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BSG - Entscheidung vom 18.01.2024

B 8 SO 31/23 BH

Normen:
SGG § 73a Abs. 1 S. 1

BSG, Beschluss vom 18.01.2024 - Aktenzeichen B 8 SO 31/23 BH

DRsp Nr. 2024/3245

Bewilligung der Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 30. März 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 73a Abs. 1 S. 1;

Gründe

I

Der Kläger begehrt die Fortführung seines von ihm beim Sozialgericht ( SG ) Hamburg zurückgenommenen Klageverfahrens.

Der Kläger hat im Erörterungstermin vor dem SG nach Erörterung der Sach- und Rechtslage seine dort erhobene Klage auf Leistungen zurückgenommen. Den Erörterungstermin hat der Kläger in Begleitung eines Beistands wahrgenommen. Die Rücknahmeerklärung ist von der Vorsitzenden des SG auf Tonträger aufgezeichnet, dem Kläger vorgespielt und vom ihm genehmigt worden. Nachfolgend hat der Kläger erklärt, er ziehe die Klagerücknahme zurück. Er habe ua wegen eines Hörverlusts weder die Eingabe der Klagerücknahme noch deren Wiedergabe hören können. Das SG hat die Klage auf Fortsetzung des Verfahrens als unbegründet abgewiesen (Gerichtsbescheid des SG vom 12.9.2022). Die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 30.3.2023).

Hiergegen wendet sich der Kläger und beantragt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu 160 Abs 2 Nr 1 SGG ); denn sie wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Fragen der Rechtswirkungen einer Klagerücknahme ebenso wie nach der Möglichkeit einer Anfechtung sind höchstrichterlich geklärt (vgl ua BSG vom 13.7.2017 - B 8 SO 1/16 R - BSGE 124, 13 = SozR 4-3250 § 14 Nr 26 RdNr 15; BSG vom 20.12.1995 - 6 RKa 18/95). Damit ist auch nicht ersichtlich, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg haben könnte.

Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Zutreffend haben SG und LSG ein Prozessurteil statt eines Sachurteils erlassen. Der Kläger hat die Klage im Erörterungstermin vor dem SG ausweislich des Protokolls (vgl § 122 SGG iVm § 160 Abs 3 Nr 8 ZPO ) zurückgenommen. Eine Klagerücknahme kann prozessual in einem Verhandlungstermin, zu dem auch der Erörterungstermin gehört, zu Protokoll erklärt werden; damit ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (vgl § 102 Abs 1 SGG ). Soweit der Kläger behauptet, wegen eines eingeschränkten Hörvermögens nicht in der Lage gewesen zu sein, sich ausreichend selbst zu vertreten, sind hierfür keine Anhaltspunkte ersichtlich. Das LSG hat festgestellt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG ein sachliches Gespräch mit dem Kläger ohne durchgreifende Schwierigkeiten möglich war. Die zu Protokoll erklärte Rücknahme kann im Übrigen weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119 , 123 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>) angefochten werden. Auf den weiteren Vortrag des Klägers zur Sache kommt es nach alledem nicht an.

Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Vorinstanz: SG Hamburg, vom 12.09.2022 - Vorinstanzaktenzeichen S 10 SO 209/22 WA
Vorinstanz: LSG Hamburg, vom 30.03.2023 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 SO 86/22 D