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BSG - Entscheidung vom 12.01.2024

B 9 V 11/23 BH

Normen:
SGG § 113

BSG, Beschluss vom 12.01.2024 - Aktenzeichen B 9 V 11/23 BH

DRsp Nr. 2024/5352

Ablehnung eines Antrags auf PKH für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mangels Vorliegen von Zulassungsgründen

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. September 2023 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 113 ;

Gründe

I

Die Klägerin begehrt im Wege der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Berufungsverfahrens vor dem LSG (L 5 VE 934/14) zum wiederholten Male Leistungen der Opferentschädigung wegen einer nach ihrer Ansicht fehlerhaften Behandlung ihrer Skoliose in der ehemaligen DDR. Diesen Anspruch hat das LSG ebenso wie der Beklagte und das SG (Gerichtsbescheid vom 24.6.2014) seinerzeit mit Urteil vom 16.4.2015 verneint; die anschließende Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos ( BSG Beschluss vom 2.10.2015 - B 9 V 46/15 B). Nachfolgende Überprüfungsanträge hatten ebenfalls keinen Erfolg, weil es nach wie vor der bei der Klägerin durchgeführten Behandlung an einer feindseligen Willensrichtung und damit einem rechtswidrigen Angriff iS von § 1 OEG fehle (LSG Urteile vom 17.8.2017 - L 5 VE 168/17 - und vom 4.7.2019 - L 5 VE 474/19). Die jeweiligen Anträge der Klägerin, ihr für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesen Urteilen Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen, hat der Senat ebenfalls abgelehnt (Beschlüsse vom 26.2.2018 - B 9 V 4/17 BH - und vom 25.11.2019 - B 9 V 5/19 BH).

Den Antrag der Klägerin vom 24.7.2023 auf sofortige Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 24.6.2014 und des Urteils des LSG vom 16.4.2015 hat das LSG als Antrag auf Wiederaufnahme des (Berufungs-)Verfahrens gewertet und nach Anhörung der Beteiligten als unzulässig verworfen, weil die Wiederaufnahmeklage zu spät erhoben worden sei (Beschluss vom 25.9.2023 - L 5 VE 590/23 WA). Das angegriffene Urteil vom 16.4.2015 (L 5 VE 934/14) sei mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG mit Beschluss vom 2.10.2015 formell und materiell rechtskräftig geworden. Nach Ablauf von fünf Jahren seien Klagen auf Wiederaufnahme des Verfahrens unstatthaft 586 Abs 2 Satz 2 ZPO ). Bei Stellung des Antrags der Klägerin im Juli 2023 seien weit mehr als fünf Jahre verstrichen, ohne dass eine mögliche Ausnahme von der Frist vorliege.

Für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG hat die Klägerin PKH beantragt. Rechtsbeugende Entscheidungen unter Verletzung des gesetzlichen Richters, wie die des LSG, würden nicht in Rechtskraft erwachsen. Das LSG habe mit Urteil vom 16.4.2015 zu Unrecht Gebrauch von einer gedrängten Darstellung nach § 136 SGG gemacht und gegen Denkgesetze und damit gegen § 128 SGG verstoßen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klägerin wird auf ihr Schreiben vom 25.10.2023 verwiesen.

II

1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin - Anhaltspunkte dafür, dass sie einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall der Klägerin hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Statthaftigkeit der Wiederaufnahmeklage. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG setzt die Statthaftigkeit einer Wiederaufnahmeklage zumindest die schlüssige Behauptung des Vorbringens eines der in § 179 Abs 1 SGG iVm § 579 und § 580 ZPO aufgeführten Wiederaufnahmegründe voraus ( BSG Beschluss vom 2.2.2021 - B 9 V 50/20 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 21.8.2019 - B 8 SO 34/19 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 23.4.2014 - B 14 AS 368/13 B - SozR 4-1500 § 179 Nr 1 RdNr 9; BSG Beschluss vom 2.7.2003 - B 10 LW 8/03 B - juris RdNr 6). Bereits daran fehlt es hier. Die klägerseitigen Vorwürfe einer Rechtsbeugung unter Verletzung des gesetzlichen Richters durch das LSG sind haltlos und bedürfen keiner weiteren Stellungnahme. Der begehrte materiell-rechtliche Anspruch der Klägerin war bereits Gegenstand einer erfolglosen Nichtzulassungsbeschwerde (Senatsbeschluss vom 2.10.2015 - B 9 V 46/15 B) und zweier erfolgloser Anträge auf Bewilligung von PKH (Senatsbeschlüsse vom 26.2.2018 - B 9 V 4/17 BH - und vom 25.11.2019 - B 9 V 5/19 BH). Für die behauptete willkürliche Rechtsanwendung durch das LSG ist nichts ersichtlich.

Nach § 179 Abs 1 SGG iVm § 586 Abs 2 Satz 2 ZPO sind zudem nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, Klagen wegen Wiederaufnahme des Verfahrens unstatthaft, es sei denn, was vorliegend nicht der Fall ist, es liegen die Voraussetzungen des § 586 Abs 3 ZPO (Nichtigkeitsklage wegen mangelnder Vertretung nach § 579 Abs 1 Nr 4 ZPO ) und Abs 4 (Restitutionsklage nach § 580 Nr 8 ZPO ) vor. Diese Frist beginnt grundsätzlich mit dem Eintritt der Rechtskraft, unabhängig davon, ob dem Kläger ein Anfechtungsgrund bekannt ist. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand findet nicht statt, und die Verlängerung der Frist ist unzulässig (BFH Beschluss vom 17.9.2015 - X S 22/15 <PKH> - juris RdNr 15; Greger in Zöller, ZPO , 35. Aufl 2024, § 586 RdNr 8; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO , 44. Aufl 2023, § 586 RdNr 4). Der Senat hat mit Beschluss vom 2.10.2015 ( B 9 V 46/15 B) die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 16.4.2015 als unzulässig verworfen. Seit diesem Zeitpunkt sind mehr als fünf Jahre vergangen, sodass die Frist des § 586 Abs 2 Satz 2 ZPO zum Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin im Jahre 2023 längst verstrichen war.

Nach dem Vorstehenden ist auch nicht erkennbar, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ), die eine Abweichung von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG voraussetzt, mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könnte.

Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass die Klägerin einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensmangel des LSG 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) bezeichnen könnte. Insbesondere stellt die Entscheidung über eine unzulässige Wiederaufnahmeklage durch Beschluss gemäß § 158 Satz 2 SGG nach erfolgter Anhörung der Klägerin keinen Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG dar ( BSG Beschluss vom 2.2.2021 - B 9 V 57/20 B - juris RdNr 8 mwN).

2. Da der Klägerin keine PKH zusteht, kann sie auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Vorinstanz: SG Altenburg, vom 24.06.2014 - Vorinstanzaktenzeichen S 8 VE 4248/13
Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 25.09.2023 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 VE 590/23 WA