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BGH - Entscheidung vom 29.04.2010

I ZR 147/09

Normen:
ZPO § 233 ff.

Fundstellen:
GRUR-RR 2010, 407

BGH, Beschluss vom 29.04.2010 - Aktenzeichen I ZR 147/09

DRsp Nr. 2010/9549

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand infolge einer Versagung der Ausgangskontrolle im Büro eines Prozessbevollmächtigten

Beruht eine Fristversäumung auf einem nicht vorhersehbaren Fehler eines bis dahin beanstandungsfrei arbeitenden Kanzleiangestellten, der zum Versagen der Ausgangskontrolle geführt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Normenkette:

ZPO § 233 ff.;

Gründe

I.

Die Beklagte begehrt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Beklagte hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Berufungsgerichts, das der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage stattgegeben hat, Beschwerde eingelegt. Die Frist zur Begründung der Beschwerde ist zuletzt bis zum 18. Februar 2010 verlängert worden. Die Schrift zur Begründung der Beschwerde ist erst am 19. Februar 2010 beim Bundesgerichtshof eingegangen. Nachdem die Mitteilung davon ihren Prozessbevollmächtigten am 12. März 2010 zugestellt worden war, hat die Beklagte am 16. März 2010 wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu vorgetragen:

Der für sie tätige Rechtsanwalt habe die bereits am Vortag fertiggestellte Nichtzulassungsbeschwerdebegründung am 18. Februar 2010 um 18.30 Uhr unterzeichnet und in einer Umlaufmappe der in seiner Kanzlei tätigen Rechtsanwaltsfachgehilfin H. übergeben. Diese sei seit Oktober 2004 in dem Anwaltsbüro beschäftigt und habe in diesem Zeitraum bei Abwesenheit der Bürovorsteherin das Fristenmanagement erledigt, ohne dass ihr dabei Fehler unterlaufen seien. Auf seine Frage, wer "den Fristablauf in dieser Sache noch heute dem Gericht überbringe", habe Frau H. erklärt, dass sie das machen werde. Im weiteren Verlauf der Dinge habe Frau H., die in der Vergangenheit tagsüber vielfach "Sonderboten-Dienste" zum Bundesgerichtshof geleistet habe, die unterzeichneten und für das Gericht bestimmten Schriftstücke in der Unterschriftenmappe in das für das Gericht bestimmte Ausgangsfach gelegt. Sie habe dabei entgegen der ihr erteilten allgemeinen Weisung die Beschwerdebegründung in dieser Sache nicht nach Anbringung eines entsprechenden Vermerks im Fristenbuch in die verschließbare schwarze Box gelegt, die für zum Bundesgerichtshof zu bringende fristgebundene Schriftstücke bestimmt sei. Außerdem habe sie entgegen der ihr als seinerzeit amtierenden Fristenbuchführerin erteilten allgemeinen Weisung nicht mehr im Fristenkalender für den 18. Februar 2010 nachgesehen, ob alle für diesen Tag eingetragenen Fristen versorgt gewesen seien, sondern sich darauf verlassen, dass das schon zuvor der Fall gewesen sei, und daher den Eintrag der in der vorliegenden Sache noch zu versorgenden Frist im Fristenbuch nicht erkannt.

II.

Nach diesem durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Kanzleiangestellten H. glaubhaft gemachten Vorbringen ist der Beklagten auf ihren form- und fristgerecht gestellten Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten (§§ 233 bis 235 , 544 Abs. 2 ZPO ). Die Versäumung der Frist beruht nicht auf einem Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten, das die Beklagte sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Die im Büro der Prozessbevollmächtigten praktizierte Ausgangskontrolle für fristwahrend einzureichende Schriftsätze genügt den insoweit nach der Rechtsprechung bestehenden Anforderungen (vgl. Zöller/ Greger, ZPO , 28. Aufl., § 233 Rdn. 23 "Ausgangskontrolle", m.w.N.). Die eingetretene Fristversäumung beruht darauf, dass der Kanzleiangestellten H. am 18. Februar 2010 zwei Fehler unterlaufen sind, die zum Versagen dieser Ausgangskontrolle geführt haben. Nachdem Frau H. bis dahin beanstandungsfrei gearbeitet hatte, waren die Fehler für die Prozessbevollmächtigten nicht vorhersehbar. Sie trifft daher auch unter diesem Gesichtspunkt kein Verschulden.

III.

Über die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens ist erst in der Endentscheidung zu befinden (vgl. Zöller/Greger aaO § 238 Rdn. 11 m.w.N.).

Vorinstanz: OLG Köln, vom 09.09.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 48/09
Vorinstanz: LG Köln, vom 19.03.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 31 O 345/08
Fundstellen
GRUR-RR 2010, 407