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BGH - Entscheidung vom 16.04.2014

2 StR 530/13

Normen:
StGB § 21

BGH, Urteil vom 16.04.2014 - Aktenzeichen 2 StR 530/13

DRsp Nr. 2014/9201

Annahme verminderter Schuldfähigkeit bei einer Blutalkoholkonzentration von 3,18 Promille

Tenor

1.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Limburg vom 1. August 2013 wird verworfen.

2.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und seine notwendigen Auslagen zu tragen.

Normenkette:

StGB § 21 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die es zur Bewährung ausgesetzt hat. Von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat es abgesehen. Seine Revision bleibt ohne Erfolg.

I. Nach den Feststellungen des Landgerichts lebte der Angeklagte, der regelmäßig nach Feierabend 4 bis 6 Flaschen Bier und am Wochenende zusätzlich 3 Liter Sangria trank, mit der Zeugin G. in einer Wohngemeinschaft, in der jeder von ihnen eines von drei Zimmern bewohnte. Zwischen ihnen bestand zumindest seit Mitte des Jahres 2011 eine intime Beziehung, in deren weiteren Verlauf es auch des Öfteren zu Streitigkeiten und sogar zu körperlichen Übergriffen kam.

Im März 2013 ging die Zeugin ein neues Verhältnis zu einem anderen Mann ein. Dies teilte sie dem Angeklagten am 12. April 2013 mit und beendete die Beziehung zu ihm. Der Angeklagte wollte dies nicht akzeptieren. Er erwarb am 19. April 2013 Geschenke für die Zeugin und erwartete sie in der Wohnung. Während dieser Zeit trank er Bier und auch Sangria. Die Zeugin traf sich zur gleichen Zeit mit ihrem neuen Freund und kam erst gegen Abend nach Hause. Dort empfing sie der Angeklagte mit den Worten, dass er sie noch liebe. Die Zeugin erwiderte, sie würde ihn aber nicht mehr lieben und wolle jetzt mit ihrem neuen Freund zusammen sein. Der Angeklagte trank weiter Alkohol und legte sich schlafen, während die Zeugin die Wohnung noch einmal verließ. Als sie zurückkehrte, wachte der Angeklagte auf, ging in ihr Zimmer hinüber und erklärte ihr, dass er nun Sex wolle. Die Zeugin G. lehnte das zweimal ab, woraufhin sich der Angeklagte entschloss, den Geschlechtsverkehr mit Gewalt zu erzwingen. Er legte sich auf sie, hielt sie mit einer Hand fest und entkleidete sie mit der anderen Hand. Er zog auch seine Hose herunter und drang mit seinem erigierten Glied vaginal in die sich weiter wehrende Zeugin ein. Schließlich teilte er ihr mit, er sei gleich fertig. Ob der Angeklagte zum Samenerguss gekommen ist, ließ sich in der Hauptverhandlung nicht klären.

Der Angeklagte und die Zeugin G. , die versucht, ihm aus dem Weg zu gehen, wohnen unverändert in der Wohngemeinschaft. Über die Tat sprechen sie nicht.

Anhand der Trinkmengenangaben des Angeklagten wies er zur Tatzeit eine Blutalkoholkonzentration von maximal 3,18 Promille und mindestens 1,38 Promille auf. Gleichwohl hat die Kammer - sachverständig beraten - die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB nicht angenommen.

II. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.

1. Die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Dies gilt auch, soweit die Strafkammer von der Anwendung des § 21 StGB abgesehen hat. Im Hinblick auf die aufgezählten psychodiagnostischen Beurteilungskriterien lässt diese Entscheidung der Kammer trotz der im Raum stehenden hohen Blutalkoholkonzentration des Angeklagten zur Tatzeit keinen Rechtsfehler erkennen.

2. Auch die knappen Erwägungen, mit denen das Landgericht von der Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB abgesehen hat, begegnen im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Dabei kann dahinstehen, ob der Angeklagte - wie der Generalbundesanwalt meint - einen Hang hat, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen. Jedenfalls ist das Landgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Tat nicht auf dem Alkoholkonsum des Angeklagten beruht, dieser lediglich tatkonstellativ gewesen sei. Bei dem Übergriff des Angeklagten handelte es sich ersichtlich um eine Konflikttat, bei der ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Hang und Anlasstat regelmäßig wenig nahe liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 4 StR 572/13). Die Tat ist aber nach den nachvollziehbaren landgerichtlichen Feststellungen aus der besonderen Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Zeugin G. und aus der mit der Trennung verbundenen emotionalen Belastungssituation heraus entstanden, was sich auch daran ablesen lässt, dass es nach der Beendigung der Beziehung zu weiteren Übergriffen des Angeklagten auf die noch in derselben Wohnung lebende Zeugin nicht gekommen ist.

Von Rechts wegen

Vorinstanz: LG Limburg, vom 01.08.2013