Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 22.02.2018

V ZB 157/17

Normen:
GG Art. 101 Abs. 1 S. 2

BGH, Beschluss vom 22.02.2018 - Aktenzeichen V ZB 157/17

DRsp Nr. 2018/3872

Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg - 8. Zivilsenat - vom 7. Juni 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 373,51 €.

Normenkette:

GG Art. 101 Abs. 1 S. 2;

Gründe

I.

Die gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts gerichtete Beschwerde des Beklagten hat das Oberlandesgericht durch Beschluss des Einzelrichters zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Klägerin und der Drittwiderbeklagte beantragen, verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO ) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil sie durch den Einzelrichter erfolgt ist, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrundes das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem mit drei Mitgliedern besetzten Zivilsenat (§ 122 Abs. 1 GVG ) hätte übertragen müssen. An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200 , 201 f.; Beschluss vom 8. März 2011 - VIII ZB 65/10, WuM 2011, 242 Rn. 3; st. Rspr.).

2. Die angefochtene Entscheidung unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ) ergangen ist. Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, in denen er einen Zulassungsgrund bejaht, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die - im Sinne aller in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsgründe zu verstehende - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters. Diesen Verstoß hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZB 178/13, GuT 2014, 279 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200 , 202 ff.; Beschluss vom 8. März 2011 - VIII ZB 65/10, WuM 2011, 242 Rn. 4; st. Rspr.).

3. Darüber hinaus fehlt es an einer ausreichenden Darstellung des Sachverhalts.

a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Mai 2012 - V ZB 282/11, WuM 2012, 404 Rn. 3; Beschluss vom 7. Mai 2009 - V ZB 180/08, JurBüro 2009, 442 Rn. 5; Beschluss vom 11. Mai 2006 - V ZB 70/05, FamRZ 2006, 1030 , jeweils mwN). Denn nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im verfahrensrechtlichen Sinne. Sie begründen einen Verfahrensmangel, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (vgl. nur Senat, Beschluss vom 11. Mai 2006 - V ZB 70/05, FamRZ 2006, 1030 mwN).

b) So liegt es hier. Die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Sachdarstellung reicht für eine rechtliche Überprüfung nicht aus. Er enthält auch keine Bezugnahme auf andere (konkret mit Blattzahl bezeichnete) Aktenbestandteile, aus denen sich mit hinreichender Sicherheit erschließen könnte, welchen Sachverhalt das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Insbesondere ist nicht mit der erforderlichen Gewissheit erkennbar, was es mit den Kosten eines Bauunternehmers auf sich hat, deren Festsetzung der Beklagte offenbar begehrt.

III.

1. Die Zurückverweisung der Sache erfolgt an den Einzelrichter (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02, Rpfleger 2003, 448 ). Er wird zunächst unter Berücksichtigung der Rechtsbeschwerdebegründung sowie der Rechtsbeschwerdeerwiderungen zu überprüfen haben, ob die in § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Übertragung an den mit drei Mitgliedern besetzten Senat (§ 122 Abs. 1 GVG ) vorliegen.

2. Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: LG Schweinfurt, vom 20.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 21 O 234/09
Vorinstanz: OLG Bamberg, vom 07.06.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 8 W 57/17