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BVerwG - Entscheidung vom 31.01.2024

11 A 9.23

Normen:
VwGO § 92 Abs. 3 S. 1
VwGO 161 Abs. 2 S. 1

BVerwG, Beschluss vom 31.01.2024 - Aktenzeichen 11 A 9.23

DRsp Nr. 2024/2742

Kostenauferlegung nach Einstellung des Verfahrens aufgrund Erledigung

1. Von einer Duldungsanordnung, welche die Grundlage für einen - ebenfalls angegriffenen - Kostenbescheid bildet, gehen weiterhin rechtliche Wirkungen aus. Der Grundverwaltungsakt bildet in diesen Fällen mit seiner Titelfunktion weiterhin die Grundlage für den Kostenbescheid und kann sich insofern nicht erledigen. 2. Soweit gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 EnWG in der seit dem 29. Juli 2022 geltenden Fassung ein Rechtsbehelf gegen eine - wie hier - auf Antrag des Vorhabenträgers angeordnete Duldungspflicht keine aufschiebende Wirkung hat, gebieten die Anforderungen aus § 37 VwVfG nicht, diese gesetzliche Rechtsfolge im Tenor der Anordnung zu erwähnen. Der Tenor einer Duldungsanordnung enthält ihren regelnden Gehalt, dazu gehört grundsätzlich nicht ein Hinweis auf eine bereits kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 92 Abs. 3 S. 1; VwGO 161 Abs. 2 S. 1;

Gründe

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten es mit Schriftsätzen vom 18. und 21. Dezember 2023 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

I. Über die Kosten des Verfahrens entscheidet das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Danach sind die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Die Klage hätte wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt. Der Kläger macht zur Begründung seiner Klage allein geltend, dass Zwangsgeld hätte nicht festgesetzt werden dürfen, weil die zugrunde liegende Duldungsanordnung mit Zwangsgeldandrohung, die Gegenstand des beim Senat anhängigen Verfahrens 11 A 8.23 ist, rechtswidrig sei. Dem hätte der Senat wohl nicht folgen können. Nach der vorläufigen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung im Verfahren 11 A 8.23 gebildeten Rechtsauffassung hält der Senat die Duldungsanordnung mit Zwangsgeldandrohung für aller Voraussicht nach rechtmäßig. Hierfür sind die folgenden Überlegungen maßgeblich:

A. Die Klage gegen die Duldungsanordnung ist zulässig, die Duldungsanordnung hat sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt. Die Erledigung eines Verwaltungsakts tritt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 286 Rn. 19 m. w. N. und vom 14. Dezember 2016 - 1 C 11.15 - Buchholz 402.242 § 66 AufenthG Nr. 4 Rn. 29; zuletzt Beschluss vom 25. November 2021 - 6 B 7.21 - juris Rn. 7) erst dann ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist. Bildet die Verfügung die Grundlage für einen Kostenbescheid, gehen von ihr weiterhin rechtliche Wirkungen aus und fehlt es deshalb an einer Erledigung. Der Grundverwaltungsakt bildet in diesen Fällen mit seiner Titelfunktion weiterhin die Grundlage für den Kostenbescheid (BVerwG, Beschlüsse vom 21. April 2015 - 7 B 8.14 - juris Rn. 4 und vom 25. November 2021 - 6 B 7.21 - juris Rn. 7). So liegt es hier. Die Duldungsanordnung ist Grundlage für den Erlass des (vom Kläger ebenfalls angegriffenen) Gebührenbescheids nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 3a Satz 2 NABEG.

B. Die Duldungsanordnung erweist sich als voraussichtlich rechtmäßig und deshalb die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage als unbegründet.

1. Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Die gesetzte Frist für eine Stellungnahme zum beabsichtigten Erlass der Duldungsanordnung war angemessen, sodass der Kläger hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen (§ 28 Abs. 1 VwVfG ) zu äußern. Die Annahme des Klägers, erst ab dem 17. März 2023 habe für lediglich fünf Arbeitstage Gelegenheit bestanden, zu den für die Duldungsanordnung erheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen, geht fehl. Bereits mit Schreiben vom 14. Februar 2023, zugestellt am 16. Februar 2023, hatte der Kläger den Antrag der Vorhabenträgerin mit detaillierter Beschreibung der vorgesehenen Maßnahmen (Verwaltungsvorgang Bl. 287 ff.) und Angaben zu ihrer voraussichtlichen Dauer (Bl. 302 f.) erhalten. Zuvor war der Kläger bereits mit mehreren Schreiben seit dem April 2021 (Bl. 41 ff.) über die beabsichtigten Baugrunduntersuchungen auf seinen Grundstücken umfassend informiert worden. Die A. GmbH gab dabei zu erkennen, im Auftrag der Vorhabenträgerin zu handeln (Bl. 42 ff.). Das Schreiben der Vorhabenträgerin vom 24. August 2022 (Bl. 78 ff.) hat zusätzliche Maßnahmen unter Beifügung von Lageplänen erläutert.

