Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 08.12.2021

XII ZB 402/20

Normen:
BGB § 1373
BGB § 1374
BGB § 1375
BGB § 1376
BGB § 1381
BGB § 1384
BGB § 1373
BGB § 1374
BGB § 1375
BGB § 1376
BGB § 1381
BGB § 1384
BGB § 1373
BGB § 1381

Fundstellen:
BGHZ 232, 133
DStR 2022, 565
FamRB 2022, 127
FamRZ 2022, 425
FuR 2022, 217
MDR 2022, 246
NJW 2022, 1177

BGH, Beschluss vom 08.12.2021 - Aktenzeichen XII ZB 402/20

DRsp Nr. 2022/2021

Berücksichtigung eines Steuererstattungsanspruchs bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs; Einfluss von Vorfälligkeitsentschädigung und Zinsbelastungen auf den Zugewinnausgleich

a) Ist ein Steuererstattungsanspruch beim Eintritt des Güterstandes noch nicht entstanden, ist er auch nicht im Anfangsvermögen zu berücksichtigen.b) Eine nach dem Endstichtag anfallende Vorfälligkeitsentschädigung ist bei der Beendigung des Güterstands genauso wenig zu berücksichtigen wie es Zinsbelastungen sind, die bei einer Dalehensvaluta erst nach dem Stichtag eintreten.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln vom 24. August 2020 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Normenkette:

BGB § 1373 ; BGB § 1381 ;

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten um die Höhe des der Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) zustehenden Zugewinnausgleichs.

Die Beteiligten heirateten am 31. Dezember 2000. Sie lebten seit August 2013 getrennt; der Scheidungsantrag wurde am 30. Januar 2015 zugestellt. Die Ehefrau hat keinen Zugewinn erzielt.

Die Ehefrau hat erstinstanzlich einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 30.836,68 € verfolgt. Der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) ist dem entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, eine Steuererstattung in Höhe von 4.444,32 € für das Steuerjahr 2000 sei zu seinen Gunsten im Anfangsvermögen zu berücksichtigen, weil die Heirat erst am letzten Tage des Steuerjahres erfolgt sei. Zudem sei von seinem Endvermögen entsprechend den Grundsätzen der latenten Steuerlast bei Unternehmensveräußerungen im Zugewinn noch eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 12.967,85 € zur Ablösung des Kredits für die am 21. Mai 2015 veräußerte Immobilie abzugsfähig.

Mit dem zur Ehescheidung seit 3. Oktober 2019 rechtskräftigen Verbundbeschluss hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten geschieden und den Ehemann zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 27.767,05 € nebst Zinsen verpflichtet. Hiergegen hat der Ehemann Beschwerde eingelegt und beantragt, den zu zahlenden Zugewinnausgleich auf 9.405,68 € zu reduzieren. Das Oberlandesgericht hat den Beschluss wegen Rechenfehlern des Amtsgerichts geringfügig abgeändert und der Ehefrau einen Zugewinnausgleich von 25.316,26 € zugesprochen. Die Berücksichtigung der Steuererstattung im Anfangsvermögen und der Vorfälligkeitsentschädigung im Endvermögen hat es - wie zuvor schon das Amtsgericht - abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er nur noch eine Herabsetzung des Zugewinnausgleichs auf 16.123,38 € nebst Zinsen beantragt hat.

B.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

I.

Die Rechtsbeschwerde ist uneingeschränkt zulässig. Das Oberlandesgericht hat zwar für die Zulassung der Rechtsbeschwerde die Rechtsfrage benannt, ob die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung für die Bestimmung des Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen sei. Ob hierin eine bloße Motivation für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu erblicken oder eine Beschränkung der Rechtsbeschwerdezulassung auf die Frage der Vorfälligkeitsentschädigung beabsichtigt gewesen ist, bedarf keiner Erörterung. Denn die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilbeschlusses sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer selbst seine Rechtsbeschwerde beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (Senatsurteil vom 5. Dezember 2018 - XII ZR 116/17 - FamRZ 2019, 429 Rn. 10 mwN). Der Anspruch auf Zugewinnausgleich beruht auf einer Saldierung verschiedener, von den Ehegatten in der Ehe erworbener Vermögenspositionen. Er bildet als einheitlicher Anspruch einen jedenfalls im Grundsatz unteilbaren Streitgegenstand, der dem Rechtsbeschwerdegericht deshalb nur insgesamt anfallen kann und die Überprüfung aller Vermögensgegenstände, die bei der Saldierung berücksichtigt worden sind oder zu berücksichtigen waren, erforderlich macht (Senatsurteile vom 17. November 2010 - XII ZR 170/09 - FamRZ 2011, 183 Rn. 8 mwN und vom 4. Juli 2012 - XII ZR 80/10 - FamRZ 2012, 1479 Rn. 9).

II.

Die Rechtsbeschwerde, mit der nur noch die Nichtberücksichtigung der Steuererstattung im Anfangsvermögen und der Vorfälligkeitsentschädigung im Endvermögen angegriffen wird, hat keinen Erfolg. Im Übrigen ist die im Wesentlichen auf tatrichterlichen Einschätzungen beruhende Entscheidung des Oberlandesgerichts auch rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2021, 506 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die am 28. April 2001 gezahlte Steuererstattung für das Jahr 2000 in Höhe von 4.444,32 € habe das Amtsgericht zu Recht bei der Bemessung des Anfangsvermögens außer Betracht gelassen. Einkommensteuerschulden und -erstattungen seien mit dem Zeitpunkt ihres Entstehens im Zugewinn zu bilanzieren. Notwendig für eine Berücksichtigung sei daher, dass der Veranlagungszeitraum zum Stichtag bereits abgelaufen sei. Insoweit bleibe auch die Berufung auf § 1381 BGB ohne Erfolg. Der Sinn der Vorschrift sei nicht, die in der positivrechtlichen Ausgestaltung des Zugewinnausgleichs selbst angelegten Mängel, die sich - wie auch vorliegend - in einem Fall mehr, im anderen weniger auswirkten, nach Billigkeitsmaßstäben zu beheben. Im Gegenteil habe der Ehemann, der durch die Heirat am 31. Dezember 2000 auch berechtigt gewesen sei, die steuerlichen Vorteile der Eheschließung für das gesamte Jahr geltend zu machen, umgekehrt als Folge des strengen Stichtagsprinzips hinzunehmen, dass die Erstattungsforderung im für das Anfangsvermögen relevanten Zeitpunkt - wenn auch denkbar knapp, so doch noch - nicht fällig gewesen sei.

Im Endvermögen sei ein Abzug von 12.967,85 € wegen der Vorfälligkeitsentschädigung nicht geboten. Die Immobilie sei erst am 21. Mai 2015 und damit nach dem Stichtag veräußert worden. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei auch nicht entsprechend den Grundsätzen zur latenten Steuerlast abzugsfähig. Sie falle nicht zwingend und unvermeidbar im Rahmen einer jeden Veräußerung an. Diese Lösung erscheine auch deshalb richtig, weil sie Wertungswidersprüche vermeide. Bei der Bewertung der Immobilie im Zugewinn sei nämlich der Grundstückswert als Aktivposten und die noch offene Darlehensvaluta als Passivposten auszuweisen, wobei lediglich die Restschuld, nicht aber die - im späteren Verlauf hierauf noch zu zahlenden - Zinsen abzugsfähig seien, da die erst in der Zukunft fällig werdenden Zinsen nicht im Endvermögen bilanziert würden. Würde man aber die - ebenfalls noch nicht fällige und auch nicht zwingend geschuldete Vorfälligkeitsentschädigung als Passivposten bei der Wertermittlung in Ansatz bringen, würde man ein Surrogat für die Zinszahlung beim Zugewinn berücksichtigen, obwohl die hierdurch entfallene Zinslast für die Zukunft, die die Vorfälligkeitsentschädigung ausgleichen solle, selbst nicht berücksichtigungsfähig gewesen wäre und der wirtschaftliche Nachteil für den Eigentümer in beiden Fällen der gleiche sei, sei es, ob er ihn ratierlich (über die Zinsleistung während der Laufzeit) oder kapitalisiert (als Entschädigung) bedienen müsse. Selbst wenn man eine Vorfälligkeitsentschädigung für grundsätzlich abzugsfähig hielte, fehlte es vorliegend an Vortrag dazu, dass diese zwingende Folge der Veräußerung gewesen wäre. Aus den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass der Ehemann rechtliche Schritte gegen die Vorfälligkeitsentschädigung unter Hinweis auf eine seinerzeit unrichtige Widerrufsbelehrung des Darlehens bereits begonnen hatte. Mit Anwaltsschreiben vom 7. Mai 2015 habe der Ehemann gegenüber der Ehefrau ausgeführt, der gemeinsam abgeschlossene Darlehensvertrag weise Mängel in der Widerrufsbelehrung auf, und er plane, diesen zu widerrufen. Die Erfolgsaussichten seien mit Anwaltsschreiben vom 10. Juni 2016 noch als „moderat“ bewertet worden. Warum das Klageverfahren nicht betrieben worden sei, sei daher erläuterungsbedürftig gewesen, ohne dass hierzu dezidierter Vortrag erfolgt sei.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs sind Geldforderungen sowohl in das Anfangs- als auch in das Endvermögen grundsätzlich mit ihrem Nennwert aufzunehmen. Dies folgt aus dem im Zugewinnausgleich gemäß §§ 1373 ff. BGB geltenden Stichtagsprinzips, das der Berücksichtigung erst künftig eintretender Umstände grundsätzlich entgegensteht (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43 , 45 mwN).

Für die stichtagsbezogene Bewertung von Unternehmen im Zugewinnausgleich ist in der Rechtsprechung des Senats zwar anerkannt, dass eine latente Steuerlast wertmindernd ins Gewicht fällt. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist, vielmehr handelt es sich um eine Konsequenz der Bewertungsmethode. Soweit der Wert danach ermittelt wird, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, darf nicht außer Betracht bleiben, dass wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt. Insoweit geht es um unvermeidbare Veräußerungskosten (Senatsurteil BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367 Rn. 47 mwN).

Wie der Senat bereits entschieden hat, ist es aus Gründen der Gleichbehandlung im Rahmen dieser Bewertungsmethode deswegen geboten, eine latente Steuerlast auch bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände (etwa bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen) dann zu berücksichtigen, wenn deren Veräußerung - bezogen auf die Verhältnisse am Stichtag und ungeachtet einer bestehenden Veräußerungsabsicht - eine Steuerpflicht auslösen würde. Denn eine Bewertung, die auf den am Markt erzielbaren Preis abstellt, hat die mit einer Veräußerung zwangsläufig verbundene steuerliche Belastung wertmindernd einzubeziehen (Senatsurteil BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367 Rn. 50).

b) Aus dieser Rechtsprechung wollen Teile der Literatur weitergehende Folgerungen auch für die Berücksichtigung der nach dem Stichtag anfallenden Einkommensteuer oder der Vorfälligkeitsentschädigung herleiten.

aa) Unter Geltung der Rechtsprechung zur latenten Steuer könne die Versagung der Abzugsfähigkeit der laufenden Einkommensteuer des Stichtagsjahres nicht richtig sein (so Piltz NJW 2012, 1111 , 1112). Diese Rechtsprechung sei konsequenterweise auch auf eine mögliche Steuererstattung anwendbar. Jede bis zum Stichtag „wirtschaftlich entstandene“ Einkommensteuer müsse als Schuldposten abgezogen werden. Wirtschaftlich entstanden in diesem Sinne sei die Einkommensteuer dann, wenn die Einkunftserzielungstatbestände bis zum Stichtag abgeschlossen seien und die Steuer noch nicht durch Vorauszahlungen oder Einbehaltung abgeflossen sei (Piltz NJW 2012, 1111 , 1113). Schließlich müsse auch in anderen Fällen, in denen Vermögen dem Zugewinnausgleich unterliege, das dem Eigentümer „wirtschaftlich“ nicht vollständig gehöre, weil am Ende des Jahres noch eine Einkommensteuer entstehen werde, diese Steuer abgezogen werden. Die Höhe des Abzugs ergebe sich, wenn zwecks Steuerberechnung angenommen werde, dass der Betreffende am Stichtag verstorben sei. Dann ende die Einkommensteuerpflicht zum Todestag (Piltz NJW 2012, 1111 , 1114). Es wäre mithin konsequent, wenn der Bundesgerichtshof den Abzug der Steuer nicht nur im Rahmen der Bewertung bestimmter Vermögensgegenstände anerkenne, sondern alle Einkommensteuern, die „wirtschaftlich“ bis zum Stichtag entstünden, zum Abzug zuließe. Andernfalls könnte es in bestimmten Fällen zu erheblichen Überbewertungen kommen (Piltz NJW 2012, 1111 , 1115; vgl. auch Schulz/Maier/Gutdeutsch FamRZ 2015, 2097 , 2098 ff., die allerdings eine Insolvenz fingieren wollen; aA Schlünder FamRZ 2015, 372 ff.).

