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BGH - Entscheidung vom 22.11.2023

XII ZB 566/21

Normen:
EGBGB Art. 4 Abs. 1 S. 1
EGBGB Art. 6
EGBGB Art. 10 Abs. 1
türkZGB Art. 173 Abs. 1
EGBGB Art. 4 Abs. 1
EGBGB Art. 6
EGBGB Art. 10 Abs. 1
ZGB TUR Art. 173

Fundstellen:
MDR 2024, 307
NJW 2024, 967
FamRZ 2024, 507
NZFam 2024, 325

BGH, Beschluss vom 22.11.2023 - Aktenzeichen XII ZB 566/21

DRsp Nr. 2024/1232

Verfahren zur Namensführung einer türkischen Staatsangehörigen nach Ehescheidung; Verweisung auf das Heimatrecht des Namensträgers als Gesamtverweisung

a) Die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene Verweisung auf das Heimatrecht des Namensträgers ist eine Gesamtverweisung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB , die auch das Kollisionsrecht des ausländischen Staates umfasst; etwaige Rückverweisungen sind auch dann zu beachten, wenn ein fremdes Kollisionsrecht diese auf Grund einer abweichenden Qualifikation der Namensfrage ausspricht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04 - FamRZ 2007, 1540 ). b) Familienrechtliche Vorfragen werden im internationalen Namensrecht grundsätzlich unselbständig angeknüpft, soweit die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse Auswirkungen auf den Erwerb oder Verlust eines Namens haben (Fortführung von Senatsbeschluss BGHZ 90, 129 = FamRZ 1984, 576 ). c) Das gilt aber nicht, wenn die betreffende familienrechtliche Vorfrage Gegenstand der Statusentscheidung eines deutschen Gerichts (hier: Ehescheidung) gewesen ist; insoweit überlagert die Bindung des inländischen Rechtsanwenders an die Gestaltungswirkung dieser Entscheidung das kollisionsrechtliche Verweisungsergebnis (Vorrang des Verfahrensrechts vor dem Kollisionsrecht). d) Bei Anwendung türkischen Namenssachrechts verstößt die in Art. 173 Abs. 1 türkZGB enthaltene Verpflichtung der geschiedenen Ehefrau, ihren vorehelich geführten Namen wieder anzunehmen, auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten in der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls dann nicht gegen den kollisionsrechtlichen ordre public (Art. 6 EGBGB ), wenn die Ehefrau nicht nach Art. 173 Abs. 2 türkZGB auf eine gerichtliche Erlaubnis zur Weiterführung des Ehenamens nach der Scheidung angetragen hat.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. November 2021 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 5.000 €

Normenkette:

EGBGB Art. 4 Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. 6 ; EGBGB Art. 10 Abs. 1 ; türkZGB Art. 173 Abs. 1;

Gründe

A.

Das Verfahren betrifft die Namensführung einer türkischen Staatsangehörigen nach Ehescheidung.

Die Betroffene und Herr D. Ç., die beide ausschließlich die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, schlossen am 7. September 2009 in Deutschland die Ehe. Eine Rechtswahlerklärung wurde von den Ehegatten nicht abgegeben. Die Betroffene, die vor der Eheschließung ihren Geburtsnamen M. geführt hatte, führte fortan den Familiennamen Ç. ihres Ehemanns. Die Ehe wurde durch Beschluss des deutschen Amtsgerichts S. vom 22. Oktober 2020 rechtskräftig geschieden. Eine Anerkennung dieses Scheidungsbeschlusses ist in der Türkei bislang nicht erfolgt.

Die Betroffene hat am 26. November 2020 gegenüber dem Standesamt erklärt, dass sie auch nach der Scheidung weiterhin ihren bisherigen Familiennamen Ç. führen möchte. Das Standesamt hat Zweifel, ob im Eheregister ungeachtet dieser Erklärung eine Folgebeurkundung mit dem Inhalt aufzunehmen ist, dass die Betroffene mit Rechtskraft der Scheidung wieder ihren Geburtsnamen M. führt. Auf die Zweifelsvorlage hat das Amtsgericht das Standesamt angewiesen, eine entsprechende Folgebeurkundung vorzunehmen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 1) hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Standesamtsaufsicht hat die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.