Der Kläger hat an der förmlich mit dem Schreiben vom 14. Februar 2023 eingeleiteten Anhörung zu der Duldungsanordnung lediglich beanstanden können, dass von der Vorhabenträgerin an ihn gerichtete Schreiben nicht beigefügt waren. Diese Schreiben erhielt der Kläger ergänzend zu den ihm schon bekannten Informationen am 17. März 2023 mit einer Stellungnahmefrist von fünf Arbeitstagen übersandt. Es war zumutbar, sich binnen dieser Frist zum Inhalt der ergänzend übersandten Unterlagen zu äußern. Der angeführte Umfang der am 17. März 2023 zugegangenen digitalen Sendung ("284 Seiten") beruhte darauf, dass nochmals der gesamte Verwaltungsvorgang zur Verfügung gestellt wurde, dessen Inhalt der Kläger zu großen Teilen schon kannte. Die gesetzte Frist von fünf Arbeitstagen war ausreichend, um dies zu erkennen und die notwendige "Sortierarbeit" zu leisten.

2. Die sofortige Vollziehbarkeit der Duldungsanordnung musste entgegen der Auffassung des Klägers nicht im Tenor erwähnt werden.

Die Duldungsanordnung genügt den Anforderungen, die an ihre inhaltliche Bestimmtheit (§ 37 VwVfG ) zu stellen sind. Hiernach ist verlangt, dass für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt. Die Anforderungen an die erforderliche Konkretisierung einer Duldungsanordnung bestimmen sich nach § 44 EnWG in erster Linie nach dem Informationsinteresse des Betroffenen. Erforderlich sind die genaue Bezeichnung des Grundstücks, die Angabe des voraussichtlichen Beginns und der voraussichtlichen Dauer der Vorarbeiten sowie mindestens überschlägige Angaben zu deren Art und Umfang (BVerwG, Beschlüsse vom 9. Oktober 2012 - 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 11 und vom 4. Dezember 2020 - 4 VR 4.20 - juris Rn. 19).

Daran gemessen ist die Duldungsanordnung nicht zu beanstanden. Die betroffenen Grundstücke sind im Bescheid benannt, ebenso die im Einzelnen genannten Maßnahmen und deren voraussichtliche Dauer. Das stellt der Kläger auch nicht in Abrede. Er vertritt vielmehr die Auffassung, die kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit der Verfügung hätte zur Verdeutlichung im Tenor ausgesprochen werden müssen. Dem ist nicht zu folgen. Eine derartige Anforderung ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen nicht.

Gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 EnWG in der seit dem 29. Juli 2022 geltenden Fassung hat ein Rechtsbehelf gegen eine - wie hier - auf Antrag des Vorhabenträgers angeordnete Duldungspflicht keine aufschiebende Wirkung. Die Anforderungen aus § 37 VwVfG gebieten nicht, diese gesetzliche Rechtsfolge im Tenor der Anordnung zu erwähnen. Der Tenor einer Duldungsanordnung enthält ihren regelnden Gehalt, dazu gehört grundsätzlich nicht ein Hinweis auf eine bereits kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit.

Es bedarf keines Eingehens auf die Frage, ob es geboten sein könnte, dass die Behörde einen von ihr angenommenen Entfall der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs jedenfalls in Zweifelsfällen verdeutlicht. Zum einen liegt kein Zweifelsfall, sondern eine eindeutige Regelung in § 44 Abs. 4 Satz 1 EnWG vor. Zum anderen ist gemäß den Anforderungen aus § 44 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EnWG in der Rechtsbehelfsbelehrung hervorgehoben darauf hingewiesen worden, dass ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs innerhalb eines Monats nach Zustellung der Duldungsanordnung zu stellen und zu begründen sei. Im Übrigen wird die sofortige Vollziehbarkeit der Duldungsanordnung auf Seite 14 der Verfügung ausdrücklich benannt.

II. Die Streitwertfestsetzung für das vorliegende Verfahren betreffend die Zwangsgeldfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .