Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 28.02.2024

B 4 AS 88/23 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 28.02.2024 - Aktenzeichen B 4 AS 88/23 B

DRsp Nr. 2024/6083

Unzulässigkeit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision

Tenor

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. August 2023 werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

1. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil ein Zulassungsgrund 160 Abs 2 SGG ) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerden sind daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG , § 169 SGG ).

a) Grundsätzliche Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

In der Beschwerdebegründung ist aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt (stRspr; zuletzt etwa BSG vom 20.10.2021 - B 12 R 2/21 B - juris RdNr 16; BSG vom 4.1.2022 - B 11 AL 58/21 B - juris RdNr 3; BSG vom 5.7.2023 - B 4 AS 36/23 B - juris RdNr 3). Die Beschwerdebegründung muss daher eine aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht formulieren (stRspr; zuletzt etwa BSG vom 12.8.2021 - B 12 R 11/21 B - juris RdNr 8; BSG vom 8.9.2021 - B 11 AL 42/21 B - juris RdNr 3 mwN; BSG vom 18.10.2021 - B 9 V 29/21 B - juris RdNr 7; BSG vom 20.10.2021 - B 5 R 230/21 B - juris RdNr 3; BSG vom 4.1.2022 - B 11 AL 58/21 B - juris RdNr 3; BSG vom 5.7.2023 - B 4 AS 36/23 B - juris RdNr 3).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beschwerdebegründung formuliert bereits keine Rechtsfrage im vorstehend umschriebenen Sinne. Es wird lediglich die Frage aufgeworfen, "ob die ausdrückliche Aufhebung der ursprünglichen endgültigen Bewilligung dazu führt, dass mit dem Bescheid vom 02.12.2020 eine neue Leistungsbewilligung vorgenommen worden ist, oder ob lediglich die bisherige endgültige Festsetzung abgeändert worden ist". Damit ist keine abstrakte, sondern lediglich eine auf den konkreten Fall bezogene Frage formuliert, die im Übrigen nicht erkennen lässt, zu welcher Norm des Bundesrechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts herbeigeführt werden soll. Zur Klärungsbedürftigkeit der formulierten Frage verhält sich die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht.

b) Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG , der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGG , 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 121 mwN).

Eine solche Divergenz haben die Kläger nicht aufgezeigt. Die Beschwerdebegründung führt lediglich aus, dass das LSG vom Urteil des BSG vom 13.7.2022 ( B 7/14 AS 57/21 R - SozR 4-4200 § 41a Nr 6) abgewichen und die Grenzen dieser Rechtsprechung verkannt habe. Eine - gemessen an der Rechtsprechung des BSG - "unrichtige" berufungsgerichtliche Entscheidung als solche begründet aber gerade nicht den Revisionszulassungsgrund der Divergenz (zuletzt etwa BSG vom 19.10.2023 - B 11 AL 37/23 B - juris RdNr 9). Die Beschwerdebegründung zitiert weder einen abstrakten Rechtssatz des BSG noch des LSG. Die übrigen Ausführungen in der Beschwerdebegründung beschränken sich darauf, die aus Sicht der Kläger bestehenden Fehler der Berufungsentscheidung zu beschreiben, und betreffen die konkreten Umstände des Einzelfalls, aber keine abstrakten Rechtssätze.

c) Einen Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) macht die Beschwerdebegründung nicht einmal sinngemäß geltend.

d) Die Beschwerdebegründung genügt hinsichtlich aller Zulassungsgründe im Übrigen schon deshalb nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG , weil die Kläger bereits den Sach- und Streitstand sowie die der angefochtenen Entscheidung des LSG zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen nicht hinreichend dargestellt haben. Eine nachvollziehbare Sachverhaltsdarstellung gehört jedoch zu den Mindestanforderungen an die Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrunds, weil es nicht Aufgabe des BSG ist, sich den maßgeblichen Sachverhalt aus den Akten oder der angegriffenen Entscheidung des LSG herauszusuchen (stRspr; zuletzt etwa BSG vom 16.1.2023 - B 9 V 14/22 B - juris RdNr 7 mwN; BSG vom 14.7.2023 - B 4 AS 12/23 B - juris RdNr 2; BSG vom 31.8.2023 - B 11 AL 31/23 B - juris RdNr 6). Es fehlt eine solche geordnete Darstellung des Sachverhalts und des Verfahrensablaufs; der Beschwerdebegründung sind insofern lediglich Fragmente zu entnehmen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG .

Vorinstanz: SG Dortmund, vom 18.02.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 5 AS 960/21
Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 17.08.2023 - Vorinstanzaktenzeichen 19 AS 557/22