausgewählten Rechtsanwalt vertreten werden. Weiter wurde in § 4 AGB Folgendes vereinbart:

"§ 4 Sicherungsabtretung

(1) Der Anspruchsinhaber tritt seine Ansprüche gege nüber der Gesellschaft an die ... zur Sicherung aller Ansprüche, welche der ... gegen den Anspruchsinhaber auf Grundlage der umseitig geschlossenen Vereinbarung entstehen, ab. Die ... nimmt die Abtretung an. Die Abtretung wird gegenüber der Gesellschaft nicht offen gelegt. Der Anspruchsinhaber bleibt weiter berechtigt, die Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen.

(2) Die ... ist berechtigt, diese Sicherungsabtretung gegenüber der Gesellschaft offen zu legen und die sicherungshalber abgetretenen Ansprüche gegenüber der Gesellschaft im eigenen Namen geltend zu machen, wenn sich der Anspruchsinhaber mit der Leistung in Verzug befindet.

(3) Die ... verpflichtet sich, die abgetretenen Ansprüche zurück zu übertragen, wenn die Erlösauskehr vollzogen ist oder wenn bei vorzeitiger Verfahrensbeendigung die hier getroffenen Vereinbarungen erfüllt sind und kein Sicherungsinteresse mehr besteht."

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2010 ließ die Klägerin den "Widerspruch gemäß § 5a VVG/den Widerspruch nach § 8 VVG , vorsorglich die Anfechtung nach § 119 BGB , hilfsweise die Kündigung " des Versicherungsvertrages erklären. Der Lebensversicherer erkannte nur die Kündigung an und zahlte den Rückkaufswert an die Klägerin aus.

Mit ihrer Deckungsschutzanfrage bat die Klägerin um Rechtsschutz für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückzahlung der Prämien zuzüglich 7% Zinsen abzüglich des ausgezahlten Rückk aufswertes, ohne den Prozessbetreuungsvertrag und die Sicherungsabtretung zu erwähnen. Mit Schreiben vom 2. August 2011 lehnte die Beklagte den beantragten Deckungsschutz unter Berufung auf eine vorsätzliche bzw. grob fahrlässige Verletzung der Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit durch die Klägerin und auf fehlende hinreichende Erfolgsaussichten ab, nachdem die Parteien mehrfach wegen der nach Auffassung der Beklagten unvollständigen Vorlage von Vertragsunterlagen korrespondiert hatten.

In erster Instanz hatte die Klägerin zunächst mit Schriftsatz vom 27. März 2012 vorgetragen, die Ansprüche gegen den Lebensversicherer seien nicht an einen Dritten abgetreten worden. Erst im Laufe des Verfahrens informierte sie die Beklagte telefonisch über die Sicheru ngsabtretung. Mit Schriftsatz vom 13. April 2012 wurde von der Klägerseite erstmals zum Prozessbetreuungsvertrag und der darin vereinbarten Sicherungsabtretung vorgetragen und der Vertrag - allerdings zunächst ohne AGB - vorgelegt.

Die Beklagte hat sich in den Vorinstanzen auf eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 17 (3) ARB -RU 2000 berufen, ferner auf fehlende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Interessenwahrnehmung, den Risikoausschluss für die Geltendmachung von Ansprüchen anderer Personen im eigenen Namen (§ 3 (4) d) ARB-RU 2000) und schließlich auf § 5 (3) g) ARB-RU 2000, wonach der Versicherer nicht die Kosten trägt, zu deren Übernahme ein anderer verpflichtet wäre, wenn der Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht bestünde.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und antragsgemäß festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die außergerichtliche und erstinstanzliche gerichtliche Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen gegen ihren Lebensversicherer Versicherungsschutz zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht stützt die Abweisung der Klage auf eine Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 28 Abs. 2 VVG infolge einer vorsätzlichen Verletzung der Auskunftsobliegenheit aus § 17 (3) ARB-RU 2000. Die Klägerin habe der Beklagten die mit der ... getroffenen Vereinbarungen, insbesondere die Sicherungsabtretung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag, verschwiegen. Zudem habe sie mit dem Prozessbetreuungsvertrag und dem dort zugunsten der ... vereinbarten Erfolgshonorar versucht, die Abtretungsverbote zu Lasten des Rechtsschutzversicherers, der nur seinem Vertragspartner zur Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet sei, zu umgehen.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Beklagte ist nach den §§ 1, 2 d), 4 (1) Satz 1 a) ARB -RU 2000 vertraglich verpflichtet, der Klägerin den begehrten Deckungsschutz zu gewähren.

1. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, folgt die Leistungsfreiheit der Beklagten nicht aus eine r vorsätzlichen Verletzung der Informationspflicht aus § 17 (3) ARB-RU 2000. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin ihre Auskunftsobliegenheit verletzt hat, da einer Leistungsfreiheit jedenfalls die Unwirksamkeit der Sanktionsregelung in § 17 (6) ARB-RU 2000 entgegensteht.

a) § 17 (6) ARB-RU 2000 weicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der Neuregelung des § 28 VVG ab. Die Rechtsfolgenregelung in § 17 (6) Satz 1 und 2 ARB-RU 2000 beruht auf den gesetzlichen Vorgaben des § 6 Abs. 3 VVG a.F. (vgl. Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 17 ARB 2000 Rn. 78); Satz 3 setzt die hierzu entwickelte Relevanzrechtsprechung (vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 1970 - IV ZR 645/68, BGHZ 53, 160, 164; vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80, VersR 1982, 182, 183 m.w.N.) um. Von der ihr durch Art. 1 Abs. 3 EGVVG eröffneten Anpassungsmöglichkeit hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht.

aa) § 28 VVG n.F. ist anwendbar, da der Versicherungsfall im Jahr 2010 eingetreten ist (Art. 1 Abs. 1 , 2 EGVVG ). Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach § 4 (1) Satz 1 a) ARB-RU 2000 "grundsätzlich von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll." Begehrt der Versicherungsnehmer Rechtsschutz für die Geltendmachung eigener Ansprüche, kommt als frühestmöglicher Zeitpunkt das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet (Senatsurteil vom 24. April 2013 - IV ZR 23/12, VersR 2013, 899 Rn. 12 m.w.N.). Das ist hier die Weigerung des Lebensversicherers, den mit Schreiben vom 15. Februar 2010 erklärten Widerspruch anzuerkennen und die Differenz aus Prämienzahlung und Rückkaufswert zurückzuzahlen (vgl. Senatsurteil aaO Rn. 13 -17). Erst danach hat die Klägerin um Deckung ersucht.

bb) § 17 (6) ARB-RU 2000 weicht entgegen § 32 Satz 1 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der halbzwingenden Regelung des § 28 Abs. 2 bis 4 VVG ab (ebenso Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 17 ARB 2000 Rn. 78). Das gilt nicht nur für die Rechtsfolgen einer grob fahrlässigen (dazu Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 - IV ZR 199/10, BGHZ 191, 159), sondern auch für den Fall der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung.

(1) § 17 (6) Satz 1 ARB-RU 2000, der bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung grundsätzlich Leistungsfreiheit vorsieht, enthält eine im Vergleich zur gesetzlichen Neuregelung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 VVG ) für den Versicherungsnehmer nachteilige Beweislastverteilung. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG trägt, was sich aus der Formulierun g des Abs. 2 Satz 1 und im Umkehrschluss aus der Vermutung grober Fahrlässigkeit in Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ergibt, der Versicherer für den Vorsatz des Versicherungsnehmers die Beweislast (Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 28 Rn. 114; Rixecker in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 28 Rn. 67). Nach § 17 (6) Satz 1 ARB-RU 2000, dessen Formulierung sich an § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. und der dort igen Vorsatzvermutung orientiert, hat hingegen der Versicherungsnehmer zu beweisen, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hat (Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 17 ARB 2000 Rn. 117). Für den Versicherungsnehmer nachteilige Veränderungen der Beweislastverteilung gegenüber halbzwingenden Vorschriften sind unzulässig (Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 32 Rn. 1 i.V.m. § 28 Rn. 138; HK-VVG/Brömmelmeyer, 2. Aufl. § 18 Rn. 3).

(2) Auch von der in § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG n.F. getroffenen Kausalitätsregelung weicht § 17 (6) ARB-RU 2000, der noch am Sanktionsmodell des früheren § 6 VVG a.F. ausgerichtet ist, zum Nachteil des Versicherungsnehmers ab.

