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BGH - Entscheidung vom 20.04.2010

IV ZR 249/08

Normen:
ZPO § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1

BGH, Beschluss vom 20.04.2010 - Aktenzeichen IV ZR 249/08

DRsp Nr. 2010/11024

Annahme der grds. Bedeutung einer Sache allein aufgrund der Abhängigkeit einer Entscheidung von der Auslegung einer Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen; Ansprüche aus einer Hausratversicherung wegen eines behaupteten Blitzschadens

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 13. Oktober 2008 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen

vier Wochen.

Normenkette:

ZPO § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ;

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Hausratversicherung für das Wohngrundstück ... in W. wegen eines behaupteten Blitzschadens geltend. Im Versicherungsschein sind als versicherte Gefahren Feuer, Einbruchdiebstahl, Raub, Vandalismus nach einem Einbruch, Leitungswasser, Sturm und Hagel genannt. Ferner heißt es:

"Hausrat zum Wiederbeschaffungswert einschließlich erweiterter Elementarschadenversicherung gemäß Klausel HR0001 und Überspannungsschäden durch Blitz bis 10% der Versicherungssumme gemäß Klausel HR0002."

In der Zusatzklausel HR0002 ist bestimmt:

"Abweichend von § 4 Nr. 8b VHB 2001 ersetzen wir auch Überspannungsschäden durch Blitz."

§ 4 Nr. 8b der dem Vertrag zugrunde liegenden VHB 2001 besagt:

"Der Versicherungsschutz nach Nr. 1 bis Nr. 7 erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf ... Kurzschluß- und Überspannungsschäden, die an elektrischen Einrichtungen entstanden sind, wenn der Blitz nicht unmittelbar auf das Gebäude aufgetroffen ist, in dem sich versicherte Sachen (siehe § 1) befinden."

Am 23. Juli 2004 kam es zu einem Ausfall des Gebläses und der Kühlanlage im Wintergarten des Hauses. Die Klägerin verlangt Ersatz von 10% des behaupteten Schadens an Palmen sowie weiteren Pflanzen in Höhe von insgesamt 7.922 €, mithin 792,20 €. Hierzu hat sie behauptet, zu dem Ausfall der Kühlanlage sei es gekommen, weil infolge einer durch Blitzschlag eingetretenen Überspannung der FI-Schalter herausgesprungen sei, wodurch die Stromzufuhr für die Kühlanlage im Wintergarten unterbrochen worden sei, der sich dann auf 60 Grad aufgeheizt und die Pflanzen zerstört habe.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen.

II.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO ).

1.

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Dafür genügt es nicht, dass eine Entscheidung von der Auslegung einer Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen abhängt. Erforderlich ist vielmehr, dass deren Auslegung über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist (Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02 - VersR 2004, 225 unter 2 a) und die Rechtssache damit eine Rechtsfrage im konkreten Fall als entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig aufwirft und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 154, 288 , 291; 152, 182, 191).

Dass diese Voraussetzungen bei den von der Beklagten verwendeten Versicherungsbedingungen zum Ersatz von Überspannungsschäden erfüllt sein könnten, wird weder im Berufungsurteil noch in der Revisionsbegründung dargelegt. Auch für den Senat ist nicht ersichtlich, dass zu der angefochtenen Entscheidung und den sie tragenden Gründen andere Rechtsauffassungen vertreten werden. Durch die verwendete Klausel werden Überspannungsschäden durch Blitz, die gemäß § 4 Nr. 8b) VHB 2001 unter den dort genannten Voraussetzungen grundsätzlich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, wieder in den Versicherungsschutz mit einbezogen. Dieser Wiedereinschluss in den Versicherungsschutz (hierzu Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. C II Rdn. 24 ff.; Prölss/Martin/Kollhosser, VVG 27. Aufl. § 4 VHB 84 Rdn. 5; Dietz, Wohngebäudeversicherung, 2. Aufl. E Ziff. 2.5, jeweils zu älteren Regelungen in § 4 Nr. 2 VHB 84, § 9 Nr. 2c VGB 88) ist bisher lediglich Gegenstand der auch vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung des OLG Köln (VersR 2006, 969 zu § 3 Nr. 1 VHB 84) gewesen. Diese stimmt indessen mit der Auffassung des Berufungsgerichts in den tragenden Gründen überein.