bb) Im Rahmen einer gebotenen Ausweitung der Rechtsprechung zur latenten Ertragssteuer sei auch an die Vorfälligkeitsentschädigung zu denken. Wolle man die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konsequent auf diese Positionen übertragen, könne es nicht darauf ankommen, ob der Zugewinn durch eine Belastung der Immobilie oder durch Zahlungen aus einem Bargeldvermögen beglichen werden könne. Entsprechend der Berücksichtigung bei einem Unternehmen sei auch dann die Wahrscheinlichkeit einer Veräußerung nicht entscheidend (vgl. auch Perleberg-Kölbel FuR 2021, 294 ).

c) Diese Erwägungen gehen am Kern der Rechtsprechung des Senats vorbei, weil darin nicht entscheidend auf die künftige Entstehung von Forderungen, sondern auf die stichtagsbezogene Bewertungsmethode abgestellt wird.

aa) Sowohl die Verpflichtung zur Einkommensteuernachzahlung als auch ein Anspruch aus Steuererstattung entstehen erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Gleichwohl kann die Rechtsprechung für die latente Steuerlast nicht hierauf übertragen werden.

Gemäß § 25 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Die Einkommensteuer entsteht, soweit im Einkommensteuergesetz nichts Anderes bestimmt ist, erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG ) und zeitlich nicht schon mit dem Erzielen der Einkünfte im Laufe des Jahres (Piltz NJW 2012, 1111 ). Entsprechendes gilt für die Einkommensteuererstattung.

Würde man für die Berechnung des Steuererstattungsanspruchs zum Stichtag des Zugewinnausgleichs - wie in der Literatur vorgeschlagen - auf den Todesfall oder eine Insolvenz des Verpflichteten abstellen, würde man die weitere Entwicklung in dem Kalenderjahr, die für die tatsächliche Steuerlast aber von erheblicher Bedeutung ist, unberücksichtigt lassen. Dies könnte zu teilweise nicht gerechtfertigten Verschiebungen führen.

bb) Die fiktive Steuerlast ist bei der Bewertung der jeweiligen Vermögensgegenstände aufgrund des in § 1378 Abs. 1 BGB manifestierten Halbteilungsgrundsatzes zwingend zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung von latenten Steuern für jeden einzelnen Vermögensgegenstand stellt den einzigen Weg einer sachgerechten Beurteilung der für den Zugewinn maßgeblichen Vermögensverhältnisse dar. Darüber hinaus ist insbesondere das früher herangezogene Kriterium der bevorstehenden Veräußerungsabsicht kaum praxistauglich. Dies gilt vor allem dann, wenn, wie heute vielfach üblich, sich im Privatvermögen auch Wertpapiere wie etwa Aktien befinden. Die latente Steuerlast lässt sich daher ohne nennenswerte Schwierigkeiten konkret ermitteln. Sachverständigengutachten sind regelmäßig nicht erforderlich (vgl. Meyer/Kern NZFam 2018, 926, 927).