B.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 FamFG i.V.m. § 51 Abs. 1 PStG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Bei Anrufung der Rechtsbeschwerdeinstanz durch die Aufsichtsbehörde bedarf es keiner formellen oder materiellen Beschwer. Der Aufsichtsbehörde ist durch die Einräumung eines vom Inhalt der Entscheidung der Vorinstanzen unabhängigen Beschwerderechts (§ 53 Abs. 2 PStG ) eine verfahrensrechtliche Handhabe gegeben, um in wichtigen und umstrittenen Fragen eine klärende Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts herbeizuführen. Dies gilt selbst dann, wenn die Aufsichtsbehörde die angefochtene Beschlussfassung für richtig hält und sie gegebenenfalls selbst beantragt hat. Die Aufsichtsbehörde braucht deshalb auch kein bestimmtes Ziel ihres Rechtsmittels anzugeben. Es genügt, wenn sie - wie es hier der Fall ist - mit ihrem Rechtsmittel ersichtlich eine Recht und Gesetz entsprechende Entscheidung erwirken will (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 219, 120 = FamRZ 2018, 1334 Rn. 4 mwN und vom 19. Februar 2014 - XII ZB 180/12 - FamRZ 2014, 741 Rn. 5 f. mwN).

II.

In der Sache hält die Beschwerdeentscheidung der rechtlichen Überprüfung stand.

1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in FamRZ 2022, 769 veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Namensführung der Betroffenen bestimme sich nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB und damit nach ihrem türkischen Heimatrecht. Dieses nehme die Verweisung an. Nach türkischem Recht nehme die geschiedene Ehefrau den Familiennamen wieder an, den sie vor der Eheschließung hatte. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Betroffene geschieden sei, müsse die Gestaltungswirkung des rechtskräftigen deutschen Scheidungsbeschlusses beachtet werden, die das kollisionsrechtliche Anknüpfungsergebnis überlagere. Würde man demgegenüber darauf abstellen, dass eine ausländische Scheidung nach türkischem Recht zunächst einer Anerkennung durch das zuständige türkische Gericht oder einer personenstandsrechtlichen Registrierung in der Türkei bedürfe und die Betroffene daher aus Sicht des türkischen Rechts (noch) nicht als geschieden gelte, würde der Standesbeamte dazu verpflichtet, den Scheidungsbeschluss eines deutschen Gerichts außer Acht zu lassen, und sei der interne Entscheidungseinklang gefährdet. Wenn die Betroffene hiernach in Deutschland einen Namen führe, der von den türkischen Behörden derzeit nicht anerkannt werde, könne die Betroffene diese hinkende Namensführung von sich aus beenden, indem sie die Scheidung in der Türkei anerkennen lasse, was sie nach eigenen Angaben ohnehin plane.

2. Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.

a) Nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt der Name einer Person grundsätzlich dem Recht des Staates, dem diese Person angehört. Unter das Namensstatut fallen dabei sowohl die Namensbildung als auch der Erwerb, der Verlust und die Führung des Namens, insbesondere nach der Auflösung der Ehe (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04 - FamRZ 2007, 1540 Rn. 9). Die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene Verweisung in das Heimatrecht des Namensträgers ist eine Gesamtverweisung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB , die auch das Kollisionsrecht des ausländischen Staates umfasst, sodass etwaige Rück- und Weiterverweisungen zu berücksichtigen sind. Rückverweisungen sind im Rahmen der objektiven Anknüpfung nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB insbesondere auch dort zu beachten, wo sie ein fremdes Recht aufgrund der Qualifikation der Namensfrage als Nebenfolge eines familienrechtlichen Statusereignisses - wie beispielsweise Eheschließung (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Dezember 1998 - XII ZB 5/98 - FamRZ 1999, 570 ) oder Scheidung (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04 - FamRZ 2007, 1540 Rn. 9) - ausspricht.

b) Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, dass das türkische Recht die Verweisung auf das türkische Heimatrecht der Betroffenen annimmt.

aa) Der Senat ist bereits in einer früheren Entscheidung davon ausgegangen, dass das türkische Recht die Namensführung geschiedener Ehegatten kollisionsrechtlich als Nebenfolge der Scheidung behandelt und deshalb die Frage, welchen Familiennamen die Ehefrau nach der Scheidung führt, dem für das Scheidungsstatut maßgeblichen Sachrecht unterstellt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04 - FamRZ 2007, 1540 Rn. 11). Diese Beurteilung steht im Einklang mit der wohl überwiegenden Ansicht in der türkischen Rechtslehre, wonach Erwerb oder Verlust eines Namens aus der Sicht des türkischen Internationalen Privatrechts nicht dem Personalstatut, sondern dem jeweiligen Familienrechtsstatut untersteht, wenn er auf einem familienrechtlichen Statusereignis beruht (vgl. Tarman/Başoğlu StAZ 2017, 33 , 34 mit zahlreichen Nachweisen aus der türkischsprachigen Literatur; vgl. auch Staudinger/Hausmann BGB [2019] Vorbemerkung Art. 10 EGBGB Rn. 194; Rumpf in Ferid/Firsching/Hausmann Internationales Erbrecht [Stand: Juli 2023] Länderteil Türkei Rn. 91; Kaplan in Rieck/Lettmaier Ausländisches Familienrecht [Stand: März 2023] Türkei Rn. 42; Henrich IPrax 2008, 121 f.). Auf diesem rechtlichen Ausgangspunkt basiert auch eine Entscheidung des für das Familienrecht zuständigen 2. Zivilsenats des türkischen Kassationshofs (Yargıtay) aus dem Jahr 2009, der zur Beurteilung der Frage, welchen Familiennamen die türkische Ehefrau eines syrischen Staatsangehörigen nach ihrer Eheschließung führt, das gemäß Art. 13 Abs. 3 des türkischen Gesetzes Nr. 5718 über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht vom 27. November 2007 (abgedruckt in IPrax 2008, 283 ff.; im Folgenden: türkIPRG) für das Ehewirkungsstatut maßgebliche Sachrecht herangezogen hat (Yargıtay 2. HD - E. 2008/3618 K. 2009/9413 - Urteil vom 12. Mai 2009, veröffentlicht auf www.resmigazete.gov.tr; vgl. dazu auch Krüger StAZ 2011, 179 , 180).

