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BGH - Entscheidung vom 27.04.2005

XII ZB 48/01

Normen:
FGG § 20 Abs. 1 S. 1
ZPO § 621a § 623 Abs. 1 S. 3
BGB § 1587

Fundstellen:
FamRZ 2005, 1240

BGH, Beschluss vom 27.04.2005 - Aktenzeichen XII ZB 48/01

DRsp Nr. 2005/8306

Beschwerdeberechtigung eines Ehegatten im Versorgungsausgleichsverfahren; Durchführung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten

1. Macht ein Ehegatte geltend, bei zutreffender Berücksichtigung seiner Versorgungsanwartschaften sei er nicht ausgleichspflichtig, sondern ausgleichsberechtigt, so dass der Versorgungsausgleich entgegen der Annahme des Amtsgerichts durchzuführen sei, so kann dem nicht entgegen gehalten werden, der Ehegatte sei nicht beschwert, weil der Beschluss seinem Antrag entspreche. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich erfolgt von Amts wegen; eines entsprechenden Antrages bedarf es nicht. Auf den Antrag eines Ehegatten kommt es deshalb auch für die Frage der Beschwerdeberechtigung nicht an.2. Für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten ist im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75% gem. § 14 BeamtVG maßgeblich. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird.

Normenkette:

FGG § 20 Abs. 1 S. 1 ; ZPO § 621a § 623 Abs. 1 S. 3 ; BGB § 1587 ;

Gründe:

I. Das Amtsgericht hat die am 13. Mai 1977 geschlossene Ehe der Parteien - nach Abtrennung des Versorgungsausgleichs - geschieden. Durch Beschluß vom 4. Juli 2000 hat es entschieden, daß der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten werde. Dabei ist es davon ausgegangen, daß die Ehefrau (Antragstellerin), die über Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (weitere Beteiligte zu 1), eine Anwartschaft auf Leistungen aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Bayerischen Versorgungskammer - Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden - (weitere Beteiligte zu 2) und Anrechte auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei dem Beamtenversicherungsverein und bei der Deutschen Bank (weitere Beteiligte zu 3 und 4) verfüge, insgesamt die werthöheren Anwartschaften erworben habe. Ein Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes (Antragsgegner), der allein Anwartschaften auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften bei der Deutschen Bundesbank (weitere Beteiligte zu 5) erlangt habe, finde aber nicht statt, weil dieser unwirtschaftlich sei. Der Ehemann werde aufgrund des Versorgungsausgleichs keine Rente erhalten, da er die Wartezeit nicht erfülle. Auf entsprechenden Antrag sei deshalb gemäß § 1587 b Abs. 4 BGB der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorzubehalten.

Dagegen hat die Ehefrau Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, das Amtsgericht habe hinsichtlich ihrer betrieblichen Altersversorgung bei dem Beamtenversicherungsverein als Monatsbetrag der Überschußrente fälschlicherweise den Jahresbetrag angesetzt und deshalb zu Unrecht angenommen, daß sie ausgleichspflichtig sei. Bei zutreffender Feststellung ihres Anrechts auf betriebliche Altersversorgung bei dem Beamtenversicherungsverein ergebe sich, daß der Versorgungsausgleich zu ihren Gunsten durchzuführen sei.

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Ehefrau.

II. Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Ehefrau für unzulässig gehalten, weil der Beschluß ihrem Antrag entspreche und sie deshalb nicht beschwert sei. Daß das Amtsgericht die Überschußrente des Beamtenversicherungsvereins versehentlich mit einer Monatsrente von 502,76 DM statt, wie richtig, mit einer Jahresrente in dieser Höhe in seine Berechnung eingestellt habe, werde bei der Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen sein. Insofern liege zwar eine unerwünschte und unzutreffende Feststellung vor; diese wirke sich auf die getroffene Feststellung aber nicht aus.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

2. a) Die Beschwerdeberechtigung der Ehegatten richtet sich nach § 621 a ZPO in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 FGG . Der Versorgungsausgleich muß mit einem im Gesetz nicht vorgesehenen Eingriff in die subjektive Rechtsstellung des Beschwerdeführers verbunden sein. Deshalb ist der ausgleichsberechtigte Ehegatte z.B. in seinen Rechten betroffen und mithin durch eine Entscheidung beschwert, wenn das Gericht einen Ausgleichsanspruch überhaupt verneint hat. Insofern reicht es für eine Rechtsbeeinträchtigung aus, daß der Beschwerdeführer geltend macht, durch die Regelung des Versorgungsausgleichs werde in einer dem Gesetz nicht entsprechenden Weise in seine Rechtsstellung eingegriffen. Für die Zulässigkeit der Beschwerde kommt es nicht darauf an, ob die behauptete Rechtsbeeinträchtigung tatsächlich vorliegt (Senatsbeschluß vom 5. Dezember 1990 - XII ZB 121/90 - FamRZ 1991, 549 , 550).

b) Danach kann die Beschwerdeberechtigung der Ehefrau nicht verneint werden. Sie hat geltend gemacht, bei zutreffender Berücksichtigung ihrer Versorgungsanwartschaften sei sie nicht ausgleichspflichtig, sondern ausgleichsberechtigt, so daß der Versorgungsausgleich entgegen der Annahme des Amtsgerichts durchzuführen sei. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Ehefrau sei nicht beschwert, weil der Beschluß ihrem Antrag entspreche. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich erfolgt von Amts wegen; eines entsprechenden Antrags bedarf es nicht (§ 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO ). Auf den Antrag eines Ehegatten kommt es deshalb auch für die Frage der Beschwerdeberechtigung nicht an. Abgesehen davon hat die Ehefrau die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auch nur vorsorglich für den Fall begehrt, daß das Amtsgericht von der zutreffenden Ausgleichsrichtung ausgegangen ist. In erster Linie hat sie dagegen, wie bereits ausgeführt, die Auffassung vertreten, der Versorgungsausgleich sei zu ihren Gunsten durchzuführen.

3. Der angefochtene Beschluß kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das zu prüfen haben wird, ob und gegebenenfalls in welcher Weise der Versorgungsausgleich durchzuführen ist. Dabei wird es zu beachten haben, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Ferner wird das Oberlandesgericht zu prüfen haben, ob die Versorgungsanrechte der Ehefrau aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Bayerischen Versorgungskammer bisher zutreffend bewertet worden sind (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474 ).

Vorinstanz: OLG München, vom 30.10.2000
Fundstellen
FamRZ 2005, 1240