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BGH - Entscheidung vom 10.11.2010

XII ZB 355/10

Normen:
BGB § 1897 Abs. 4 Satz 1
BGB § 1897 Abs. 4 S. 1
FamFG § 74 Abs. 7

Fundstellen:
FGPrax 2011, 22
FamRZ 2011, 100
FuR 2011, 93
MDR 2011, 44
NJW-RR 2011, 289

BGH, Beschluss vom 10.11.2010 - Aktenzeichen XII ZB 355/10

DRsp Nr. 2010/20674

Voraussetzungen einer Abweichungsmöglichkeit bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten

Zu den Voraussetzungen, unter denen nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB bei der Auswahl eines Betreuers vom Vorschlag des volljährigen Betreuten abgewichen werden kann (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 ff.).

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 16. Juli 2010 wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Wert: 3.000 €

Normenkette:

BGB § 1897 Abs. 4 S. 1; FamFG § 74 Abs. 7;

Gründe

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie gegen einen Beschluss zur Bestellung eines Betreuers auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG i.V.m. Art. 111 Abs. 1 FGG -RG). Das Rechtsmittel konnte auf die Auswahl des Betreuers beschränkt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZR 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 10).

2.

In der Sache hat die Rechtsbeschwerde jedoch keinen Erfolg.

Zwar weist die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf hin, dass im Fall des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermessen zusteht. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betreute wünscht (BayObLG FamRZ 2001, 1100 (Ls.); MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl. § 1897 Rn. 21). Der Wille des Betreuten kann aber dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft (BayObLG aaO; OLG Hamm FamRZ 2001, 254, 255). Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 20; BayObLG aaO; OLG Hamm aaO; MünchKommBGB/Schwab aaO § 1897 Rn. 21).

Das Beschwerdegericht hat ausführlich dargelegt, warum eine Bestellung der Beteiligten zu 1. zur Betreuerin dem Wohl der Betroffenen zuwiderlaufen würde. Gegen diese Ausführungen ist nichts zu erinnern. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts rechtfertigen es, auch unter Berücksichtigung des Senatsbeschlusses vom 15. September 2010 ( XII ZB 166/10 aaO), im vorliegenden Fall bei der Auswahl des Betreuers vom Wunsch der Betroffenen abzuweichen.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Vorinstanz: LG Lüneburg, vom 16.07.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 8 T 37/10
Vorinstanz: AG Lüneburg, vom 30.04.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 21 XVII S 1536
Fundstellen
FGPrax 2011, 22
FamRZ 2011, 100
FuR 2011, 93
MDR 2011, 44
NJW-RR 2011, 289