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BSG - Entscheidung vom 08.01.2024

B 5 R 127/23 B

Normen:
SGB VI § 9

BSG, Beschluss vom 08.01.2024 - Aktenzeichen B 5 R 127/23 B

DRsp Nr. 2024/5798

Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde i.R.e. Anspruchs auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Juli 2023 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGB VI § 9 ;

Gründe

I

Die 1963 geborene Klägerin bezog vom 1.8.2012 bis letztlich zum 31.12.2017 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Sie war vom 1.9. bis zum 15.10.2015 aufgrund eines Wiedereingliederungsplans ohne Entgelt beim bisherigen Arbeitgeber, dem M in S, tätig. Eine Weiterbeschäftigung unterblieb, weil das Arbeitsverhältnis während der Rentengewährung aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ruhte (vgl § 33 Abs 2 Satz 6 TV-L ). Bereits mit Schreiben vom 19.8.2015 hatte die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zur stufenweisen Wiedereingliederung begehrt. Die Beklagte legte dies als Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus, den sie mit der Begründung ablehnte, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin könne durch Teilhabeleistungen nicht wesentlich gebessert werden (Bescheid vom 30.11.2015; Widerspruchsbescheid vom 22.2.2016).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung geltend gemacht. Am 1.1.2018 hat sie eine Tätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber aufgenommen. Ihren Antrag auf Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 31.12.2017 hinaus hat sie, nachdem die Beklagte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bewilligt hatte, im Widerspruchsverfahren zurückgenommen. Das SG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin nunmehr die Feststellung begehre, der Bescheid vom 30.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2016 sei rechtswidrig. Es hat die so verstandene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 31.10.2019). Im dagegen angestrengten Berufungsverfahren hat die Klägerin ua Übergangsgeld für die Zeit vom 1.9.2015 bis zum 15.10.2015 begehrt. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 13.7.2023). Hinsichtlich des Leistungsbegehrens liege eine Klage vor. Für diese sei das LSG funktionell nicht zuständig. Die begehrten Feststellungen könne die Klägerin mangels Feststellungsinteresses nicht verlangen.

Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 27.10.2023 begründet hat.

II

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 169 Satz 2 und 3 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen. Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision gegen die Entscheidung eines LSG nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder die angefochtene Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein bestimmter Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Die Klägerin benennt keinen dieser abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ausdrücklich. Falls sie mit dem Vorbringen, sie rüge einen Verstoß gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG sowie gegen Art 4 , 26 und 27 UN-Behindertenrechtskonvention, sinngemäß eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen will, wären die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrunds nicht anforderungsgerecht dargelegt 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Wer sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beruft, muss in der Beschwerdebegründung darlegen, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist daher eine Rechtsfrage zu formulieren und deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzuzeigen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN). Die Beschwerdebegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

Die Klägerin formuliert schon keine abstrakte Rechtsfrage zur Auslegung, zur Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit revisibler (Bundes-)Normen mit höherrangigem Recht, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl zu dieser Anforderung zB Beschluss vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 22.4.2020 - B 5 R 266/19 B - juris RdNr 5, jeweils mwN). Eine solche Frage lässt sich auch nicht ohne Weiteres ihrem Vorbringen entnehmen, wonach schwerbehinderte Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen, bei der beruflichen Wiedereingliederung gegenüber arbeitsunfähigen Menschen ohne Rentenbezug benachteiligt würden. Ein hinreichend konkreter Bezug ihrer Ausführungen zu einer bestimmten Vorschrift der §§ 9 ff SGB VI ist nicht erkennbar, ebenso wenig wie zu § 28 SGB IX aF in der bis zum 31.12.2017 anwendbaren Fassung. Sollte die Klägerin mit ihrem Gesamtvorbringen sinngemäß eine Frage zur Vereinbarkeit von § 33 Abs 2 Satz 6 TV-L mit höherrangigen Recht aufwerfen wollen, wäre schon die Klärungsfähigkeit einer solchen Frage nicht dargelegt. Es fehlt jedes Vorbringen dazu, dass eine Frage zu einer Tarifregelung der Länder im hier zugrunde liegenden Rechtsstreit mit dem Rentenversicherungsträger geklärt werden könnte.

Die Klägerin stellt lediglich ihre eigene Rechtsauffassung dar, indem sie ausführt, das LSG hätte zu ihren Gunsten berücksichtigen müssen, dass unter den derzeitigen Regelungen ihre Rechte als schwerbehinderter Mensch nicht ausreichend gewährleistet seien. Auf die darin liegende Rüge, das angegriffene Urteil sei inhaltlich falsch, kann die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BSG Beschluss vom 25.8.2022 - B 5 R 11/22 B - juris RdNr 16; vgl auch BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: SG Berlin, vom 31.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 19 R 713/16
Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 13.07.2023 - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 795/19