In Abweichung von § 28 Abs. 4 VVG n.F. fehlt § 17 (6) ARB-RU 2000 zudem eine Regelung, wonach die Leistungsfreiheit bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehenden Aufklärungsobliegenheit voraussetzt, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

b) Diese Abweichungen führen nach § 32 Satz 1 VVG n.F. i.V. m. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit des § 17 (6) ARB -RU 2000 (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 - IV ZR 199/10, BGHZ 191, 159 Rn. 19; Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherun g 8. Aufl. § 17 ARB 2000 Rn. 80). Die Abweichung von der halbzwingenden Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (vgl. Senatsurteil aaO; Senatsurteil vom 28. Juni 1995 - IV ZR 19/94, VersR 1995, 1185 unter I 3 d bb; Senatsbeschluss vom 18. März 2009 - IV ZR 298/06, VersR 2009, 769 Rn. 8). Die Vorsatzvermutung in § 17 (6) Satz 1 ARB-RU 2000 sowie die Möglichkeit einer Leistungsfreiheit des Versicherers bei für ihn nicht konkret nachteiligen Obliegenheitsverletzungen nach § 17 (6) Satz 3 ARB-RU 2000 und einer Leistungsfreiheit, die unabhängig von einer Mitteilung der Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung eintritt, ist mit wesentlichen Grund gedanken des § 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 VVG nicht zu vereinbaren. Der Hinweis der Revisionserwiderung darauf, dass die Obliegenheit arglistig verletzt worden sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nicht an das neue Versicherungsvertragsgesetz angepasste Altbedingungen sin d vielmehr unabhängig von der Art des Verschuldens im konkreten Fall unwirksam.

c) Die durch die Unwirksamkeit des § 17 (6) ARB -RU 2000 entstandene Vertragslücke kann nicht durch Anwendung der gesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 , 4 VVG geschlossen werden (Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 - IV ZR 199/10, BGHZ 191, 159 Rn. 32 ff.; für den Fall einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung: OLG Celle VersR 2012, 753 unter 2 b cc). § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG setzt eine vertragliche Vereinbarung voraus, die bestimmt, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist (Senatsurteil aaO Rn. 34). An einer solchen Vereinbarung fehlt es aufgrund der Unwirks amkeit des § 17 (6) ARB-RU 2000. Ein Rückgriff auf § 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 VVG über § 306 Abs. 2 BGB scheidet au s, weil es sich bei Art. 1 Abs. 3 EGVVG um eine gesetzliche Sonderregelung handelt, die in ihrem Anwendungsbereich die allgemeine Bestimmung des § 306 Abs. 2 BGB verdrängt. Mit der durch die Anpassungsmöglichkeit nach Art. 1 Abs. 3 EGVVG bezweckten Gewährleistung der Transparenz von Versicherungsbedingungen wäre eine Lückenfüllung durch Anwendung der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren (Senatsurteil aaO Rn. 35 ff.).

d) Auch für eine Anpassung des § 17 (6) ARB-RU 2000 an die durch § 28 VVG geänderte Rechtslage im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ist kein Raum (Senatsurteil aaO Rn. 45 ff.; für den Fall einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung: OLG Celle VersR 2012, 753 unter 2 b dd).

2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

a) Eine Ablehnung des Rechtsschutzes mangels hinreichender Erfolgsaussichten (§ 18 (1) b) Satz 1 ARB-RU 2000) kommt nicht in Betracht.

Auf fehlende hinreichende Erfolgsaussichten kann sich die Beklagte nach § 128 Satz 3 VVG nicht berufen. Hiernach gilt das Rechtsschutzbedürfnis als anerkannt, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Verneinung seiner Leistungspflicht nicht gemäß § 128 Satz 2 VVG auf ein im Versicherungsvertrag vorgesehenes Gutachterverfahren i.S. von § 128 Satz 1 VVG hinweist oder der Versicherungsvertrag ein derartiges Verfahren nicht vorsieht. Nach den Feststel lungen im Urteil des Amtsgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, hat sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit wegen fehlender Erfolgsaussichten berufen, ohne über die Möglichkeit des in § 18 (2)-(6) ARB-RU 2000 vorgesehenen Stichentscheids- und Schiedsgutachterverfahrens aufzuklären. Offen bleiben kann, ob dieses Verfahren als Gutachterverfahren bzw. vergleichbares Verfahren i.S. von § 128 Satz 1 VVG anzusehen ist, weil die Rechtsfolge des Satzes 3 auch eintritt, wenn der Versicherungsvertrag kein entsprechendes Verfahren vorsieht.

Unerheblich ist ferner, dass die anwaltlichen Vertreter der Klägerin nach der Behauptung der Beklagten Kenntnis von dem Verfahren hatten. Allerdings wird teilweise angenommen, die Hinweispflicht entfalle, wenn der Versicherungsnehmer oder sein Rechtsanwalt die Möglichkeit des Stichentscheids- bzw. Schiedsgutachterverfahrens kenne, weil ein Hinweis in diesem Fall gemessen am Sinn und Zweck des § 158n VVG a.F. (= § 128 VVG n.F.) eine nicht gerechtfertigte Förmlichkeit sei (so OLG Karlsruhe VersR 1999, 613, 614 f. und unter Berufung auf diese Entscheidung: MünchKomm-VVG/Richter, § 128 Rn. 24; HK-VVG/Münkel, 2. Aufl. § 128 Rn. 4; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 128 Rn. 6; Obarowski in Beckmann/Matusche -Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 37 Rn. 448; vgl. auch Hillmer-Möbius in Schwintowski/Brömmelmeyer, 2. Aufl. § 128 Rn. 14, der die Pflicht nur in Einzelfällen entfallen lassen will, wenn die Kenntnis zweifelsfrei angenommen werden kann). Eine solche Einschränkung der Hinweispflicht ist jedoch abzulehnen (so auch Rixecker in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 128 Rn. 5; Vogel in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 128 Rn. 12; Brünger in Fachanwaltskommentar Versicherungsrecht § 128 Rn. 9; Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 128 VVG Rn. 8; Buschbell in Buschbell/Hering, Handbuch Rechtsschutzversicherung 5. Aufl. § 33 Rn. 5; Bauer, NJW 2000, 1235, 1239; OLG Celle VersR 2002, 91, 92; OLG Hamm VersR 1999, 1362, 1363; OLG Köln NVersZ 2000, 590, 591). Der Hinweispflicht und der Anwendung des § 128 Satz 3 VVG bei unterlassenem Hinweis steht nicht entgegen, dass der Versicherungsnehmer oder sein Rechtsanwalt die Möglichkeit eines solchen Verfahrens kennt. Der Wortlaut des § 128 Satz 2 VVG sieht eine Einschränkung der Hinweispflicht aus subjektiven Gründen nicht vor; auch § 128 Satz 3 VVG knüpft die Fiktion der Anerkennung an rein objektive Kriterien. Die Hinweispflicht soll Klarheit darüber scha ffen, aus welchen Gründen der Versicherer seine Deckungspflicht ablehnt, was eine Erfüllung unabhängig von der Kenntnis oder Unkenntnis des Empfängers erfordert (Vogel aaO). § 128 Satz 3 VVG sanktioniert bereits das Unterlassen der Mitteilung auch deshalb, weil ein Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers keine hinreichende Gewähr für die Erfüllung der Pflicht böte (Armbrüster aaO Rn. 7).

b) Die Beklagte kann sich auch nicht auf den Leistungsausschluss nach § 3 (4) d) ARB-RU 2000 berufen, wonach Rechtsschutz nicht besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus vom Versicherungsnehmer in eigenem Namen geltend gemachten Ansprüchen anderer Personen. Die im Prozessbetreuungsvertrag vereinbarte - stille - Sicherungszession macht die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag aus mehreren Gründen nicht zu Ansprüchen einer "anderen Person".

aa) Nach den tatrichterlichen Feststellungen ist, wie im Prozessbetreuungsvertrag vereinbart (vgl. § 4 (1) Satz 3 der dortigen AGB), die in den Versicherungsbedingungen zum Lebensversicherungsvertrag vorgeschriebene Anzeige der Abtretung gegenüber dem Lebensversicherer unterblieben. Die Abtretung ist daher absolut unwirksam (Senatsurteile vom 31. Oktober 1990 - IV ZR 24/90, BGHZ 112, 387 , 389 ff.; vom 10. März 2010 - IV ZR 207/08, VersR 2010, 936 Rn. 13 m.w. N.), so dass § 3 (4) d) ARB-RU 2000 bereits seinem Wortlaut nach nicht eingreift.

bb) Im Übrigen erfasst die genannte Klausel nicht die Geltendmachung der von der Klägerin nur zur Sicherung abgetreten en Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag.

