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BVerwG - Entscheidung vom 08.05.2008

4 B 28.08

Normen:
BauGB § 35 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5
BNatSchG § 22 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2
BNatSchG § 26 Abs. 2

Fundstellen:
BauR 2008, 1420

BVerwG, Beschluss vom 08.05.2008 - Aktenzeichen 4 B 28.08

DRsp Nr. 2008/12964

Beeinträchtigung des Landschaftsbildes als öffentlicher Belang bei Windkraftanlagen

1. a) Bei förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellten Landschaftsteilen kann schon eine Beeinträchtigung des Naturschutzes oder der Landschaftspflege zur Unzulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB führen. b) Die Regelungen in einer Landschaftsschutzverordnung beziehen sich aber nur auf die Grundstücke, die innerhalb der Grenzen eines Landschaftsschutzgebiets liegen. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesformulierung. c) Die Bestimmung von Teilen von Natur und Landschaft zu Landschaftsschutzgebieten beruht bundesrechtlich auf § 22 in Verbindung mit § 26 BNatSchG . Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BNatSchG kann dabei auch die für den Schutz notwendige Umgebung einbezogen werden. In einem Landschaftsschutzgebiet sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen diejenigen Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern und dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen (§ 26 Abs. 2 BNatSchG ). 2. a) Bei nicht förmlich unter Landschaftsschutz gestellten Flächen stellt die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes keine Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB dar, wenn das Bauvorhaben nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes führt. b) Allerdings kann auch ein nicht unter förmlichen Naturschutz gestelltes Gebiet durch Windenergieanlagen verunstaltet werden.

Normenkette:

BauGB § 35 Abs. 2 ; BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 ; BNatSchG § 22 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2; BNatSchG § 26 Abs. 2 ;

Gründe:

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision bleiben ohne Erfolg.

Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerden beimessen. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr).

Der Beklagte wirft die Frage auf,

ob Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB einem privilegierten Vorhaben auch dann entgegenstehen, wenn das Vorhaben zwar außerhalb eines ihm benachbarten Landschaftsschutzgebiets errichtet werden soll, dieses aber (mittelbar) beeinträchtigt bzw. seine Wirkungen innerhalb eines Landschaftsschutzgebiets entfaltet?

In dieselbe Richtung zielen die Fragestellung der Beigeladenen (S. 8 der Beschwerdebegründung) sowie die alternative Formulierung des Beklagten.

Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. So liegt es hier.

Bei förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellten Landschaftsteilen kann schon eine Beeinträchtigung des Naturschutzes oder der Landschaftspflege zur Unzulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB führen. Die Regelungen in einer Landschaftsschutzverordnung beziehen sich aber nur auf die Grundstücke, die innerhalb der Grenzen eines Landschaftsschutzgebiets liegen. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesformulierung. Die Bestimmung von Teilen von Natur und Landschaft zu Landschaftsschutzgebieten beruht bundesrechtlich auf § 22 in Verbindung mit § 26 BNatSchG . Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BNatSchG kann dabei auch die für den Schutz notwendige Umgebung einbezogen werden. In einem Landschaftsschutzgebiet sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen diejenigen Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern und dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen (§ 26 Abs. 2 BNatSchG ). Die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus den jeweils maßgeblichen, nicht revisiblen Bestimmungen des Landesrechts.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ferner bereits geklärt, dass bei den nicht förmlich unter Landschaftsschutz gestellten Flächen die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes keine Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB darstellt, wenn das Bauvorhaben nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes führt (vgl. das auch vom Beklagten angeführte Urteil des Senats vom 15. Mai 1997 - BVerwG 4 C 23.95 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 329 = BauR 1997, 988 = BRS 59 Nr. 90). Geklärt ist ferner, dass auch ein nicht unter förmlichen Naturschutz gestelltes Gebiet durch Windenergieanlagen verunstaltet werden kann. Wann dies der Fall ist, hängt von einer wertenden Betrachtung des jeweiligen Gebiets ab (Beschluss vom 18. März 2003 - BVerwG 4 B 7.03 - BRS 66 Nr. 103). Entscheidend ist somit die Würdigung im jeweiligen Einzelfall, die sich einer rechtsgrundsätzlichen Beurteilung entzieht. Auch wenn bestimmte Landschaftsteile, die sich in einem Landschaftsschutzgebiet befinden, durch eine Windenergieanlage, die außerhalb dieses Gebiets errichtet werden soll, optisch beeinflusst werden, liegt eine Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs nur vor, wenn dies zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB führt. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht ohne Würdigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten beurteilen. Vorliegend hat der Verwaltungsgerichtshof eine Verunstaltung des Landschaftsbildes mit eingehender Begründung verneint (Rn. 21 des Urteils); dabei hat er die Umgebung des am Himmelberg geplanten Standorts der Windenergieanlage eingehend beschrieben und gewürdigt und ist u.a. zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich um eine typische, von menschlicher Siedlungstätigkeit geprägte Mittelgebirgslandschaft handele. Weiteren über diesen Einzelfall hinausgehenden Klärungsbedarf lassen die Beschwerden nicht erkennen.

Die weitere von der Beigeladenen aufgeworfene Frage,

ob die Beurteilung der besonderen Schutzwürdigkeit des Landschaftsbildes als entgegenstehender Belang des Naturschutzes und der Landschaftspflege gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB in dem von einem privilegierten Außenbereichsvorhaben betroffenen Bereich davon abhängig ist, ob sich dieser innerhalb einer für sich gesehen bereits aufgrund ihres typischen Landschaftsbildes besonders schützenswerten Region befindet,

lässt sich nicht in rechtsgrundsätzlicher Weise losgelöst von der oben dargestellten Würdigung des Einzelfalls klären.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 01.10.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 15 B 06.2356
Fundstellen
BauR 2008, 1420