2.

Die Revision hat auch in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat richtig entschieden.

a)

Durch die Klausel HR0002 und die Regelung im Versicherungsvertrag werden auch Überspannungsschäden durch Blitz bis zu 10% der Versicherungssumme abweichend von § 4 Nr. 8b VHB 2001 ersetzt. Letztgenannte Bestimmung schließt Kurzschluss- und Überspannungsschäden, die an elektrischen Einrichtungen entstanden sind, grundsätzlich vom Versicherungsschutz aus, wenn der Blitz nicht unmittelbar auf das Gebäude aufgetroffen ist. An einem derartigen Überspannungsschaden an einem elektrischen Gerät fehlt es. Kühlung und Gebläse sind lediglich außer Funktion gesetzt worden, weil der herausgesprungene FI-Schalter im Sicherungskasten die Stromzufuhr zu ihnen unterbrochen hat. Irgendein Schaden an der Klimaanlage und dem Gebläse ist hierdurch nicht eingetreten. Durch das Abschalten des Fehlerstromschutzschalters werden Überspannungsschäden an den elektrischen Geräten gerade verhindert.

Eine weitergehende Auslegung, die schon jede Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines elektrischen Gerätes lediglich infolge der unterbrochenen Stromzufuhr als Überspannungsschaden ansieht, kommt nicht in Betracht. Sie würde den Versicherungsschutz vom konkreten Sachschaden an der elektrischen Einrichtung (mit dem daraus resultierenden Folgeschaden) lösen und lediglich eine allgemeine Stromausfallversicherung darstellen. Eine solche ist hier nicht vereinbart. Ohne Erfolg macht die Revision demgegenüber geltend, für die Verletzung des Eigentums nach § 823 Abs. 1 BGB sei keine Substanzverletzung erforderlich, sondern es genüge schon die Entziehung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs (vgl. BGHZ 55, 153 , 159; BGH, Urteile vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - NJW 2004, 356 unter II 2 b; vom 21. November 1989 - VI ZR 350/88 - NJW 1990, 908 unter II 2 b aa (2)). Hier geht es demgegenüber nicht darum, ob deliktsrechtlich eine Eigentumsverletzung vorliegt, sondern ob ein Sachschaden im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen gegeben ist. Der Begriff der Eigentumsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB kann nicht ohne weiteres auf das Recht der Sachversicherung übertragen werden (vgl. Martin aaO B III Rdn. 7). Hier ist daran festzuhalten, dass es zu irgendeiner Beeinträchtigung der Substanz der beschädigten Sache durch die Überspannung kommen muss.

Auch auf einen Überspannungsschaden an dem FI-Schalter kann nicht abgestellt werden. Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht, dass es überhaupt zu einer Beschädigung des FI-Schalters gekommen wäre. Dieser ist vielmehr funktionstüchtig geblieben und lediglich infolge der Überspannung entsprechend seiner vorgesehenen Funktion umgeschaltet worden, wodurch es zu einer Unterbrechung der Stromzufuhr kam.

b)

Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, ein Ersatzanspruch ergebe sich bereits unmittelbar aus § 4 Nr. 2 VHB 2001, der Blitzschlag als das unmittelbare Auftreffen eines Blitzes auf Sachen definiert. Auf diese Begriffsbestimmung des Blitzschlages kommt es schon deshalb nicht an, weil Blitzschlag im Versicherungsschein überhaupt nicht unter den versicherten Gefahren aufgeführt wird und lediglich für einen Teilbereich blitzbedingter Schäden in der zusätzlichen Regelung im Versicherungsschein und in der Klausel HR0002 Versicherungsschutz gewährt wird. Deren Voraussetzungen liegen hier aber gerade nicht vor.

Hinweis:Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanz: AG Brandenburg, vom 03.09.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 33 C 34/07
Vorinstanz: LG Potsdam, vom 13.10.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 7 S 133/07