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BGH - Entscheidung vom 30.03.2022

XII ZR 77/21

Normen:
BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b)

BGH, Beschluss vom 30.03.2022 - Aktenzeichen XII ZR 77/21

DRsp Nr. 2022/7530

Wirksamkeit der fristlosen Kündigung wegen des Mietrückstands zum Kündigungszeitpunkt

Es stellt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar, wenn es das Gericht versäumt, entscheidungserheblichen Sachvortrag in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. August 2021 zugelassen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, mehr als 3.262,47 € nebst Zinsen in Höhe von 9 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 192,12 € seit dem 6. März 2019 sowie aus jeweils 614,07 € seit dem 6. April, 6. Mai., 6. Juni, 6. Juli und 6. August 2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil im Umfang der Revisionszulassung und im Kostenpunkt aufgehoben. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Wert: 61.662 €

Normenkette:

BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b);

Gründe

I.

Die Beklagte rügte seit November 2014 Mängel an den von der Klägerin gemieteten Büroräumen, wegen derer sie seit April 2018 einen monatlichen Teilbetrag von 614,07 € aus der Gesamtmiete von 4.707,91 € einbehielt. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2019 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsrückstands, nachdem die Beklagte dem von der Klägerin beauftragten Objektbetreuer trotz mehrfacher Aufforderung keinen Zutritt zu den Mieträumen gewährt hatte.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts sowie Zahlung von 10.253,65 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den Zahlbetrag auf 9.900,56 € verringert, den Ausspruch hinsichtlich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geringfügig zugunsten der Beklagten geändert und das weitergehende Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zulassung die Beklagte begehrt, verfolgt sie weiterhin die Klageabweisung insgesamt.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO insoweit zur Aufhebung des angegriffenen Urteils, als das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung eines 3.262,47 € übersteigenden Betrages nebst darauf entfallenden Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt hat. In diesem Umfang ist der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ).

1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, es sei der Beklagten verwehrt, sich auf eine Minderung zu berufen, da sie nicht in der gebotenen Weise an einer Beseitigung der Mängel mitgewirkt habe. Unter Berücksichtigung einer anzuerkennenden Minderung nur für die Zeit vom 1. bis zum 15. April 2018 sowie einer Aufrechnung wegen zu Unrecht erhobener Verwaltungs- und Reinigungskosten in den Jahren 2014 bis 2016 und der Nichtauszahlung eines Abrechnungsguthabens in den Jahren 2015 bis 2017 ergebe sich ein Zahlungsanspruch von noch 9.900,56 €. Wegen des Mietrückstands zum Kündigungszeitpunkt sei auch die fristlose Kündigung wirksam.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass dem angefochtenen Urteil ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zugrunde liegt, weil das Oberlandesgericht versäumt hat, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beklagten in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. März 2021 - XII ZR 54/20 - FamRZ 2021, 964 Rn. 9 mwN).

a) Die Beklagte hat mit einem zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz geltend gemacht, dass die Klägerin in den Nebenkostenabrechnungen vergangener Jahre Kosten für einen Fahrstuhl in Höhe von insgesamt 6.638,09 € abgerechnet habe, ohne dass dafür eine mietvertragliche Grundlage bestanden habe, und mit dem sich ihrer Ansicht nach daraus ergebenden Rückforderungsanspruch erkennbar ebenfalls die Aufrechnung erklärt. Auf dieses Vorbringen ist das Oberlandesgericht in seinem Urteil nicht eingegangen. Es ist daher davon auszugehen, dass das Oberlandesgericht das Vorbringen weder zur Kenntnis genommen noch in seine Würdigung einbezogen hat. Damit hat es den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Erweist sich dieser Einwand - was revisionsrechtlich zu unterstellen ist - als begründet, dann reduziert sich der noch offene Anspruch der Klägerin auf 3.262,47 € mit den sich aus der Beschlussformel ergebenden Folgen für die Nebenforderungen.

b) Auf die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung wirkt sich dies allerdings nicht aus, da der Mietrückstand zum Kündigungszeitpunkt nach den in Bezug genommenen und von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts 23.582,03 € abzüglich Aufrechnung in Höhe von 2.070,34 € betrug, so dass sich selbst unter Berücksichtigung des vom Oberlandesgericht festgestellten Minderungsbetrags von 353,09 € und des übergangenen weiteren Abzugsbetrags von revisionsrechtlich zu unterstellenden 6.638,09 € noch ein Zahlungsrückstand ergibt, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB ).

c) Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 18.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 23 O 64/19
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 19.08.2021 - Vorinstanzaktenzeichen I-10 U 157/20