Aus diesem Grunde hat der Senat die Berücksichtigung latenter Ertragssteuern als Konsequenz der Bewertungsmethode nicht nur bei Inhabergeschäften, sondern etwa auch bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen für geboten erachtet (Senatsurteil BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367 Rn. 49 f. mwN).

cc) Auf eine Vorfälligkeitsentschädigung lässt sich dieser Gedanke aber nicht übertragen, weil es sich dabei um ein Surrogat der erst nach dem Stichtag anfallenden Zinsbelastungen handelt. Zum Stichtag ist der Grundstückswert der Immobilie im Zugewinn als Aktivposten und die noch offene Darlehensvaluta als Passivposten auszuweisen (Senatsbeschluss BGHZ 223, 374 = FamRZ 2020, 231 Rn. 17 mwN). Dabei wird lediglich die Restschuld, nicht aber der nach dem Stichtag noch zu zahlende Zins bilanziert. Denn weil die Vorfälligkeitsentschädigung die Funktion hat, den der finanzierenden Bank durch die vorfällige Tilgung entstehenden Nachteil auszugleichen, ist sie als Surrogat für die nicht erfolgende Zinszahlung anzusehen (vgl. OLG München FamRZ 2005, 459 f.; Bergschneider FamRZ 2021, 509 , 510; Clausius AnwZert FamR 9/2021 Anm. 2 B II.). Weil die Vorfälligkeitsentschädigung im Ergebnis also nichts Anderes ist, als eine Kompensation, wäre es ein Widerspruch im System, sie zu berücksichtigen.

d) Nach diesen Maßstäben ist die vom Oberlandesgericht vorgenommene Bewertung der Steuererstattung und der Vorfälligkeitsentschädigung von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

aa) Die Ehegatten haben am 31. Dezember 2000 geheiratet. An diesem Tag war der steuerliche Veranlagungszeitraum 2000 noch nicht beendet. § 25 Abs. 1 EStG regelt eindeutig, dass - bei Lebenden - der Anspruch auf Erstattung bzw. der Anspruch auf Zahlung der Einkommensteuer erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht. Deshalb war am 31. Dezember 2000 noch kein Erstattungsanspruch entstanden, der beim Anfangsvermögen hätte berücksichtigt werden können.

bb) Anderes gilt auch nicht für die Vorfälligkeitsentschädigung, weil diese erst nach dem Endstichtag angefallen ist (Senatsbeschluss BGHZ 223, 374 = FamRZ 2020, 231 Rn. 17 mwN).

e) Schließlich hat das Oberlandesgericht zu Recht § 1381 BGB bezogen auf die Steuererstattung nicht angewandt.

aa) Nach § 1381 Abs. 1 BGB kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Die Vorschrift ermöglicht in besonders gelagerten Einzelfällen eine Korrektur von Ergebnissen, die sich aus der schematischen Anwendung der Vorschriften zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs ergeben können. Nicht ausreichend ist allerdings, dass sich die Unbilligkeit allein aus dem vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität festgelegten pauschalisierenden und schematischen Berechnungssystem ergibt. Dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten steht das Leistungsverweigerungsrecht aus § 1381 Abs. 1 BGB nur dann zu, wenn die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018 - XII ZB 84/17 - FamRZ 2018, 1415 Rn. 37 mwN).

Die Herkunft des Zugewinns ist im Rahmen des § 1381 BGB grundsätzlich ohne Bedeutung. Der Zugewinnausgleich soll nach seinem Grundgedanken der Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Vermögen dienen. Die vom Gesetz vorgesehene pauschalisierte Berechnungsweise differenziert dabei nicht danach, in welchem Umfang die Ehegatten zum Vermögenserwerb während der Ehe beigetragen haben. Diese Wertung ist auch bei der Auslegung des § 1381 BGB zu beachten (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 277/12 - FamRZ 2014, 24 Rn. 19 mwN).

bb) Gemessen hieran sind die Voraussetzungen des § 1381 BGB nicht gegeben. Dass die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde, ist nicht ersichtlich, zumal der Ehemann durch die Eheschließung am 31. Dezember 2020 für das gesamte Steuerjahr 2020 den Splittingvorteil erhalten hat.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 8. Dezember 2021

Vorinstanz: AG Aachen, vom 18.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 222 F 98/17
Vorinstanz: OLG Köln, vom 24.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 10 UF 114/19
Fundstellen
BGHZ 232, 133
DStR 2022, 565
FamRB 2022, 127
FamRZ 2022, 425
FuR 2022, 217
MDR 2022, 246
NJW 2022, 1177