Nach diesen Grundsätzen findet im vorliegenden Fall auf die Namensführung einer geschiedenen Ehefrau türkisches Sachrecht Anwendung. Nach Art. 14 Abs. 1 türkIPRG unterliegen die Gründe und Folgen der Scheidung und Trennung - ebenso wie die allgemeinen Wirkungen der Ehe gemäß Art. 13 Abs. 3 türkIPRG - dem gemeinsamen Heimatrecht der Ehegatten. Nur wenn die Ehegatten verschiedener Staatsangehörigkeit sind, wird das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, bei Fehlen eines solchen türkisches Recht angewandt. Besitzen beide Ehegatten - wie hier - bei Erhebung der Scheidungsklage (vgl. Art. 3 türkIPRG) die türkische Staatsangehörigkeit, beurteilt sich das Scheidungsstatut aus Sicht des türkischen Kollisionsrechts somit nach dem gemeinsamen türkischen Heimatrecht der Ehegatten (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04 - FamRZ 2007, 1540 Rn. 13 zu Art. 13 Abs. 1 türkIPRG a.F.) und findet eine Rück- oder Weiterverweisung nicht statt.

bb) Nichts anderes würde sich im Übrigen auch mit Rücksicht auf eine ältere Entscheidung des für das Personenstandsrecht zuständigen 18. Zivilsenats des türkischen Kassationshofs ergeben, welche die Namensführung eines türkischen Staatsangehörigen nach seiner Eheschließung mit einer Schweizerin betraf. In dieser Entscheidung aus dem Jahr 1997 hatte der Kassationshof erkannt, dass die Annahme eines neuen Familiennamens im Ausland durch einen türkischen Staatsangehörigen von den türkischen Behörden nur dann im Personenstandsregister einzutragen sei, wenn ein entsprechender Antrag in seiner Heimat gestellt sei und eine tragfähige Begründung für die Namensänderung angegeben werden könne. Der Erwerb eines neuen Familiennamens im Ausland stelle für sich genommen keine ausreichende Begründung dar; zudem verstießen die einschlägigen Regelungen des schweizerischen Namensrechts, die es erlaubten, dem Ehemann als Ehenamen den Geburtsnamen seiner Ehefrau zuzuweisen, gegen den türkischen ordre public (Yargıtay 18. HD. - E. 1997/288 K. 1997/1496 - Urteil vom 25. Februar 1997, in deutscher Übersetzung wiedergegeben in FamRZ 1998, 1026 f.; vgl. dazu auch Rumpf FamRZ 1998, 1027 ; Sturm StAZ 2010, 1 , 10 Fn. 94; Örücü The Enigma of Comperative Law S. 117). Selbst wenn man dieser Entscheidung einen allgemeinen Rechtsgedanken dahingehend entnehmen wollte, dass das türkische Recht den Erwerb und den Verlust von Namen der eigenen Staatsangehörigen - unabhängig davon, ob diese durch eine familienrechtliche Statusänderung bewirkt wurden oder nicht - stets dem Personalstatut unterstelle (vgl. Sturm StAZ 2010, 1 , 10), gelangte man wegen der türkischen Staatsangehörigkeit der Betroffenen im vorliegenden Fall ebenfalls zur Anwendung türkischen Namenssachrechts.

c) Nach Art. 173 Abs. 1 türkZGB verliert die Ehefrau mit der Scheidung grundsätzlich den in der Ehe geführten Familiennamen und nimmt den Familiennamen wieder an, den sie vor der Eheschließung hatte. Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass sich bei der Anwendung dieser Vorschrift die Vorfrage danach stellt, ob die Betroffene geschieden ist.

