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BGH - Entscheidung vom 29.07.2014

IV ZB 37/13

Normen:
ZPO § 574 Abs. 2
JVEG § 20
JVEG § 21 S. 1
JVEG § 22

BGH, Beschluss vom 29.07.2014 - Aktenzeichen IV ZB 37/13

DRsp Nr. 2014/12581

Auskunftsanspruch einer Tochter durch Vorlage eines Verzeichnisses über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Gegenstände des Erblassers

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 5. November 2013 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.

Beschwerdewert: 600 €

Normenkette:

ZPO § 574 Abs. 2 ; JVEG § 20 ; JVEG § 21 S. 1; JVEG § 22 ;

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von ihrer Mutter durch Vorlage eines Verzeichnisses Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände nach ihrem am 25. November 2008 verstorbenen Vater, Ehemann der Beklagten (Erblasser).

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten unter Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren auf bis zu 600 € als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.

II. Das Rechtsmittel ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 , § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber unzulässig, weil Gründe für eine Zulassung nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Beklagte nicht in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise zu erschweren (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 278/13, FamRZ 2014, 644 Rn. 3). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

2. Das Berufungsgericht hat die Erstbeschwerde zutreffend gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig verworfen; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600 € nicht.

a) Zu Recht hat es bei der Wertbemessung unter Heranziehung der Vorschriften des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes ( JVEG ) auf den Aufwand an Zeit und Kosten abgestellt, den die Erfüllung des titulierten Auskunftsanspruchs erfordert (Senatsbeschlüsse vom 27. Februar 2013 - IV ZR 42/11, ErbR 2013, 154 Rn. 14 und 10. März 2010 - IV ZR 255/08, FamRZ 2010, 891 Rn. 6; jeweils m.w.N.). Das legt auch die Rechtsbeschwerde zugrunde.

Ohne Erfolg bleibt hingegen ihr Vorwurf, das Berufungsgericht habe bei dem Mindestansatz von 3 € pro Stunde für die nicht berufstätige Beklagte übersehen, die der Entschädigung für Zeitversäumnisse gemäß § 20 JVEG vorgehende Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung gemäß § 21 JVEG mit 14 € pro Stunde in Ansatz zu bringen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist nicht dargetan, dass die Beklagte - wie von § 21 Satz 1 JVEG vorausgesetzt - einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führt. In der Klageschrift ist lediglich ausgeführt, dass die Beklagte und die Geschwister der Klägerin in dem zum Nachlass gehörenden Hausanwesen wohnen. Im nachfolgenden Schriftsatz trägt die Klägerin ergänzend vor, die Beklagte habe mit dem Erblasser bis zu dessen Tod gemeinsam in diesem Haus gelebt und "gemeinsam eine häusliche Gemeinschaft" geführt. Der Beklagtenvortrag verhält sich dazu insgesamt nicht. Selbst auf die im ersten Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 29. August 2013 enthaltene Ankündigung, den Stundensatz für nicht Berufstätige zur Bemessungsgrundlage machen zu wollen, weist die Beklagte lediglich auf den im Streitfall nicht einschlägigen maximalen Stundensatz bei Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG hin.

Fehlerfrei hat das Berufungsgericht daher auf die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG abgestellt.

Abgesehen davon erschiene selbst der bei einem Stundensatz von 14 € anzuerkennende Zeitaufwand von über 40 Stunden für die zu erteilende Auskunft, um die Wertgrenze von mehr als 600 € zu erreichen, zu hoch angesetzt.

b) Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde ferner, das Berufungsgericht habe nicht in seine Überlegungen einbezogen, dass die Beklagte wegen des nicht hinreichend bestimmten Urteilsausspruchs anwaltliche Hilfe bei der Auskunftserteilung in Anspruch nehmen dürfe. Im zweiten Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 30. September 2013 wird auf diesen bereits zuvor geltend gemachten Einwand zutreffend die nach Person des Erblassers und Datum des Erbfalles ausreichende Bestimmtheit des erstinstanzlichen Urteilsausspruchs festgestellt. Gerade Letzteres war in der von der Rechtsbeschwerde für ihre abweichende Ansicht herangezogenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Januar 2009 (2 W 129/08, [...]) nicht der Fall. Der Stichtag für die Auskunftserteilung stand dort nicht fest, weil auch der Todeszeitpunkt nach dem Klageantrag nur mit einer Zeitspanne eingegrenzt werden konnte.

Die streitwerterhöhende Berücksichtigung von Anwaltskosten hat das Berufungsgericht zu Recht ausgeschlossen. Ein für die Auskunftserteilung erforderlicher, 600 € übersteigender Kostenaufwand ist damit insgesamt nicht glaubhaft gemacht.

Vorinstanz: LG Görlitz, vom 05.11.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 2 S 76/13
Vorinstanz: AG Bautzen, vom 07.03.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 21 C 78/12