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BGH - Entscheidung vom 18.01.2005

X ZB 6/04

Normen:
PatG § 100 Abs. 3 Nr. 6

BGH, Beschluß vom 18.01.2005 - Aktenzeichen X ZB 6/04

DRsp Nr. 2005/1990

Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung im Verfahren über den Widerruf eines Patents

Hat das Bundespatentgericht sich in dem angefochtenen Beschluss mit der Frage der erfinderischen Tätigkeit auseinander gesetzt, so kann die behauptete Fehlerhaftigkeit dieser Begründung nicht dem Fehlen von Gründen i.S. von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG gleichgestellt werden.

Normenkette:

PatG § 100 Abs. 3 Nr. 6 ;

Gründe:

I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des deutschen Patents 38 44 902 betreffend eine Lüfterkappe. Die Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat im Einspruchsverfahren dieses Patent mit Beschluß vom 26. November 2002 widerrufen, weil der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Dieser Patentanspruch lautet:

"Lüfterkappe zur Hinterlüftung von Dächern im First- oder Gratbereich, mit Lüftungsöffnungen und einem an der Unterseite jedes Randbereiches angebrachten, sich über die Länge der Lüfterkappe erstreckenden Abdichtelement,

dadurch gekennzeichnet, daß das Abdichtelement (17) als Abdichtbürste aus verrottungsfestem Material ausgeführt ist."

Das Bundespatentgericht hat die gegen den Widerruf des Patents gerichtete Beschwerde durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde, mit der die Rechtsbeschwerdeführerin geltend macht, der angefochtene Beschluß sei i.S. von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht mit Gründen versehen.

Während das Deutsche Patent- und Markenamt als maßgeblichen Fachmann, aus dessen Sicht die Frage der erfinderischen Tätigkeit zu beurteilen sei, einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Bauwesen mit mehrjähriger Erfahrung in der Konzeption von Dachzubehörteilen qualifiziert habe, habe das Bundespatentgericht in dem angefochtenen Beschluß, ohne dies zu begründen, als Durchschnittsfachmann einen erfahrenen Dachdeckermeister angesehen, der sich über die Verbesserung und Fortentwicklung auf dem Gebiet der Lüfterkappen Gedanken mache.

Die Rechtsbeschwerdeführerin habe zudem in der Beschwerdeinstanz Hilfserwägungen vorgetragen, die für die Beurteilung, ob eine erfinderische Tätigkeit vorliege, heranzuziehen seien. Diese Hilfserwägungen habe das Bundespatentgericht nur mit dem lapidaren Satz abgehandelt, die von der Patentinhaberin ins Feld geführten, auf dem großen Markterfolg, den erzielbaren technischen Fortschritt oder den langen Zeitraum, in dem sich die Fachwelt bemüht habe, eine Verbesserung für das Abdichtelement zu finden, gestützten Hilfserwägungen könnten nicht zu einer Feststellung der erfinderischen Tätigkeit führen, da der Stand der Technik im vorliegenden Fall eine hinreichende Anregung gegeben habe, zur Lehre des Patents zu gelangen.

II. Die auf § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG gestützte - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Sie ist zulässig, weil mit ihr ein gesetzlich vorgesehener Rechtsbeschwerdegrund, daß die Entscheidung nämlich nicht mit Gründen versehen sei, geltend gemacht wird, und dies mit näheren Ausführungen begründet worden ist (vgl. Sen., Beschl. v. 24.10.2000 - X ZB 6/00, GRUR 2001, 139 - Parkkarte, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des Senats).

Zur Begründung seiner Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruchs beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, hat das Bundespatentgericht ausgeführt:

Durch die europäische Patentschrift 0 117 391 A2 oder die deutsche Patentschrift 31 03 332 C2 seien jeweils Lüfterkappen zur Hinterlüftung von Dächern im First- oder Gratbereich mit Lüftungsöffnungen und einem an der Unterseite jedes Randbereiches angebrachten, sich über die Länge der Lüfterkappe erstreckenden Abdichtelements bekannt gewesen. Der einzige Unterschied zwischen derartigen Lüfterkappen und der Lüfterkappe nach dem Patentanspruch bestehe darin, daß nach dem Patentanspruch das Abdichtelement als Abdichtbürste aus verrottungsfestem Material ausgeführt sei. Ein solches Abdichtelement sei aus der britischen Patentschrift 2 039 314 A bekannt gewesen. Zwar betreffe diese Schrift nicht ausdrücklich Lüfterkappen, es werde jedoch dort ausdrücklich ausgeführt, daß die Bürstenfäden der beschriebenen Abdichtbürsten in der Lage seien, unebenen Konturen zu folgen und unregelmäßige Spalte zu dichten, und daß die Bürstenfäden extrem beständig seien. In Kenntnis dieses Standes der Technik habe es für den Fachmann auf der Hand gelegen, daß als Abdichtelement bei den bekannten Lüfterkappen auch diese bekannte Abdichtbürste Verwendung finden könne.

Mit diesen Erwägungen ist die Entscheidung des Bundespatentgerichts mit Gründen versehen. Zwar fehlt es nach der Rechtsprechung des Senats auch dann an einer Begründung, wenn auf selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel überhaupt nicht eingegangen wird oder hierzu eine Beweiswürdigung vollständig fehlt (Sen., Beschl. v. 03.12.1991 - X ZB 5/91, GRUR 1992, 159 , 160 - Crack-Katalysator II). Dies gilt auch für den Komplex der erfinderischen Tätigkeit oder des erfinderischen Schrittes, der den selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln vergleichbar ist (BGHZ 39, 333, 337 - Warmpressen; Sen., Beschl. v. 30.09.1997 - X ZB 17/96, GRUR 1998, 373, 376 - Fersensporn). Mit diesem Komplex hat sich aber das Bundespatentgericht in dem angefochtenen Beschluß auseinandergesetzt und ein von einer Begründung getragenes Ergebnis gefunden. Daß diese Begründung nach Ansicht der Rechtsbeschwerdeführerin fehlerhaft ist, kann nicht dem Fehlen einer Begründung i.S. von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG gleichgestellt werden. Ob die Gründe der angefochtenen Entscheidung vollständig und inhaltlich richtig sind, ist nicht Gegenstand einer Überprüfung der Entscheidung auf das Fehlen einer Begründung.

Die von der Rechtsbeschwerdeführerin erhobenen Beanstandungen betreffen schon nicht in dem dargestellten Sinne selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel, sondern vielmehr einzelne Elemente des Komplexes der erfinderischen Tätigkeit. Auf diese Elemente bezieht sich die Begründungspflicht nicht (Senat, aaO. - Crack-Katalysator II, st. Rspr.).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG .

Eine mündliche Verhandlung hat der Senat als nicht erforderlich erachtet.

Vorinstanz: BPatG, vom 11.12.2003