aa) Familienrechtliche Vorfragen werden nach der Rechtsprechung des Senats im internationalen Namensrecht grundsätzlich unselbständig angeknüpft, soweit die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse Auswirkungen auf den Erwerb oder Verlust eines Namens haben. Dieser Ansatz beruht im Wesentlichen auf der Erwägung, dass nur so ein - im Interesse der öffentlichen Funktion des Namens und der Internationalität der Namensführung erwünschter - internationaler Einklang der Namensführung erreicht (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 90, 129 = FamRZ 1984, 576 , 578) und damit zugleich vermieden werden kann, dass die betroffenen Namensträger im Inland einen anderen Namen führen müssten als denjenigen, der in ihren ausländischen Ausweispapieren eingetragen wird (vgl. BayObLGZ 1986, 155 , 162; MünchKommBGB/von Hein 8. Aufl. Einl. IPR Rn. 193; BeckOK BGB/Lorenz [Stand: 1. August 2023] Einl. IPR Rn. 73; Rauscher Internationales Privatrecht 5. Aufl. Rn. 518). Vor diesem Hintergrund gilt für die Vorfrage nach dem Fortbestand der Ehe des Namensträgers im Prinzip zunächst nichts anderes. Auch insoweit können in Bezug auf den internationalen Entscheidungseinklang konsistente Ergebnisse grundsätzlich dadurch gewährleistet werden, dass die zur Entscheidung über die namensrechtliche Hauptfrage berufene Heimatrechtsordnung des Namensträgers, welche an die Auflösung der Ehe namensrechtliche Folgen knüpft, auch darüber entscheidet, ob die betreffende Ehe aufgelöst ist oder nicht.

Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass die Ehe der Betroffenen aus Sicht des türkischen Rechts nicht als geschieden gilt. Eine ausländische Eherechtsentscheidung bedarf zur Erstreckung ihrer Wirksamkeit auf die Türkei entweder einer gerichtlichen Anerkennungsentscheidung gemäß Art. 58 Abs. 1 i.V.m. Art. 54 lit. b bis ç türkIPRG oder einer personenstandsrechtlichen Registrierung nach Art. 27/A des Gesetzes über das Personenstandswesen Nr. 5490 vom 25. April 2006 (abgedruckt bei Rumpf/Odendahl in Bergmann/Ferid/Henrich Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht [Stand: 1. Juni 2020] Länderteil Türkei S. 117 ff.). Solche Verfahren sind bezüglich des Scheidungsbeschlusses des Amtsgerichts S. vom 22. Oktober 2020 nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts in der Türkei (noch) nicht durchgeführt worden. Aus Sicht der türkischen Rechtsordnung besteht die Ehe der Betroffenen mit Herrn D. Ç. daher fort und trägt sie deshalb weiterhin den mit der Eheschließung erworbenen Ehenamen Ç. als Familiennamen.

bb) Es ist allerdings umstritten, ob deutsche Gerichte und Behörden ihrer Rechtsanwendung das bei unselbständiger Anknüpfung der Vorfrage gefundene Ergebnis zugrunde legen können, wenn dies zur Folge hätte, dass sie die statusrechtlichen Wirkungen eines rechtskräftigen deutschen Scheidungsbeschlusses außer Acht lassen müssten.

(1) Hierzu wird teilweise vertreten, dass es im Interesse des internationalen Gleichlaufs in der Namensführung bei der unselbständigen Anknüpfung der Vorfrage nach der Auflösung der Ehe verbleiben müsse und die Gestaltungswirkung eines deutschen Scheidungsbeschlusses erst dann beachtlich sein könne, wenn diese im Heimatstaat des Namensträgers anerkannt worden sei (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 310 , 311; Kegel/Schurig Internationales Privatrecht 9. Aufl. S. 597). Solange keine Anerkennung des Scheidungsbeschlusses in der Türkei herbeigeführt worden sei, behalte eine in Deutschland geschiedene türkische Staatsangehörige bei Anwendung türkischen Namenssachrechts ihren in der Ehe geführten Namen. Müsste sie demgegenüber gegen ihren Willen ihren vorehelichen Namen wieder annehmen, hätte dies zur widersinnigen Folge, dass sie dazu gezwungen wäre, einen Familiennamen zu führen, den sie bei isolierter Betrachtung weder nach der türkischen noch (wegen § 1355 Abs. 5 Satz 1 BGB ) nach der deutschen Rechtsordnung führen müsste und der nicht in ihren türkischen Ausweispapieren stehe (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 310 , 312).

(2) Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum betont demgegenüber mit dem Beschwerdegericht auch im internationalen Namensrecht den Vorrang des Verfahrensrechts vor dem Kollisionsrecht, weil es die Gestaltungswirkung eines deutschen Scheidungsbeschlusses für einen inländischen Rechtsanwender grundsätzlich ausschließe, sich in Bezug auf das präjudizielle Rechtsverhältnis auf die unselbständige Vorfragenanknüpfung zu berufen. Der rechtskräftige Scheidungsbeschluss eines deutschen Gerichts erhebe einen hoheitlichen Geltungsanspruch im Inland und die Bindung inländischer Gerichte und Behörden an diese Entscheidung könne nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Scheidungsbeschluss in einem anderen Staat anerkannt worden sei oder nicht (vgl. OLG Hamm FGPrax 2004, 115 , 116; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 328 ; MünchKommBGB/von Hein 8. Aufl. Einl. IPR Rn. 196; MünchKommBGB/Lipp 8. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 39 f.; Staudinger/Hausmann BGB [2019] Art. 10 EGBGB Rn. 143; Junker Internationales Privatrecht 5. Aufl. § 10 Rn. 30; Wall MittBayNot 2023, 441 , 443; Wall [Fachausschuss Nr. 4210] StAZ 2021, 245 , 247; Looschelders JA 2008, 65 , 66; Mäsch IPRax 2004, 102 , 103 f.).

cc) Der Senat hat diese Streitfrage bislang mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassen können (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04 - FamRZ 2007, 1540 Rn. 7 ff.). Sie ist nun im Sinne der letztgenannten Auffassung zu beantworten.

(1) Die Gestaltungswirkung deutscher Scheidungsbeschlüsse tritt grundsätzlich für alle Rechtsverhältnisse ein, für die der Fortbestand der Ehe präjudiziell ist. Bei der Frage nach dem Fortbestand einer Ehe handelt es sich um eine Statusfrage, die sich nicht nur im gesamten Bereich des Familienrechts, sondern auch im öffentlichen Recht und im Erbrecht stellt. Würde diese Frage begrenzt auf einzelne Teilaspekte bejaht und in anderen rechtlichen Zusammenhängen verneint werden, würde dies die Einheit der inländischen Rechtsordnung in Frage stellen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 236, 224 = FamRZ 2023, 1032 Rn. 29). Eine solche Störung des internen Entscheidungseinklangs widerspräche sowohl der Befriedungsfunktion rechtskräftiger Entscheidungen als auch dem Prinzip der Rechtsgleichheit (vgl. Mäsch IPrax 2004, 102, 103). Für die Bindung inländischer Gerichte und Behörden an die Gestaltungswirkung eines deutschen Scheidungsbeschlusses kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob das die Hauptfrage betreffende Rechtsverhältnis nach deutschem Sachrecht oder kraft eines dem deutschen Kollisionsrecht zu entnehmenden Verweisungsbefehls nach ausländischem Sachrecht zu beurteilen ist (vgl. bereits BGH Urteil vom 12. März 1981 - IVa ZR 111/80 - FamRZ 1981, 651 , 653).

(2) Richtig ist freilich, dass nicht von einem schematischen Vorrang des Verfahrensrechts vor dem Kollisionsrecht ausgegangen werden kann. Im internationalen Eheschließungsrecht wird die Frage, ob die Vorehe eines der beiden Verlobten dergestalt wirksam aufgelöst wurde, dass er zur Wiederverheiratung fähig ist, in einem ersten Schritt auch beim Vorliegen eines deutschen Scheidungsbeschlusses aus der Sicht der heimatstaatlichen Rechtsordnung eines ausländischen Verlobten beurteilt. Dies ergibt sich unzweifelhaft im Umkehrschluss aus Art. 13 Abs. 2 EGBGB , der eine solche Sichtweise voraussetzt, um sie anschließend unter bestimmten Voraussetzungen wieder korrigieren zu können (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 236, 224 = FamRZ 2023, 1032 Rn. 26). Damit sollten nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Eheschließungsrecht die Bedeutung des internationalen Entscheidungseinklangs für zentrale Statusfragen betont und hinkende Ehen nach Möglichkeit vermieden werden (vgl. MünchKommBGB/Coester 8. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 77; Staudinger/Mankowski BGB [2010] Art. 13 EGBGB Rn. 121). Auch wenn sich Art. 13 Abs. 2 EGBGB wegen seines Ausnahmecharakters kein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke für das gesamte Internationale Privatrecht entnehmen lässt, verdeutlicht die Vorschrift doch, dass die kollisionsrechtliche Verweisung auf die Sichtweise einer ausländischen Rechtsordnung im Einzelfall auf so gewichtigen Gründen des internationalen Entscheidungseinklangs beruhen kann, dass der interne Entscheidungseinklang dahinter ausnahmsweise zurücktreten muss. Im internationalen Namensrecht wäre dies dann der Fall, wenn spezifische Zwecke des Art. 10 Abs. 1 EGBGB einer Verselbständigung der von einem inländischen Gericht entschiedenen Statusfrage zwingend entgegenstehen würden (vgl. Wall [Fachausschuss Nr. 4210] StAZ 2021, 245 , 247).