Ihr Zweck, der vor allem auf Fälle der gewillkürten Prozessstandschaft und der Schadensliquidation im Drittinteresse zielt (Plote in van Bühren/Plote, ARB 3. Aufl. § 3 ARB 2010 Rn. 128; Bultmann in Terbille/ Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 3. Aufl. § 27 Rn. 254), geht erkennbar dahin zu verhindern, dass ein nicht versicherter eigentlicher Rechtsinhaber in den Genuss der Rechtsschutzleistung kommt, indem er an seine Stelle eine rechtsschutzversicherte Person treten lässt, die den Anspruch geltend macht (Senatsurteile vom 29. Oktober 2008 - IV ZR 128/07, VersR 2009, 216 Rn. 17; vom 29. April 1998 - IV ZR 21/97, NJW 1998, 2449 unter 2 a). Der Rechtsschutzversicherer soll nicht durch eine solche nachträgliche Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten mit einem Kostenrisiko belastet werden, für das er keine Prämien erhalten hat (Senatsurteil vom 29. Oktober 2008 aaO). Unter Berücksichtigung dessen hat der Senat die Klausel bereits einschränkend dahin ausgelegt, dass sie weder den Fall einer Fremdversicherung erfasst, bei der es von vornherein Sache des Versicherungsnehmers ist, die Rechte des Mitversicherten geltend zu machen (Senatsurteil vom 29. April 1998 aaO unter 2 b), noch die Geltendmachung eines fremden Anspruchs nach dessen Pfändung und Überweisung, weil hier der rechtsschutzversicherte Pfändungspfandgläubiger im eigenen Interesse handelt (Senatsurteil vom 29. Oktober 2008 aaO Rn. 18 zum vergleichbaren Ausschluss des § 4 Abs. 2 c ARB 92) .

Auch im Streitfall ist der Schutzzweck des § 3 (4) d) ARB-RU 2000 nicht berührt, wenngleich im Grundsatz Fälle gewillkürter Prozessstandschaft von der Klausel erfasst werden. Eine Verlagerung der Prozesskostenlast von einer nicht versicherten Person auf die Versicherungsnehmerin - und damit letztlich auf den Rechtsschutzversicherer - ist hier nicht erfolgt. Geltend gemacht werden vielmehr originär eigene Ansprüche der bei der Beklagten versicherten Klägerin aus ihrem Lebensversicherungsvertrag. Auch nach deren Abtretung sind diese Ansprüche wirtschaftlich weiterhin der Klägerin zuzuordnen. Der Prozessbetreuungsvertrag und die dort vereinbarte Sicherungsabtretung sollen lediglich deren Durchsetzung im Interesse der Klägerin erleichtern. Die Zessionarin ... ist im Innenverhältnis zur Klägerin erst bei einem Verzug mit deren Leistungen zur Offenlegung der Zession und zur Geltendmachung im eigenen Namen berechtigt (§ 4 (2) AGB) und bleibt auch dann zur Rückübertragung nach Erlösauskehr verpflichtet (§ 4 (3) AGB). Von den geltend zu machenden Ansprüchen aus dem Lebensversicherungsvertrag steht ... lediglich ein Anteil von 25% des den Rückkaufswert übersteigenden Mehrerlöses zu (vgl. auch Senatsurteil vom 11. Dezember 2013 - IV ZR 46/13, WM 2014, 66 Rn. 19 ff.).

c) Der Leistungsausschluss nach § 5 (3) g) ARB -RU 2000 für Kosten, "zu deren Übernahme ein anderer verpflichtet wäre, wenn der Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht bestünde ", greift nicht ein, weil hier keine Kostentragungspflicht eines anderen gegenüber der Klägerin besteht. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich das insbesondere nicht aus dem Prozessbetreuungsvertrag, da er keine Kostentragungspflicht der ... vorsieht.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 2. April 2014

Vorinstanz: AG München, vom 25.05.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 261 C 26459/11
Vorinstanz: LG München I, vom 27.02.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 30 S 12152/12
Fundstellen
DB 2014, 7
MDR 2014, 658
NJW 2014, 1813
NJW 2014, 6
VersR 2014, 699
WM 2014, 939
r+s 2014, 282