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BGH - Entscheidung vom 13.07.2017

V ZR 260/16

Normen:
EGZPO § 26 Nr. 8
ZPO § 3

BGH, Beschluss vom 13.07.2017 - Aktenzeichen V ZR 260/16

DRsp Nr. 2017/11987

Bestimmung des Werts der Beschwer im Rechtsmittelverfahren; Maßgeblichkeit des Interesses des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung; Erfolglose Inanspruchnahme eines benachbarten Grundstückseigentümers auf Unterlassung von Immissionen durch einen Grundstückeigentümer

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 17. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 21. Oktober 2016 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 20.000 €.

Normenkette:

EGZPO § 26 Nr. 8 ; ZPO § 3 ;

Gründe

I.

Der Kläger bewohnt in einem Industriegebiet in Lübeck ein Haus an der Trave. Auf dem Nachbargrundstück betreibt die Beklagte ein Lagerhausunternehmen, in dessen Rahmen sie unter anderem Schuttgüter lagert und umschlägt. Der Kläger nimmt die Beklagte mit der Begründung, seit 2010 komme es beim Be- und Entladen der Schiffe zu Staubentwicklungen, die die Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigten, auf Unterlassung von Beeinträchtigungen in Anspruch. Den Wert des Streitgegenstands hat er erstinstanzlich mit vorläufig 5.000 € angegeben. Das ursprünglich angerufene Amtsgericht setzte den Streitwert vorläufig auf 20.000 € fest und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht. Dieses hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht, das den Streitwert ebenso wie bereits zuvor das Landgericht auf 20.000 € festgesetzt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO ).

1. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Nimmt - wie hier - ein Grundstückseigentümer einen benachbarten Grundstückseigentümer erfolglos auf Unterlassung von Immissionen in Anspruch, bemisst sich die Beschwer gemäß § 3 ZPO grundsätzlich nach der Wertminderung, die das Grundstück des Klägers infolge der behaupteten Immissionen erleidet (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juli 2009 - V ZR 251/08, [...] Rn. 3; siehe auch Urteil vom 24. April 1998 - V ZR 225/97, NJW 1998, 2368 ).

2. Der Kläger hat in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht - wie geboten (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juli 2016 - V ZR 11/16, NJW-RR 2017, 209 Rn. 6 mwN) - dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die so zu bemessende Beschwer 20.000 € übersteigt.

a) Es fehlt zunächst bereits an hinreichendem Vortrag des Klägers zu dem aktuellen Verkehrswert des Grundstücks und damit an der für die Berechnung der Wertminderung erforderlichen Bezugsgröße. Dass er das Grundstück vor zwanzig Jahren im Wege der Zwangsversteigerung für 110.000 DM erworben hat, lässt keinen Rückschluss auf den aktuellen Verkehrswert zu. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die Beklagte im Wege des Vergleichs bereit war, das Grundstück zu einem Preis von 150.000 € zu erwerben. Insoweit ist es nämlich naheliegend, jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Vergleichssumme - wie die Beklagte in der Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht - an dem unternehmerischen Interesse der Beklagten an einer dauerhaften Erledigung des zwischen den Parteien seit mehreren Jahren bestehenden Konflikts ausgerichtet war und deshalb den Verkehrswert des Grundstücks nicht widerspiegelte, sondern deutlich darüber lag.

b) Unabhängig davon hat der Kläger aber auch einen auf den Beeinträchtigungen beruhenden Verlust des Grundstückswerts von 70 % und eine sich hieraus zu errechnende Wertminderung von 105.000 € lediglich behauptet, nicht jedoch glaubhaft gemacht. Nähere Ausführungen wären insoweit aber auch deshalb erforderlich gewesen, weil bei der Bemessung der immissionsbedingten Verkehrswertminderung des Grundstücks des Klägers zu berücksichtigen ist, dass es im Industriegebiet liegt und deshalb eine gewisse Belastung mit Immissionen bereits in den Verkehrswert "eingepreist" werden muss.

c) Da es bereits an einem hinreichenden Vortrag bzw. an der gebotenen Glaubhaftmachung der behaupteten Verkehrswertminderung über 20.000 € fehlt und auch eine tragfähige Schätzung durch den Senat nicht möglich ist, kann offenbleiben, ob der Kläger in dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch damit gehört werden kann, der Wert sei abweichend von der Festsetzung durch die Vorinstanzen auf 20.000 € zu berechnen, obwohl er diese Wertfestsetzung dort nicht beanstandet hat bzw. in der Klageschrift selbst von einem noch geringeren Wert von lediglich 5.000 € ausgegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. April 2014 - III ZR 75/13, [...] Rn. 9 mwN).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO .

Mangels anderer geeigneter Anhaltspunkte wird der Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausgehend von der Festsetzung des Berufungsgerichts auf 20.000 € festgesetzt.

Vorinstanz: LG Lübeck, vom 30.03.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 113/15
Vorinstanz: SchlHOLG, vom 21.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 17 U 39/16