(3) Solche zwingenden Gründe ergeben sich im internationalen Namensrecht aber regelmäßig nicht. Die unselbständige Anknüpfung familienrechtlicher Vorfragen dient vornehmlich dem Zweck, einen Gleichlauf in der internationalen Namensführung, insbesondere mit den in den Ausweispapieren des Heimatstaates eingetragenen Namen zu gewährleisten. Der internationale Entscheidungseinklang bei der Namensführung würde im vorliegenden Fall bei einer unselbständigen Anknüpfung der Vorfrage nach der Auflösung der Ehe der Betroffenen durch den in der Türkei (noch) nicht anerkannten deutschen Scheidungsbeschluss zwar vordergründig dadurch hergestellt, dass die Betroffene ihren aus Sicht der türkischen Rechtsordnung (noch) maßgeblichen und in ihren Ausweispapieren eingetragenen Familiennamen Ç. nach der Scheidung auch im Inland weiterführen könnte, ohne den Aufwand betreiben zu müssen, die in Deutschland durchgeführte Scheidung in der Türkei anerkennen oder registrieren zu lassen. Der Gleichlauf in der internationalen Namensführung kann insoweit allerdings nur um den Preis des Fortbestands einer im Verhältnis zur Türkei hinkenden Ehe erreicht werden. Es ist nicht ersichtlich, warum es für die Betroffene unzumutbar sein sollte, die in Deutschland ausgesprochene Scheidung in der Türkei anerkennen oder registrieren zu lassen, denn dies würde nicht nur zur Beseitigung des hinkenden Statusverhältnisses, sondern auch wieder zu einem Gleichlauf in der internationalen Namensführung führen, wenn auch möglicherweise nicht mit dem von der Namensträgerin gewünschten Namen. Die Bindung des inländischen Rechtsanwenders an einen deutschen Scheidungsbeschluss kann aber nicht entscheidend davon abhängig gemacht werden, ob der Wille der betroffenen Namensträgerin darauf gerichtet ist, ihren durch Eheschließung erworbenen Namen weiterzuführen oder ob es ihr (umgekehrt) gerade darauf ankommt, ihren vorehelich geführten Namen wieder annehmen zu können.

Ob anders zu entscheiden sein könnte, wenn die in Deutschland ausgesprochene Ehescheidung in der Türkei nicht anerkennungsfähig wäre, bedarf unter den hier obwaltenden Umständen keiner näheren Erörterung, weil sich aus den Feststellungen des Beschwerdegerichts für eine solche Annahme nichts ergibt. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit den von ihm eröffneten Rechtswahlmöglichkeiten (Art. 10 Abs. 2 und 3 EGBGB ) selbst zum Ausdruck gebracht, dass er dem internationalen Entscheidungseinklang im Namensrecht jedenfalls keine überragende Bedeutung mehr beimisst. Wenn das deutsche Kollisionsrecht das Bestreben nach Vermeidung einer hinkenden Namensführung in den Fällen einer Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 2 und 3 EGBGB schon bei der Anknüpfung der Hauptfrage hintanzustellen bereit ist, dürfte der Gedanke des internationalen Entscheidungseinklangs in den Fällen der objektiven Anknüpfung des Namensstatuts nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB kaum noch geeignet sein, die Bindung der inländischen Rechtsanwender an die Gestaltungswirkung einer von einem inländischen Gericht entschiedenen Statusfrage bei der Vorfragenanknüpfung entfallen zu lassen.

d) Das Beschwerdegericht hat daher zu Recht erkannt, dass die Ehe der Betroffenen als geschieden zu behandeln ist, so dass die Betroffene bei Anwendung türkischen Sachrechts nach Art. 173 Abs. 1 türkZGB ihren durch Eheschließung erworbenen Familiennamen Ç. verliert und ihren vorehelich geführten Namen M. wieder annehmen muss. Dieses Ergebnis verstößt nicht gegen den kollisionsrechtlichen ordre public (Art. 6 EGBGB ).

aa) Allerdings kann der ordre public im Falle der objektiven Anknüpfung des Namensstatuts nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB bei Ehepaaren mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit zum Tragen kommen, wenn der Sachverhalt - wie hier - wegen des gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten in Deutschland einen ausreichenden Inlandsbezug aufweist. Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist gemäß Art. 6 EGBGB nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere den Grundrechten, offensichtlich unvereinbar ist. Danach kommt es für den ordre public insbesondere nicht darauf an, ob die ausländischen Vorschriften - wären sie hypothetische Normen inländischen Rechts mit gleichem Inhalt - abstrakt am Maßstab des Grundgesetzes Bestand haben könnten. Vielmehr ist entscheidend, ob das bei Anwendung des fremden Rechts im Einzelfall konkret gefundene Ergebnis aus Sicht der deutschen Rechtsordnung zu missbilligen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. September 2021 - XII ZB 309/21 - FamRZ 2022, 93 Rn. 19 mwN und BGHZ 226, 365 = FamRZ 2020, 1811 Rn. 53).

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird der bei der Eheschließung erworbene Familienname Teil des Persönlichkeitsrechts seines Trägers. Als eigener und nicht nur "geliehener" Name genießt er den vollen verfassungsrechtlichen Schutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG , unabhängig davon, ob die den Namenserwerb veranlassende Ehe fortbesteht (vgl. BVerfG FamRZ 2004, 515 , 516 f.). Die in einem ausländischen Recht enthaltene und von einem deutschen Rechtsanwender vollzogene Verpflichtung eines geschiedenen Ehegatten, seinen vorehelich geführten Namen wieder annehmen und seinen angeheirateten Familiennamen aufgeben zu müssen, greift daher aus der Perspektive des deutschen Verfassungsrechts gewichtig in das Persönlichkeitsrecht des Namensträgers ein (vgl. MünchKommBGB/von Hein 8. Aufl. Art. 6 EGBGB Rn. 265). Darüber hinaus könnte die Anwendung von Art. 173 Abs. 1 türkZGB auch den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 GG ) berühren, weil das türkische Ehenamensrecht bislang allein die Bestimmung des Mannesnamens zum gemeinsamen Ehenamen zulässt (vgl. Tarman/Başoğlu StAZ 2017, 33 , 40 mwN) und die gesetzliche Verpflichtung zur Wiederannahme des vorehelich geführten Namens deshalb grundsätzlich nur die Frau treffen kann (vgl. auch BVerfG FamRZ 2004, 515 , 518).

cc) Gleichwohl führt die Anwendung von Art. 173 Abs. 1 türkZGB im konkreten Fall nicht zu einem Ergebnis, das aus Sicht der deutschen Rechtsordnung unannehmbar wäre.

(1) Rechtlicher Ausgangspunkt ist dabei die Überlegung, dass ein Verstoß gegen den ordre public zwar grundsätzlich die Nichtanwendung der beanstandeten ausländischen Rechtsnorm zur Folge hat. Um zu gewährleisten, dass möglichst geringfügig in das ansonsten weiterhin anzuwendende fremde Recht eingegriffen wird, muss aber zunächst der Versuch unternommen werden, die aus Sicht des deutschen Rechts bestehenden Beanstandungen unter Zuhilfenahme des vom deutschen Kollisionsrecht berufenen ausländischen Sachrechts zu beheben. Das deutsche Sachrecht ist demgegenüber nur hilfsweise als Ersatzrecht anzuwenden (vgl. Senatsurteil BGHZ 169, 240 = FamRZ 2007, 109 , 113; BGHZ 234, 166 = FamRZ 2022, 1489 Rn. 30).

(2) Nach Art. 173 Abs. 2 türkZGB kann das Gericht der Ehefrau gestatten, den Familiennamen des Ehemannes fortzuführen, wenn erwiesen ist, dass dies im Interesse der Frau liegt und dadurch kein Schaden für den geschiedenen Ehemann entsteht. Die materiellen Voraussetzungen hierfür werden in der türkischen Rechtslehre nicht sehr hoch angesetzt. Ein berechtigtes Interesse der Ehefrau soll danach zu bejahen sein, wenn sie in ihrem sozialen, insbesondere beruflichen Umfeld unter dem Ehenamen bekannt geworden ist. Es soll unter Berücksichtigung von Kindesbelangen aber auch schon genügen, dass der sorgeberechtigten Ehefrau - wie es auch die Betroffene im vorliegenden Verfahren geltend macht - daran gelegen ist, weiterhin den gleichen Familiennamen wie die gemeinsamen Kinder zu führen, um die mit einer Namensverschiedenheit einhergehenden sozialen Schwierigkeiten zu vermeiden (vgl. Tarman/Başoğlu StAZ 2017, 33 , 43 und Oğuz FamRZ 2005, 766 , 770, jeweils mit Nachweisen aus der türkischsprachigen Literatur; vgl. auch Rumpf/Odendahl in Bergmann/Ferid/Henrich Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht [Stand: 1. Juni 2020] Länderteil Türkei S. 49; Saltaş-Özcan Die Scheidungsfolgen nach türkischem materiellen Recht S. 171 f.).

(3) Nach diesen Maßstäben lässt sich nicht feststellen, dass unter Anwendung türkischen Namenssachrechts für die Betroffene eine Weiterführung des Ehenamens Ç. nach der Scheidung nicht in Betracht gekommen wäre. Allein der Umstand, dass das türkische Recht die Weiterführung des Ehenamens an die in einem gesonderten Verfahren zu erteilende gerichtliche Erlaubnis knüpft, vermag die ersatzweise Anwendung des deutschen Namenssachrechts (§ 1355 Abs. 5 Satz 1 BGB ) noch nicht zu rechtfertigen. Die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene Anknüpfung an das Personalstatut basiert sowohl auf dem Respekt vor der Eigenständigkeit fremder Rechtsordnungen als auch auf der verfassungsrechtlich unbedenklichen Einschätzung des Gesetzgebers, es entspreche dem Interesse eines Ausländers, in persönlichen Angelegenheiten - wie dem Namensrecht - nach dem Recht seines Heimatstaates beurteilt zu werden, weil bei generalisierender Betrachtungsweise die Staatsangehörigkeit eine fortdauernde persönliche Verbundenheit mit dem Heimatstaat und seiner Rechtsordnung dokumentiere und ihm das eigene nationale Recht zugleich am vertrautesten sei (vgl. BVerfG FamRZ 2006, 1818 , 1820). Auch vor diesem Hintergrund ist es nicht unzumutbar, einen ausländischen Staatsangehörigen zunächst auf die Ausschöpfung der von seiner Heimatrechtsordnung gebotenen Möglichkeiten zur Erreichung einer grundrechtskonformen Namensführung zu verweisen, bevor der nationale ordre public gegen die Anwendung eines ausländischen Namensrechts in Stellung gebracht werden kann.

Im vorliegenden Fall hat die Betroffene offensichtlich keinen Antrag nach Art. 173 Abs. 2 türkZGB gestellt. Wenn sie die nach ihrer Heimatrechtsordnung erforderlichen Schritte für die Befugnis zur Weiterführung des Ehenamens nach der Scheidung (noch) nicht ergriffen hat und deshalb nach Art. 173 Abs. 1 türkZGB ihren vorehelich geführten Namen wieder annehmen muss, ist dieses Ergebnis trotz seiner verfassungsrechtlichen Tragweite aus Sicht der deutschen Rechtsordnung nicht unannehmbar. Dies gilt umso mehr, als es dem deutschen Kollisionsrecht auch in anderen rechtlichen Zusammenhängen - im internationalen Eheschließungsrecht - bei der Anknüpfung des anwendbaren Rechts an das Personalstatut eines Ausländers nicht fremd ist, die subsidiäre Anwendung deutschen Sachrechts zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse von der vorherigen Erfüllung bestimmter Obliegenheiten im Heimatstaat abhängig zu machen (vgl. Art. 13 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB ).

(4) Sollte die gerichtliche Erlaubnis zur Weiterführung des Ehenamens nach Art. 173 Abs. 2 türkZGB von der Betroffenen zu einem späteren Zeitpunkt erwirkt werden (vgl. dazu Wiegelmann FamRBInt 2007, 90, 91), wäre diesem Umstand in deutschen Personenstandsregistern im Wege einer Folgebeurkundung Rechnung zu tragen.

dd) Es kommt somit nicht mehr darauf an, ob ein Rückgriff auf den kollisionsrechtlichen ordre public im Ehenamensrecht grundsätzlich schon dann ausscheidet, wenn ausländische Ehegatten von der ihnen durch Art. 10 Abs. 2 EGBGB eröffneten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben, durch die Wahl des deutschen Rechts ein grundrechtskonformes Namensstatut zu berufen, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Rechtswahl nur an der fehlenden Einigung der beiden Ehegatten gescheitert sein könnte (vgl. BeckOK BGB/Mäsch [Stand: 1. August 2023] Art. 10 EGBGB Rn. 13; Soergel/Schurig BGB 12. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 92). Es bedarf deshalb in diesem Zusammenhang auch keiner weiteren Erörterung der streitigen Frage, ob im Falle einer Rechtswahl das nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB berufene Recht auch für die Namensführung der Ehegatten nach der Scheidung maßgeblich gewesen wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 101/14 - FamRZ 2015, 477 Rn. 26 mwN).

Vorinstanz: AG Regensburg, vom 29.09.2021 - Vorinstanzaktenzeichen III 12/21
Vorinstanz: OLG Nürnberg, vom 30.11.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 11 W 3906/21
Fundstellen
MDR 2024, 307
NJW 2024, 967
FamRZ 2024, 507
NZFam 2024, 325